Wie verbindlich sind die Zustandsnoten bei Oldtimern?

Klaus Justen | 22.08.2025

Sie gehören zu einer Zustandsbeschreibung bei Oldtimern dazu wie Marke, Modell und Motorleistung: die Zustandsnoten. Von 1 wie makellos bis 5 wie restaurierungsbedürftig. Wer sich für den Oldtimerkauf jenseits der Grenze in Deutschland umschaut, für den bekommen die Noten durch ein Urteil des höchsten deutschen Zivilgerichts eine höhere Bedeutung.

Oldtimer Frau Aral

In der Schweiz ist die Sachlage recht klar: Die Zustandsnote in einem Oldtimer-Kaufvertrag hat keine rechtliche Bindung, sondern ist eine subjektive Zustandsbeschreibung.

Der Käufer kann sich also nicht einfach darauf berufen, dass der Wagen nicht Zustand 2 (gut mit leichten Gebauchsspuren) entspricht, wenn er doch zum Beispiel grosse Rostschäden hat. Sondern er muss bei Abschluss des Vertrags darauf achten, dass der Zustand des Wagens im Vertrag oder einem Wertgutachten detailliert beschrieben ist. Wenn dort von einem Zustand ohne Rost die Rede war, hat der Käufer deutlich bessere Karten bei nachträglichen Reklamationen.

Beim Oldtimerkauf in Deutschland hat der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil (Aktenzeichen VIII ZR 240/24) die Grenzen neu gezogen. Vorsicht, jetzt wird es ein wenig juristisch: Der BGH hat nämlich entschieden, die Angabe der Note sei eine «Beschaffenheitsvereinbarung». Und damit hatte der Verkäufer im in höchster Instanz entschiedenen Fall plötzlich ganz schlechte Karten.

Der Mann hatte 2020 im Rahmen eines Privatgeschäfts einen MG Typ B von 1973 verkauft. Der Wagen hatte eine Oldtimer-Zulassung (H-Kennzeichen), in der Verkaufsannonce im Internet gab der Verkäufer die Zustandsnote 2 bis 3 an. In der Annonce war von einem «technisch einwandfreien Zustand» des Fahrzeugs die Rede, ausserdem listete der Verkäufer die Erhaltungs- und Restaurierungsarbeiten auf, die er im Laufe von zwölf Jahren in den Wagen investiert hatte.

Interessent und Verkäufer einigten sich auf einen Kauf, dabei schlossen sie eine Sachmängelhaftung aus, was in Deutschland bei einem Privatgeschäft möglich ist. In der Schweiz können auch Händler die Sachmängelhaftung wegbedingen. Eine Ausnahme vereinbarten die beiden Parteien im Kaufvertrag: Für Beschaffenheitsvereinbarungen hafte der Verkäufer trotzdem.

Das fiel ihm jetzt auf die Füsse: Denn keine zwei Jahre nach dem Besitzerwechsel kam der MG nicht mehr durch die deutsche Hauptuntersuchung. Weitflächige Korrosionsschäden an der Bodengruppe, durchgerostete Schweller und Radhäuser – die Mängelliste war lang. Der Käufer klagte, verlor in den ersten Instanzen und erhielt jetzt vom Bundesgerichtshof Recht.

Zustandsnoten haben laut BGH beim Oldtimer-Kauf eine hohe Bedeutung. Ihre Verwendung «in einem mehrstufigen Bewertungsmodell ist allgemein gebräuchlich und branchenüblich». Der achte Senat urteilte weiter: «Aus der massgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers» komme der Note «grundsätzlich die Aussage zu, dass sich das Fahrzeug in einem dieser Zustandsnote entsprechenden Erhaltungszustand befindet und der Verkäufer für das Vorliegen dieses Zustands die Gewähr übernehmen will». Voraussetzung sei aber auch, dass die Note massgeblichen Einfluss auf den Wert des Fahrzeugs und damit den Kaufpreis habe – was ja im Normalfall so ist.

Wenn also bei einem Oldtimerkauf in Deutschland der tatsächliche Zustand von der angegebenen Zustandsnote abweicht, erhöhen sich für den Käufer die Chance, das Geschäft rückgängig zu machen, einen Preisnachlass auszuhandeln oder die Reparaturkosten auf den Verkäufer abzuwälzen. Allerdings kommt es dabei auch auf die exakten Vertragsformulierungen an.

Foto: Aral

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