22 Jahre Audi RS 6 – und danach?

Olivier Derard | 08.02.2024

Sportkombi Seit fast 
22 Jahren und in mittlerweile vier Generationen rast der RS 6 über die Autobahnen. Wird das so bleiben?

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Alle vier Generationen des Audi RS 6 in einer einzigen Aufnahme vereint. Den C6 (und C5) gab es auch als Limousine.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Produktion des ersten RS 4 Avant (1999–2001), des legitimen Nachfolgers des RS2 Avant (1994–1995), der wiederum in Zusammenarbeit mit Porsche entwickelt worden war, konnte sich die Audi Quattro GmbH endlich dem A6 widmen. So wurde 2002 die erste Generation des Audi RS 6 (C5, 2002–2004) auf den Markt gebracht. Der Motor für dieses Auto wurde nicht in Ingolstadt oder Neckars­ulm, sondern in England entwickelt, und zwar vom britischen Motorenhersteller Cosworth. Der war bis 2004 eine Tochtergesellschaft von Audi. Das Ergebnis war ein doppelt aufgeladener V8-Motor mit 4.2 Litern Hubraum und 450 PS. Doch der grosse Motor passte zu Beginn nicht in die Karosserie des A6. Deshalb verlängerte die Sportabteilung die Frontpartie des Autos, wodurch vier zusätzliche Zentimeter in der Motoröffnung frei wurden. ­Eine weitere, interessante Anekdote: Zur Markteinführung des RS 6 brachten 30 Audi-Händler ihre Vorführwagen ans 24-Stunden-Rennen am Nürburgring. Dort konnten sie von den 194 000 Zuschauern begutachtet werden.

Sechs Jahre nach Einführung des ersten RS 6 legte die Quattro GmbH die Messlatte für die Leistung des RS 6 der zweiten Generation (C6, 2008–2010) noch höher und entwickelte einen Fünfliter-V10-Biturbo mit 580 PS, dem grössten RS-Motor aller Zeiten. Mit einem Gewicht von 278 Kilogramm nahm er so viel Platz unter der Motorhaube ein, dass die Ingenieure gezwungen waren, den Kühlmittelbehälter an eine ungewöhnliche Stelle zu verlegen. So musste die Beifahrertür geöffnet werden, um den Füllstand zu überprüfen. Im Audi RS 6 Plus ermöglichte dieses Aggregat dem Audi, die Geschwindigkeit von 300 km/h zu überschreiten. Das erklärt die optionalen Keramikbremsen, die Audi zum ersten Mal für dieses Modell anbot.

Bei der 2013 erschienenen dritten Generation (C7, 2013–2018) kehrte Audi zum V8-Biturbo zurück, um das Gewicht des Autos zu reduzieren. So ist der C7 ganze 120 Kilogramm leichter als der C6, was auch auf die vermehrte Verwendung von Aluminium zurückzuführen ist. Obwohl der Neue mit 560 PS sogar 20 PS schwächer wurde, verkaufte er sich so gut, dass er die Marktführerschaft im Segment der Hochleistungskombis übernahm.

Seit 2019 ist die vierte und aktuelle Generation des RS 6 (C8) auf den Markt. Unter der Haube arbeitet ein Vierliter-V8-Biturbo mit 600 PS und 800 Nm. Damit schafft er den Sprint von 0 auf 100 km/h in 3.6 Sekunden. Das Besondere: Das Dach, die Vordertüren und die Heckklappe sind die einzigen Karosserieteile, die der RS 6 Avant mit dem Basismodell teilt. Die anderen Teile sind RS-spezifisch, die Scheinwerfer stammen vom A7.

Mit dem Auslaufen dieser Generation des RS 6 in absehbarer Zeit wird für den Sportkombi ein neues Kapitel aufgeschlagen. Während die ungeraden Nummern (A5/Q5, A7/Q7, A9/Q9) für die Modelle mit Verbrennungsmotor (und Hybridantrieb) verwendet werden, sind die geraden (A4/Q4, A6/Q6, A8/Q8) den Fahrzeugen mit Elektroantrieb vorbehalten. So wird der zukünftige A6, dessen Enthüllung noch für dieses Jahr geplant ist, ausschliesslich elektrisch angetrieben werden. Folglich müsste auch der zukünftige RS 6 ein rein elektrischer Sportwagen werden. Wer ­einen Verbrennungsmotor unter der Motorhaube eines grossen Familienkombis sucht, muss sich somit für den zukünftigen RS 7 Avant entscheiden, da die Baureihe A7 die Masse und die verschiedenen Karosserievarianten des aktuellen A6 übernehmen wird – und somit auch die Verbrennungsmotoren respektive Hybridantriebe.

Es bleibt abzuwarten, welches Aggregat Audi Sport (ehemals Audi Quattro GmbH) unter der Motorhaube des zukünftigen Sportkombis einbauen wird – und zu hoffen, dass es sich nicht um ­einen Hybridantriebsstrang handelt, der aus einem kleinen Verbrennungsmotor besteht, dem es an Kraft fehlt. 

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