Alfa Romeo Technisch ist der neue Alfa Romeo Junior wahrlich ein alter Bekannter. Aber optisch und emotional könnte er für die Italiener zum Volltreffer werden.
Wenn man sich früher darüber mokierte, in welcher Vielfalt der Volkswagen-Konzern seine MQB/MEB-Plattform zu deklinieren vermochte, wusste man noch nicht, wozu Stellantis-Chef Carlos Tavares dereinst fähig sein würde. Natürlich hat Stellantis mehr Volumenmarken im Portfolio, aber was da unterdessen alles auf der (E-)CMP-Plattform basiert, geht tatsächlich auf keine Kuhhaut mehr. Citroën, Dongfeng, DS Automobiles, Fiat, Jeep, Lancia, Opel und Peugeot fahren teils sogar mit mehreren Modellen klassisch, etwas hybrid oder rein elektrisch damit, die Nutzfahrzeuge noch gar nicht berücksichtigt. Auch die Weiterentwicklung (E-)CMP2 sowie die neue, nur sanft modifizierte Smart-Car-Plattform nicht. Jetzt kommt auch noch Alfa Romeo dazu. Der Junior. Einmal als Hybrid, vor allem aber als reiner Stromer, der erste dieser Art der Mailänder Traditionsmarke.
Fakten und Wunschdenken
Die Beschreibung des technischen Unterbaus fällt deshalb kurz aus. Da ist einmal die für Stellantis so typische Hybridvariante, ein 1.2-Liter-Dreizylinder mit Beihilfe eines 21 kW starken E-Motors, einer 48-Volt-Batterie, einer Systemleistung von 100 kW (136 PS), Frontantrieb und später im Jahr noch mit Allrad, als Ibrida bezeichnet. Und dann der Stromer Elettrica, wie gehabt mit 54-kWh-Akku, 115 kW (156 PS) und ebenfalls Frontantrieb. Später folgt, analog zu Abarth und Lancia, eine flottere Variante mit 176 kW (240 PS), zu der es derzeit aber noch keine genaueren Daten gibt. Geladen werden kann der Stromer mit maximal 100 kW, die Reichweite soll bei 400 Kilometern liegen. Letzteres ist Wunschdenken, die Ladegeschwindigkeit im Vergleich eher gemächlich.
Das alles reisst nun wirklich niemanden vom Sitz, beschert Stellantis in der synergetischen Vielfalt aber gute Verkaufszahlen und noch viel bessere Margen. Dass auch das jüngste Kind aus Mailand auf der nicht mehr taufrischen Plattform stehen würde, war zu erwarten – und irgendwie kann man auch froh sein darüber, denn der bedauernswerte Tonale muss auf eine viel ältere Jeep-Basis zurückgreifen. Wie sehr der 4.17 Meter lange Junior den fast 35 Zentimeter längeren, grossen Bruder kannibalisieren wird, wird sich weisen. Wahrscheinlich nicht allzu sehr, was aber vor allem daran liegt, dass sich der Tonale nicht wirklich gut verkauft. Interessant: Mit 400 Litern verfügt der Junior über das grössere Kofferraumvolumen als der Tonale (385 l), auch in der hinteren Reihe wirkt er nicht zu eng geschnitten (Radstand 2.56 m).
Italianità – aber nicht beim Namen
Der Junior, das ist jetzt eine Prognose, dürfte an der Verkaufsfront weit besser funktionieren als der Tonale. Und das nicht nur, weil kompakte SUV derzeit sehr gefragt sind. Die Italiener haben es geschafft, das kleinere Modell auf weniger Raum viel mehr nach Alfa Romeo aussehen zu lassen, da sind reichlich Ingredienzien mit dabei, welche nicht bloss Alfisti begeistern werden. Denn ein bisschen sieht der Junior aus wie die moderne Interpretation des ewigen Giulia-Bertone-Coupés, viel höher zwar (1.50 m), aber erfreulich sportlich und durchaus knackig. Richtig italienisch eben. Nicht wie geplant italienisch ist der Name, denn auf politischen Druck wechselte man von Milano zu Junior.
Auch innen wird die Vergangenheit zitiert, vor dem Fahrer liegt eine neue Form der Cannocchiale-Instrumentenröhren, selbstverständlich digital, aber immer noch erstaunlich traditionell. Im Zentrum steht der übliche Touchscreen, doch darunter gibt es noch klassische Schalter und Knöpfe aus der alten Welt. Hat man Fragen zur Bedienung, kann man sich an die künstliche Intelligenz namens ChatGPT (Serie) wenden. Überhaupt macht der Junior innen einen sehr hochwertigen Eindruck, bei seinen Premiummarken (neben Alfa Romeo noch Maserati, DS und bald auch Lancia) leistet sich Stellantis da keinerlei Schwächen.
Mehr Emotionen
Man darf davon ausgehen, dass der Junior-Benziner ab etwa 30 000 Franken kosten wird, für den Stromer werden sicher 10 000 Franken mehr fällig. Damit ist das kompakte SUV kein Sonderangebot, platziert sich leicht oberhalb seiner Plattformschwestern, doch es sieht halt auch besser aus. Und will etwas leichter sein als vergleichbare Peugeot oder Jeep, genaue Angaben fehlen allerdings noch. Was man aber schon weiss: Die italienischen Ingenieure durften das Fahrwerk und die Lenkung nach ihrem (sportlichen) Gusto abstimmen, der Junior wirkt im Vergleich zu anderen SUV tatsächlich entscheidend tiefergelegt. Das treibt die Emotionen dafür höher. Und wer sagt denn, dass Stromer aussehen müssen wie ein Stück Seife?