Porsche Taycan – Nachladen nach Zuffenhausener Art

Tristano Gallace | 08.02.2024

Elektrosportwagen Der neue Porsche Taycan kann vieles jetzt noch schneller. Beschleunigen, Laden und Spass machen. Und Entspannen.

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Was herauskommt, wenn man den besten Ingenieuren ohne Kostenbremse freien Lauf lässt, zeigt sich in Form des Porsche Taycan. In ­einer Zeit, als Corona nur ein Bier war, brachten die Zuffenhausener den Taycan auf den Markt und präsentierten damit ihre Interpretation von Elektromobilität. Die Sportwagenentwickler aus dem Schwäbischen durften das Elektro-Porsche-Projekt auf einem leeren Blatt beginnen, nur mit dem bescheidenen Ziel, den Porsche der Zukunft zu bauen. Manch Aussenstehender konnte den Namen oder überhaupt nur schon den Versuch, das Porsche-Gefühl in ein Elektroauto zu stecken, nur schwer verdauen. Doch die Strategie ging auf. Auch nach fast fünf Jahren Bauzeit und mehr als 150 000 verkaufte Fahrzeugen später gehört der Porsche Taycan weiterhin zur Spitze seines Segments. 2023 wies das Modell einen Zuwachs der Verkaufszahlen im zweistelligen Prozentbereich aus. Und das, obwohl Porsche gesamthaft im wichtigen chinesischen Markt rückläufige Zahlen hinnehmen musste. Nun soll die Erfolgsgeschichte des Porsche Taycan fortgeführt werden.

Auch stark überarbeitet (Porsche spricht sogar von der zweiten Generation) wird der Taycan in den drei bisherigen Karosserievarianten ange­boten. Neben der viertürigen Sportlimousine besitzen die Turismo-Modelle mehr Platz im Fond und eine grosse Heckklappe. Der Sport Turismo bietet mehr Variabilität und Alltagsnutzen, der Cross Turismo zusätzlich noch die Fähigkeit, leichtes Gelände unsicher zu machen. Bis auf die heckangetriebenen Einstiegsversionen setzen alle Taycan-Modelle auf Allrad und lassen die Wahl zwischen vier Leistungsstufen. Das Lastenheft für den neuen Taycan bestand nach Auskunft der Ingenieure aus drei Wörtern: höher, schneller, weiter. Etwas weniger wortkarg ausgedrückt, soll der Neue einfach alles besser machen als sein ­Vorgänger.

Ziel 1: Höher

Beim Öffnen der Türen kommt einem der Taycan entgegen. Wortwörtlich, denn innerhalb einer halben Sekunde wird das Fahrzeug um mehr als fünf Zentimeter angehoben und soll so seinen Passagieren den Ein- und Ausstieg erleichtern. Möglich wird dies durch das optionale Porsche-Active-Ride-Fahrwerk, welches neben Fahrkomfort auch maximale Fahrdynamik bieten soll. Auf Knopfdruck bleibt das Fahrzeug horizontal zur Fahrbahn und wirkt Brems-, Lenk- und Beschleunigungsvorgängen aktiv entgegen. Durch bedarfsgerechte Ansteuerung der Stossdämpfer können die Kräfte aber nicht nur ausgeglichen, sondern sogar überkompensiert werden. Bei Kurvenfahrten stemmt sich das Fahrwerk des Taycan also nicht nur gegen die Fliehkraft, sondern lehnt sich in die Kurve hinein. Ebenso surreal wirkt es bei starken Verzögerungen, wenn das Fahrzeug entgegen den physikalischen Gesetzen nicht an der Vorderachse eintaucht, sondern die Insassen horizontal in die Gurte gepresst werden. Wer das Wunderfahrwerk bei der Bestellung nicht angekreuzt hat, bekommt die serienmässige Zweikammer-Luftfederung verbaut. Sicher auch nicht völlig unfahrbar.

Höherwertig ist auch das serienmässige Ausstattungsniveau des Taycan. Parkassistent, Wärmepumpe mit neuem Kühlkonzept, elektrische Ladeklappen und auch eine gekühlte Smartphone-Ablage für kabelloses Laden gehören ab sofort zum Serienumfang. Trotz mehr Ausstattung konnten laut Porsche bis zu 15 Kilogramm eingespart werden, was bei einem Leergewicht von rund 2.3 Tonnen nicht sonderlich ins, Achtung, Gewicht fallen dürfte.

Für eine nachhaltige Zukunft bietet Porsche den gründlich aufgefrischten Taycan an. Wer optional den lederfreien Innenraum wählt, verschont dabei sogar noch Kühe.

