Yangwang U9: So fährt sich der elektrische Supersportwagen von BYD
Martin Westerhoff | 17.11.2025
BYD lässt unter seiner Luxusmarke Yangwang mit dem U9 ein über 1300 PS starkes Elektro-Hypercar auf die etablierte Sportwagen-Konkurrenz los. Ein erster Test auf der Hausstrecke in Zhengzhou vermittelt einen Hauch seines Potenzials.
Pures Adrenalin. Das ist es, was ein Auto mit vier Elektromotoren und insgesamt 960 kW/1305 PS verspricht. Mit seinen technischen Daten ist der Yangwang U9 ein Ass in jedem Autoquartett: 0-100 km/h in 2.36 Sekunden, Spitze 391,94 km/h (soviel Genauigkeit muss sein).
Yangwang, die Edelmarke des chinesischen Autogiganten BYD, meint es ernst. Das Datenblatt des Elektro-Hypercars ist keine einfache Tabelle, es ist eine Kampfansage – an Rimac, Porsche, Lotus und Co.
Der U9 sieht aus, als wäre er aus einem futuristischen Rennspiel direkt auf den Asphalt gebeamt worden. Die Front: eine pfeilförmig spitze Flunder. Dominiert von gigantischen, C-förmigen Scheinwerfern, die sich wie Zornesfalten in die Karosserie einfügen.
Die Proportionen – 4.97 Meter lang, über zwei Meter breit, aber nur 1.31 Meter flach – flössen Fahrer und Konkurrenten Respekt ein. Dazu: Schmetterlingstüren, die sich imposant nach oben öffnen. Das Heck ist ein einziger Exzess aus Carbonteilen, durchquert von einer durchgehenden Lichtleiste, einer aktiven Finne und einem Diffusor, in dessen Auslässen sich locker der Inhalt eines ganzen Schuhschrankes verstauen liesse.
Yangwang U9. Zum Vergrössern anklicken!
Rein ins Cockpit. Kein Schnickschnack, alles ist auf den tiefsitzenden Fahrer fokussiert. Das unten abgeflachte Lenkrad liegt satt in der Hand. Die Sitze sind Halbschalen und überraschend bequem. Hinter dem Lenkrad thront ein schmales Display, um die wichtigsten Armaturen darzustellen. Wie eine Stütze ragt die Mittelkonsole von vorn zwischen Fahrer und Beifahrer. Klar und schlicht sind darauf die wichtigsten Bedienelemente angeordnet.
Die Strecke selbst: ein 1.758 Kilometer kurzer Rundkurs mit nur neun Kurven. Er ist Teil des brandneuen BYD-Testgeländes, das auch Driftzonen, einen Geländeparcours, eine nachgebaute Düne und sogar ein 70 Meter langes Wasserbecken umfasst. Der enge Handling-Kurs ist jedoch ein Witz für ein Auto, das auf gewaltigen Walzen rollt: 275/35 R21 vorn und 325/30 R21 hinten.
Und mal so richtig schnell fahren? Da hat der menschliche Aufpasser im Auto Einwände. Es darf gebummelt werden.
Das DiSus-X getaufte Fahrwerk soll das Alleinstellungsmerkmal des elektrischen Supersportwagens sein. Eine «magische Federung», mit der Yangwang auf Messen prahlt. Mit einem aktiven Dämpfersystem, das den U9 tanzen, auf drei Rädern fahren und einige Zentimeter hochspringen lässt. Eine komplexe, vollaktive Steuerung von Hydraulik und Luftfederung, die Wanken, Nicken und Gieren in Echtzeit an allen vier Rädern individuell bekämpfen soll.
Was spüre ich davon? Nichts. Im Bummeltempo ist es einfach nur... komfortabel. Straff, aber nicht bretthart. Sein wahres Können, die Fähigkeit, die 2475 Kilogramm Leergewicht in der Kurve zu neutralisieren? Keine Chance für eine Probe aufs Exempel. Es ist, als würde man einen Quantencomputer nur zum E-Mails-Checken nutzen.
Yangwang U9. Zum Vergrössern anklicken!
Zweite Runde. Start-Ziel-Gerade. Jetzt! Einmal darf ich das Fahrpedal voll durchtreten. Und die Umgebung scheint zu zerreissen. Es ist nicht nur ein Tritt ins Kreuz. 1680 Newtonmeter Drehmoment und über 1300 PS schieben über alle vier Räder vehement an. Mein Mageninhalt sortiert sich neu. Dann, sofort, wieder der aufgeregte Aufruf zum Ankerwerfen vom Beifahrersitz. Der Wahnsinn ist vorbei, bevor er richtig begonnen hat.
Was der U9 wirklich bezwecken soll, zeigt eine noch extremere, auf 30 Stück limitierte Version: der Yangwang U9 Xtreme. Mit über 3000 PS und 1200-Volt-Technik stellte BYD damit in diesem Jahr zunächst auf dem Oval des ATP-Testgeländes im norddeutschen Papenburg einen neuen Geschwindigkeits-Weltrekord für Elektroautos auf: 496,22 km/h. Das ist schneller als die Magnetschwebebahn in Schanghai. Und auf der Nürburgring-Nordschleife brannte der Über-U9 kürzlich eine Rundenzeit von 6:59,157 Minuten in den Asphalt – neuer Rekord für elektrische Supersportwagen.
Zurück in der Boxengasse. Aussteigen aus diesem technischen Wunderwerk, diesem Rekord-Monster mit seiner 80-Kilowattstunden-Blade-Batterie und 500 Kilowatt Ladeleistung. Der Yangwang U9 ist ein Statement, eine Macht-Demonstration des chinesischen Herstellers.
Die Botschaft des Supersportwagens klar: BYD pulverisiert im Handumdrehen nicht nur Rekorde, sondern auch den jahrzehntelange Erfahrungsvorsprung etablierter Autohersteller. Egal, in welchem Fahrzeugsegment. Grössere Stückzahlen planen die Chinesen vom U9 sowieso nicht: Ein paar wenige Exemplare könnten es 2026 nach Europa schaffen. Denn bereits jetzt ist auf dem Heimatmarkt in China die Nachfrage höher als das Produktionsvolumen des U9. SP-X/AR
Yangwang U9. Zum Vergrössern anklicken!
Technische Daten Yangwang U9
Zweitüriges, zweisitziges Sportcoupé
Länge 4.97 Meter, Breite 2.03 Meter, Höhe 1.31 Meter, Radstand 2.90 Meter, Kofferraumvolumen k.A.
Vier E-Motoren mit 960 kW (1306 PS), Drehmoment 1680 Nm
Batterie 80 kWh, Reichweite 450 km (CLTC, WLTP k.A.), Ladeleistung 500 kW (DC), Ladedauer DC 30 bis 80 % in 10 Minuten
Fahrleistungen 0–100 km/h 2.36 s, Höchstgeschwindigkeit 391,94 km/h, Verbrauch 18 kWh/100 km (CLTC, WLTP: k.A.)