Von unsinnigen Regeln

Ramon Egger | 29.02.2024

Egger & Kanten

Egger Ramon RGB

Ramon Egger ist Autor und ehemaliger Chefredaktor der AUTOMOBIL REVUE.

Kürzlich erschien im «Tages-Anzeiger» ein überraschender Artikel zu Zürichs missglückter Verkehrspolitik. Der Tagi schlägt sich hier – eben etwas überraschend – auf die Seite der Autofahrer. Zumindest halbwegs tut er das, aber dass sich das grundsätzlich eher links orientierte Leit­medium kritisch zeigt, wenn es den Autofahrern an den Kragen geht, ist doch erstaunlich.

Konkret geht es um die Verkehrsführung an der Langstrasse, die seit vergangenem September auf einem 60 Meter langen Abschnitt für Autofahrer gesperrt ist. Aber richtig sperrte ihn die Stadt dann doch nicht, nur eine Fahrverbotstafel zeigt an, dass ein Umweg über drei Quartiertrassen genommen werden muss und das auch nur tagsüber – nachts darf der Abschnitt normal befahren werden.

Über 17 000 Autofahrer hielten sich im letzten Monat nicht daran, im Schnitt einer alle zwei Minuten. Die Stadt Zürich bemerkte schnell, dass sehr viele Autofahrer das Verbot nicht beachteten. Doch anstatt die Signalisa­tion zu verbessern – oder, da ist natürlich vor allem der Wunsch Vater des Gedanken, die unsinnige Strassensperre wieder aufzuheben –, installierten die Zürcher einen Blitzer. Und verdienen so alle zwei Minuten 100 Franken.

Ein bekannter deutscher Autodesigner sagte einmal, das Schöne am Autofahren sei, dass man dabei das Gesetz brechen könne. Sonst könne man auch den öffentlichen Verkehr nehmen. Möglicherweise färbte die Mentalität seines italienischen Arbeitgebers auf den sonst so korrekten Deutschen ab. Natürlich sind Gesetze sinnlos, wenn deren Einhaltung nicht durchgesetzt wird, und Anarchie hat noch nie funktioniert – weder in der Gesellschaft noch auf der Strasse. Aber vielleicht sind Regeln manchmal auch einfach falsch.

Die Zustände für die Velofahrer auf diesen 60 Metern der Langstrasse seien paradiesisch, schreibt der «Tages-Anzeiger». Dass die Autofahrer dafür einen halben Kilometer Umweg fahren müssen, nimmt man dafür gern in Kauf. Und es sei bestimmt nicht die Absicht der Stadt, ihre Kassen auf Kosten der Autofahrer zu füllen. Wer Zürichs Verkehrspolitik kennt und die linke Brille ablegt, kann über diese Aussage nur lachen. Bei Einnahmen von 1.7 Millionen Franken in einem einzigen Monat lacht auch die Stadt Zürich. Und ändert mit Sicherheit nichts an der bestehenden Signalisation.

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