Warum Sie den Tank des Autos nicht bis zum letzten Tropfen leerfahren sollten

Klaus Justen | 13.08.2024

Wenn die Reserveleuchte in der Tankanzeige blinkt, ist das für die ganz Nervenstarken noch lange kein Grund, zur Tankstelle zu fahren. Besser wäre es aber.

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Es gibt Gründe, die Fahrt zur Tankstelle aufzuschieben: Die Preise an der Zapfsäule nerven, man hat es eilig, zum nächsten Termin zu kommen, oder es ist spät am Abend und es schüttet wie aus Kübeln – keine Lust, aus dem warmen Auto auszusteigen.

Dabei gibt es mehr Gründe, das Tanken nicht auf die lange Bank zu schieben. «Speziell Menschen, die wie Ärzte oder Techniker ungeplant zu einem Noteinsatz aufbrechen müssen, sollten den Tank ihres Fahrzeugs immer so aufgefüllt haben, dass sie nicht in Gefahr geraten, ihr Auto trocken zufahren», rät Avenergy Suisse, die Vereinigung der Importeure von Treib- und Brennstoffen. Auch aus Sicherheitsgründen ist es keine gute Idee, das Potenzial des Tanks auszuloten. Nachts auf einer kurvigen Landstrasse liegen zu bleiben oder in einem Tunnel auf der Autobahn, ist brandgefährlichund wird schnell teuer, selbst dann, wenn die Panne ohne Unfallfolgen bleibt. Auch die Fahrzeugtechnik nimmt unter Umständen Schaden, wenn der Motor bei voller Fahrt abstirbt.

«Am stärksten gefährdet sind Dieselmotoren», sagt Dominik Hans, Geschäftsführer der Delta-Garage in Schlatt TG und im Vorstand der Schaffhauser Sektion des Auto Gewerbe Verbands Schweiz (AGVS) verantwortlich für Berufsbildung. Bei Selbstzündern treibt das explodierende Diesel-Luft-Gemisch nicht nur die Kolben des Motors an. «Der Treibstoff übernimmt gleichzeitig auch die Schmierung aller Komponenten im Hochdruck-Einspritzsystem. Wenn unter Volllast kein Diesel mehr aus dem Tank ins Einspritzsystem befördert wird und damit Pumpe und Düsen nicht mehrgeschmiert werden, besteht die Gefahr massiver Schäden», sagt Hans. Common-Rail-Motoren arbeiten mit einem Einspritzdruck von teils mehr als 2000 bar – hier wirken also gewaltige Kräfte. Werden die Injektoren beschädigt, sind einige Tausend Franken Reparaturkosten die Folge.

Gefahr für Kat oder Lambdasonde?

Bei Benzinern übernimmt der Treibstoff diese Schmierfunktion nicht, mit Folgeschäden an der Einspritzanlage ist also nicht zu rechnen. Aber wie stehtes um die Abgasreinigung? Denn eine unkontrollierte Verbrennung kann ja prinzipiell die Lambdasonde im vorderen Abgastrakt schädigen.

«Die grösste Gefahr für Lambdasonde und Kat besteht, wenn unverbranntes Benzin im Abgastrakt verbrennt und so die Komponenten beschädigt», sagt Dominik Hans. Bei Benzinmangel passiere das aber eben nicht, zudem sterbe der Motor sehr schnell ab, sodass es zu keiner länger andauernden Belastung des Systems komme.

Ist man liegen geblieben und hat nachgetankt, muss das Tanksystem noch entlüftet werden. Das ist bei Benzinern einfacher als bei Dieseln – aber die Motorkontrollleuchte signalisiert eine Fehlermeldung, die in der Werkstatt gelöscht werden muss. Bei Dieselmotoren kann es zudem passieren, dass nach einigen Startversuchen zum Entlüften das Motorsystem komplett abschaltet – dann bleibt nur der Ruf nach dem Abschleppwagen.

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Leergefahrenes Elektroauto

Fahrer von Elektroautos riskieren durch das Fahren auf null keine Schäden an der Technik, denn die komplette Kapazität der Batterien wird nicht genutzt, es bleibt eine Sicherheitsreserve gegen eine Vollentladung. «Aber man sollte das Auto mit leerer Batterie nicht abstellen, sondern schnellnachladen», rät Hans. Die Autohersteller empfehlen gerade an kalten Tagen, mindestens 20 Prozent Ladung in der Batterie zu haben.

Diese Bussen drohen

Wer auf der Autobahn liegen bleibt, weil der Treibstoff ausgeht, muss den Gegenwert einer Tankfüllung als Strafe einplanen. Schafft man es noch auf den Pannenstreifen (so vorhanden), ist es mit einer Ordnungsbusse von 120 Franken getan. Bleibt man jedoch auf der Fahrbahn stehen, so verzeigt die vom Pannendienst obligatorisch verständigte Polizei den Fahrzeuglenker. Das Bundesgericht hat 2010 bekräftigt, ein leergefahrenes Fahrzeug sei nicht verkehrssicher und damit eine abstrakte Gefahr.

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