Ziel 2: Schneller

Selbstredend legte Porsche den Fokus bei der Weiterentwicklung zu einem erheblichen Anteil auf den Antrieb. Alle neuen Modelle beschleunigen nun schneller als ihre Vorgänger. Auch dank des neuen Hinterachsmotors, welcher in Abmessungen und Gewicht schrumpfte, dafür bei Leistung und Drehmoment satt zulegte. Für den Sprint aus dem Stand auf 100 km/h konnte rund eine halbe Sekunde eingespart werden. Die 100-km/h-Marke fällt beim Taycan nach 4.8 und beim Taycan Turbo S bereits bei 2.6 Sekunden. Möglich machen das die in Leistung und Effizienz gesteigerten Antriebe. Von 300 kW (408 PS) bis zu 700 kW (952 PS) bietet Porsche ein sehr einseitiges Spektrum von schnell bis sehr schnell an. Auf Knopfdruck gibt die Overboost-Funktion für zehn Sekunden die volle Leistung frei. Anschliessend müssen sich Fahrzeug wie Fahrer zehn Sekunden lang sammeln, ehe über den Push-to-pass-Knopf – wir nennen in gern Push-to-Spass-Knopf – am Lenkrad erneut mit der gesamten Vehemenz beschleunigt werden kann.

Nicht nur auf der Geraden zieht der Taycan an seinem Vorgänger vorbei. Ein nicht näher genannter Erprobungs-Taycan der Neuauflage nahm dem alten Taycan Turbo S auf der Nürburgring-Nordschleife ganze 26 Sekunden ab. Den bisherigen Rekordhalter, einen Tesla Model S Plaid, distanzierte er auf der rund 21 Kilometern langen Strecke um 17 Sekunden.

Der beleuchtete Schriftzug am Heck ist neu. Der Porsche Taycan 4S Sport Turismo in Provence-Lackierung. Das Wort Kombi wird bei Porsche überpiepst.

Ebenfalls rascher soll der Ladevorgang der Antriebsbatterie erfolgen. An der Schnellladesäule kann die Batterie konstant mit rund 300 Kilowatt, in der Spitze gar mit 320 Kilowatt geladen werden. So lässt sich der Taycan in nur 18 Minuten von zehn auf 80 Prozent nachfüllen, was einer Halbierung der Ladezeit des Vorgängers entspricht. Möglich gemacht wird dies auch durch eine signifikante Reduktion der optimalen Ladetemperatur. Musste die Batterie bisher auf eine Temperatur von mindestens 34 Grad vorkonditioniert werden, ist sie beim neuen Modell bereits ab 15 Grad bereit. Durch die höheren Ströme konnte auch die maximale Rekuperationsleistung von 290 auf bis zu 400 Kilowatt erhöht werden.

Ziel 3: Weiter

Antriebsstrang und Hochvoltanlage werden also effizienter, wodurch sich die Fahrer eines Taycan nicht nur kürzer, sondern auch seltener an Ladesäulen begegnen werden. Die Verbrauchswerte von rund 22 kWh/100 km gemäss WLTP ergeben Reichweiten von 450 bis 680 Kilometern je nach Variante und Motorisierung. Als Grund nennt Porsche die neue, noch besser vorausschauende Routenplanung, welche nicht nur die Parameter von Verkehrsaufkommen, Fahrzeit und möglicher Ladedauer berücksichtigt, sondern auch die Leistungsfähigkeit der Ladesäulen oder auch den gewünschten Mindestladestand am Zielort einbezieht.

Der Cross Turismo als Turbo-Version mit Kunststoffplanken. Ein Steckerauto Turbo zu nennen, verwirrt etwas, aber wer mag, kann sich damit auf unbefestigte Pfade wagen.

Der Taycan wurde auch in einer fast vergessenen, aber doch sehr wichtigen Disziplin weiter perfektioniert. Bei allen Superlativen und fahrdynamischen Verbesserungen ist er ein erstaunliches Alltagsauto. Er beherrscht auch die ruhige Art und rollt entspannt die Strasse entlang – mit einem Porsche-Ingenieur als Fahrer und uns auf dem Beifahrersitz. Die Ruhe im Innenraum lädt zum Plaudern ein, die Hinterachslenkung hilft, in urbanen Gefilden die Kurbelarbeit am Lenkrad zu minimieren, und die grosse Ladeluke und die umklappbaren Rücksitze lassen auch einen Spontaneinkauf im Möbelhaus zu. Erstaunlich komfortabel gleiten wir durch kleine Dörfer, und nicht einmal eine Katze springt zur Seite, als wir uns ihr langsam nähern. Zurückhaltung ist eine Tugend, der Taycan beherrscht diese in Vollendung. Doch es gibt eine Grenze, wo es nicht stört, wenn er diese Zurückhaltung ablegt. Nennen wir sie das Schild am Ortsausgang. Dann erinnert uns der Taycan daran, dass er bei Bedarf den Teufel rauslassen kann. Ansatzlos, vehement und geräuschlos, versteht sich.

Kein Plus ohne Minus

Erwartungsgemäss erfordert der neue Porsche Taycan ein Budget aus einer höheren Liga. Ab einem Einstiegspreis von rund 114 000 Franken bekommt man das Basismodell. Mit den grösseren Karosserievarianten und höheren Leistungsstufen lässt sich dieser Preis locker mehr als verdoppeln. Somit bleibt vielen weiterhin nur der Traum vom eigenen Porsche. Doch der neue Taycan besitzt das Zeug, darin die Hauptrolle zu spielen.

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Bereits ab Batterietemperaturen von 15 Grad kann der neue Porsche Taycan an Schnellladesäulen mit bis zu 320 Kilowatt geladen werden.

Fotos: Porsche

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