Im Test: die besten Sommerreifen für jede Wetterlage

Klaus Justen | 29.02.2024

Reifentest Sommerreifen der Grösse  215/55 17 für kompakte SUV und Autos der Kompakt- und Mittelklasse traten zum Test an. Die gute Nachricht: Ernsthafte Fahrsicherheitsprobleme handelt man sich mit keinem der 16 Kandidaten ein.

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Herausforderungen für Sommerreifen: Sie müssen über einen breiten Temperaturbereich und die die unterschiedlichsten Fahrbahnbedingungen sichere Fahreigenschaften garantieren.

Sommerreifen müssen wahre Alleskönner sein: Im Hochsommer bei knapp 40 Grad im Schatten sind sie gefordert, und das auch noch mit vollbeladenem Urlaubsauto. Schotterstrecken am Mittelmeer, kurvige Pässe in den Alpen, Sommergewitter mit Wolkenbruch, Hagel und überfluteten Strassen müssen bewältigt werden und zwischendurch auch noch mal Temperaturen Nahe der Gefriergrenze, wenn die Eisheiligen im Mai oder ein Temperatursturz im Sommer für Kühlschrankgrade sorgen. Der Anspruch ist in allen Situationen klar: Als einzige – und winzige – Verbindung zwischen Auto und Strasse müssen die Reifen Traktion, Fahrstabilität und kurze Bremswege garantieren.

Wie gut aktuelle Sommerreifenmodelle diesen Anspruch in die Realität umsetzen, hat der Touring Club Schweiz (TCS) zusammen mit seinen Partnerklubs in Deutschland und Österreich im aktuellen Reifentest unter die Lupe genommen. 16 Reifenfabrikate der Dimension 215/55 17 traten zum Test an. Diese passen auf viele Fahrzeugmodelle der Kompakt- und Mittelklasse oder auf SUV wie zum Beispiel Audi Q2, Renault Megane, Skoda Karoq und Superb, Toyota Avensis und Yaris Cross sowie VW Passat, Touran und T-Roc, um nur einige zu nennen.

Die positivste Nachricht, die man aus den Testergebnissen ziehen kann: Kein einziger Reifen fiel wegen Problemen bei der Fahrsicherheit durch. Natürlich gibt es Unterschiede – etwa beim Bremsweg auf nasser Strasse beachtliche sieben Meter Unterschied zwischen dem besten und dem schlechtesten Reifen –, aber bei keinem Reifen muss man den Kurzratschlag «Finger weg!» bemühen, der in der Vergangenheit vor allem bei Reifenware aus Fernost des öfteren angesagt war. Ein einziges Reifenmodell fällt mit der Endnote «bedingt empfehlenswert» ab: Der Vredestein Ultratec handelte sich diese aber wegen seines hohen Verschleisses ein. Im Test kommt er auf eine prognostizierte Laufleistung von gerade einmal 27 200 Kilometern – das ist erheblich weniger als die besten Reifen im Test, die es 60 000 Kilometer und weiter schaffen. Höherer Verschleiss und damit verbunden höherer Abrieb sind einerseits eine Frage der Umweltfreundlichkeit, treffen aber auch unmittelbar ins Portemonnaie. Im Fall des Vredesteins kann der Reifen aber für ausgesprochene Wenigfahrer interessant sein – schliesslich lautet die Empfehlung, Pneus nach sechs bis acht Jahren wegen der Materialalterung auszutauschen, unabhängig vom Restprofil.

Laufleistungen

Grosse Unterschiede bei der prognostizierten Laufleistung: Die besten Reifen sind für deutlich mehr als 60000 Kilometer gut, der schwächste Pneu im Testfeld nur für rund 27000 Kilometer.

