Top, die ­Elektrowette gilt!

Simon Tottoli | 08.02.2024

Editorial

Tottoli Simon RGB

Simon Tottoli, Chefredaktor

Buben müssen sich ja immer miteinander messen – kleine und grosse. So lässt sich die beim letztjährigen Weihnachtsessen entstandene Wette zwischen mir und Redaktionskollege Klaus Justen vielleicht mit unserem Geschlecht erklären. Vielleicht auch noch ein bisschen mit dem Wein. Jedenfalls sind er und ich recht unterschiedlicher Meinung, wie sich der Stromermarkt in der Schweiz entwickeln wird. Ich behaupte, der Anteil vollelektrischer BEV-Fahrzeuge komme dieses Jahr nicht auf 25 Prozent der Neueinlösungen, er ist sicher, dass sehr wohl mindestens jedes vierte neuzugelassene Auto ein Vollstromer sein werde.

Der Wetteinsatz ist eine gute Flasche Wein, aber das ist ziemlich nebensächlich. Denn die wirklich wichtige Frage ist letztlich – ganz unabhängig von dieser Wette –, wohin die Reise geht. Im Januar ging sie schon einmal nach unten, der Anteil batterieelektrischer Personenwagen lag bei nur 15.5 Prozent. Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2023 waren es 20.9 Prozent. Habe ich die Flasche also schon auf sicher? Kaum. Das Jahr dauert noch ein Weilchen, und der Dämpfer ist leicht zu erklären. Die Importeure respektive die Händler haben Ende des letzten Jahres noch viele Stromer neu eingelöst, um die durchschnittlichen CO2-Emissionen ihrer Marke möglichst tief zu halten und drastische Strafzahlungen an den Bund zu vermeiden.

Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, wer all diese Stromer, die jetzt bei den Händlern stehen oder noch zu ihnen unterwegs sind, kaufen soll. Klar, Einfamilienhausbesitzer, die eine Fotovoltaikanlage auf ihr Dach montiert haben oder noch montieren wollen – am besten in Kombination mit einer Speicherbatterie –, können sich die Anschaffung überlegen. Wenn sie nicht schon ein E-Auto besitzen. Und Unternehmen mit Emissions­senkungen im Pflichtenheft dürften bei der nächsten Flotten­erneuerung Richtung Elektro gehen. Wenn sie das nicht schon getan haben.

Aber die anderen? Etwa die Hunderttausenden Mieter, die nicht über einen Einstellplatz verfügen oder nur über einen ohne Ladeanschluss? Die meisten von ihnen werden noch zuwarten, nicht nur 2024, sondern viel länger. Denn die öffentliche Ladeinfrastruktur hinkt hinterher, die Technologie der Stromer wird laufend besser, und die Elektromodelle sind derzeit noch immer teurer als vergleichbare Verbrenner. Dazu gerät die Autonomisierung als Elektrotreiberin etwas in Stocken.

Letzte Woche habe ich es an dieser Stelle schon einmal geschrieben, und ich schreibe es gleich noch einmal: Es muss möglich sein, auch über 2035 hinaus Verbrennerfahrzeuge neu zu kaufen. Sonst war es das bald einmal mit der automobilen Wohlstandsgesellschaft.

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