Wildunfälle: Im Herbst steigt die Gefahr für Kollisionen mit Reh, Hirsch und Wildschwein

Klaus Justen | 23.09.2024

Herbst und Winter sind die gefährlichste Zeit. Bei Wildunfällen bleiben jedes Jahr in der Schweiz tausende Rehe und Wildschweine auf der Strecke. Aber auch für Autofahrerinnen und Autofahrer sind Wildunfälle gefährlich.

Wildunfall

Besonders hoch ist das Risiko eines Wildunfalls im Herbst und Winter, weil die Tage nun kurz sind. Immer mehr Fahrtkilometer werden in Dämmerung und Dunkelheit zurückgelegt, der Berufsverkehr setzt schon bei Dämmerung ein – zu der Zeit, wenn Rehe und Hirsche ihr Revier wechseln, um etwas Fressbares zu finden. Dabei überqueren sie unvermittelt die Strassen. Was das Risiko erhöht: Gleichzeitig ist Brunftzeit. Allein der Versicherer Axa reguliert jedes Jahr 3000 Wildunfälle, der dabei entstandene Sachschaden liegt bei 10 Millionen Franken. Für die gesamte Schweiz schätzt das Unternehmen den Schaden durch Wildunfälle auf 50 Millionen Franken.

Besonders gefährlich sind Übergangsbereiche zwischen Wald und Feld, denn hier wechselt das Wild von seinen Rückzugsgebieten auf die abgeernteten Äcker. Risikogebiet sind auch neue Strassen, die durch Waldgebiete führen. Das Wild hält die gewohnten Wechsel bei, ohne auf die neue Asphaltpiste zu achten.

Im Wald muss man immer mit querenden Wildtieren rechnen

Um Wildunfälle zu vermeiden, sollte man Wildwechsel-Schilder ernst nehmen und das Tempo verringern. Wildtiere registrieren ein herannahendes Auto nur dann als Gefahr, wenn es maximal mit Tempo 70 unterwegs ist. Alles was schneller ist, fällt durchs Wahrnehmungsraster.

Grundregel Nummer eins in Waldgebieten heisst also: Tempo reduzieren. Das verringert nicht nur die Gefahr eines Unfalls an sich, sondern auch die Folgen, wenn es denn zu einer Kollision kommt. Experten empfehlen, bei Dunkelheit in bewaldeten Gegenden mit Fernlicht zu fahren, wann immer das möglich ist, um eine möglichst grosse Strecke überblicken zu können.

Achtung: Ein Tier kommt selten allein

Allerdings lauert die grösste Gefahr immer unmittelbar vor dem Fahrzeug. In 80 Prozent der Fälle läuft Wild maximal 20 Meter vor dem Auto über die Strasse. Taucht Wild im Scheinwerferlicht auf, sollte man sofrt bremsen und abblenden. Abblenden deshalb, weil die Augen der Wildtiere deutlich lichtempfindlicher sind als die der Menschen, das Fernlicht blendet und macht orientierungslos. Rennt ein einzelnes Tier auf die Strasse, heisst es besonders vorsichtig zu sein: Ein Tier kommt selten allein, sondern der Rest des Rudels hinterher. Besonders gross ist diese Gefahr bei Wildschweinen, denn die Rotten genannten Gruppen umfassen oft bis zu 20 Tiere.

Lässt sich ein Zusammenprall mit Wild nicht vermeiden, gibt es nur eine Möglichkeit: So stark wie möglich bremsen, um den Zusamenprall zu vermeiden oder dessen Folgen zu mindern. Dank ABS und ESP bleibt das Auto auch auf durch Blätter oder Nässe rutschigen Strassen gut beherrschbar. Auf keinen Fall sollte man versuchen, dem Tier auszuweichen, denn bei solchen Ausweichmanövern gerät das Fahrzeug fast immer ins Schleudern – das ist angesichts von Bäumen links und rechts der Strasse lebensgefährlich.

Unfallstelle absichern, bei verletzten Tieren den Fluchtweg markieren

Nach einem Unfall ist es wichtig, die Unfallstelle abzusichern (Warnblinkanlage sowie Warndreieck in ausreichender Entfernung, also mindestens 50 bis 100 Meter) und das tote Tier an den Randstreifen zu schaffen. Um sich nicht einer möglichen Ansteckungsgefahr auszusetzen, sollte das Tier nicht mit blossen Händen angefasst werden.

Wurde das Wildtier verletzt, empfehlen Jagdexperten, sich von ihm fernzuhalten. Ist das angefahrene Tier in den Wald geflüchtet, sollte man die Stelle markieren; der Jäger kann dann mit seinem Hund auf die Suche gehen. Was man auf keinen Fall tun sollte: Das tote Reh einfach in den Kofferraum packen und mitnehmen. Das ist Wilderei und somit strafbar.

Kommt es zu einem Zusammenstoss mit einem Wildtier, ist von Gesetzes wegen umgehend die Polizei zu benachrichtigen, also am besten die 117 wählen. Die Polizei informiert gleich den zuständigen Jäger. „Wurde man früher bei verzögerter Unfallmeldung lediglich wegen pflichtwidrigen Verhaltens gebüsst, ist heute zusätzlich eine Strafverfolgung wegen fahrlässiger oder gar vorsätzlicher Tierquälerei möglich“, warnt die AXA davor, die Unfallmeldung auf die leichte Schulter zu nehmen. Die Polizei stellt vor Ort eine Wildunfallbescheinigung aus, die als Nachweis bei der Versicherung dient.

Übrigens: Nach den Statistiken der AXA sollten Autofahrerinnen und Autofahrer in den Kantonen Jura, Freiburg und Thurgau besonders vorsichtig sein – dort ist das Risiko für einen Wildunfall bis zu sieben Mal höher als in anderen Kantonen.

Hilfe durch die Wildwarner-App

Die Wildwarner-App hilft Autofahrern, Wildunfälle zu vermeiden. Sie warnt dank GPS-Lokalisierung beim Durchfahren potenziell gefährlicher Passagen. Kommt es dennoch zu einem Unfall, kann über die App der zuständige Jäger oder das nächstgelegene Polizeirevier erreicht werden. Die App ist für die Länder Deutschland, Österreich und Schweiz verfügbar und hat mehr als 17‘000 Gefahrenstellen erfasst. Die App gibt es kostenlos im App-Store für Apple-Geräte oder in Google-Play für Smartphones mit Android-Betriebssystem.

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