Im vergangenen Jahr stellte der TCS seine Bewertung auf ein Zwei-Säulen-Modell um. Zu 70 Prozent errechnet sich die Gesamtnote aus den klassischen Fahrsicherheits­eigenschaften auf trockener und nasser Fahrbahn, die anderen 30 Prozent werden bestimmt durch die Umweltbilanz des Reifens. Zu den bewerteten Kriterien zählt neben dem Reifenverschleiss auch die Reifeneffizienz, auf die ja auch der Buchstabe im EU-Reifenlabel hinweist. Ärgert sich der Fahrer eines Diesel- oder Benzinmodells möglicherweise nur über den Mehrverbrauch und die höheren Tankkosten, so wirkt sich eine schlechte Effizienz bei einem Elektro­auto negativ auf die Reichweite aus – neben höheren Kosten für Ladestrom. Die Abrollgeräusche eines Reifens spielen innerhalb und ausserhalb des Fahrzeugs eine Rolle. Besonders auffällig sind sie für E-Auto-Fahrer, weil das Motorengeräusch wegfällt und das Abrollen der Reifen deutlich stärker wahrgenommen wird. Nicht zuletzt bewerteten die TCS-Tester auch die Nachhaltigkeit der Produktionsstätten, ob Produktionsrückstände an den gelieferten Reifen anhaften oder die Gummi­mischung Giftstoffe enthält.

Testsieger von Conti, Michelin und Kumho

Den grösseren Anteil an der Gesamtnote hat aber nach wie vor das Thema Sicherheit. Dabei addieren sich die Testergebnisse auf trockener und nasser Fahrbahn zur Fahrsicherheitsnote. Als klarer Testsieger landet hier der Continental Premium Contact 7 auf dem obersten Treppchen, vor allem beim Nassbremsen hielt er die Konkurrenz deutlich auf Abstand. Eine Stufe dahinter folgen die Reifen von Michelin und des koreanischen Herstellers Kumho. Das weitere Testfeld muss sich hier schon mit einigen Punkten Abstand geschlagen geben – mit Ausnahme des Vredestein-Pneus, der beim Thema Fahrsicherheit im Vorderfeld landet, aber eben beim Umweltthema schwächelt. Insgesamt dominiert beim Gesamturteil die Note «empfehlenswert», wobei in dieser Reihe die Sommerreifen von Debica, Dunlop, Bridgestone und Fulda nur knapp an der Gesamtnote «sehr empfehlenswert» vorbeischrammen, mit der die drei Testsieger hervorstechen.

Bei der Kaufentscheidung kann man sich neben den Ergebnissen bei der Fahrsicherheit auch von anderen Kriterien leiten lassen – niedriger Verschleiss, gute Effizienz oder die Geräuschemission sind weitere valide Entscheidungsfaktoren. Das gilt auch für den Preis. Während zum Beispiel Testsieger Continental bei einem Listenpreis von 200 Franken pro Pneu liegt und für rund 150 Franken im Onlinehandel angeboten wird, kostet der drittplatzierte Kumho rund 100 Franken.

Das bedeuten die Angaben auf dem EU-Reifenlabel

Die in der Testtabelle unterhalb der Reifen­marke angegebenen Buchstaben und Dezibelangaben verweisen auf das EU-Reifenlabel, das für jeden Reifen – egal ob Sommer- oder Winterreifen – obligatorisch ist. Das Label gibt dem Käufer in drei Kategorien Entscheidungshilfe bei der Auswahl des Reifens.

Energieverbrauch Bewertet den Rollwiderstand von A (Bestwert) bis E (schlechteste Einstufung). Zwischen diesen Klassen liegt rund ein halber Liter auf 100 Kilometer, das sind bei 15 000 Kilometern Jahresfahrleistung fast 80 Liter Treibstoff. Vor allem für Elektroautos sind rollwiderstandsoptimierte Reifen der Pneu der Wahl.

Sicherheit Diese Benotung gibt einen Anhaltspunkt über das Nassbremsverhalten des Reifens. Entscheidend für die Eingruppierung ist der Bremsweg auf nasser Strasse. Zwischen A und E liegen bei einer Vollbremsung aus Tempo 80 bis zu 18 Meter Unterschied.

Geräuschpegel Welchen Lärm ein Reifen produziert, lässt sich an der Dezibelangabe ablesen. Weil kaum jemand mit einer absoluten Angabe wie 70 dB etwas anfangen kann, gibt der Buchstabe einen weiteren Anhaltspunkt. A ist die beste Einstufung, C wird nicht vergeben – diese Reifen würden den zulässigen Grenzwert überschreiten.

Fotos: Adobe Stock, TCS, Grafik: ADAC

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