Andreas Spring – BMW und Gurnigel sind Seins

Werner J. Haller | 05.04.2024

Automobil-SM Andreas Spring gehört bei Bergrennen und Slaloms zu den regelmässigsten Startern. Der 60-jährige Berner ist keiner, der die vordersten Ränge belegt. Sehr viel Leidenschaft für den Rennsport hat Andreas Spring trotzdem.

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Andreas Spring: Der Berner 2023 in seinem BMW 318iS E36 an seinem Berg, dem Gurnigel.

Tränen hat Andreas Spring in den Augen, als er sich an das Wochenende von 6./7. September 2008 erinnert. Damals fuhr er erstmals ein Bergrennen an einem Berg, an seinem Berg, dem Berner Gurnigel. «Als Bub war ich oft bei den Rennen dabei, und ich hatte mir zu jener Zeit geschworen, dass ich eines Tages auch am Gurnigelrennen starten würde», erzählt der seit 23. März 60-jährige Berner im Gespräch mit der AUTOMOBIL REVUE. Mit einem Renault 5 GT Turbo belegte er bei der Gurnigel-Ausgabe 2008 in der Rennklasse E1 bis 3000 Kubikzentimeter den achten von neun Plätzen. «Im zweiten von drei Durchgängen riss unglücklicherweise das Kupplungsseil. Das war ein Dämpfer, und ich wollte deshalb zuerst nicht weiterfahren. Aber dann wurde mir geholfen, und als ich später nach dem dritten Durchgang im Ziel einfuhr, freuten sich alle mit mir. Da war ein Joe Wyss, eine Ikone, der mir gratulierte, obwohl wir uns kaum gekannt haben.»

Ein Rennwagen in der «Tierwelt»

Andreas Spring war schon als Bub sehr nahe am Motorsport dran. Sein Vater arbeitete in der Garage einer anderen Ikone im nationalen Rennsport, Jürg Dürig. Die Familie lebte in der Wohnung über der Garage in Riggisberg am Fuss des Gurnigels. «Ich war eigentlich jeden Tag in der Garage unten.» Dort war eine Automarke omnipräsent: BMW. 1979 und 1981 war Dürig unter anderen Schweizer Meister mit einem 320i. Als Spring 19-jährig den Führerschein im Sack hatte, legte er sich ein erstes Auto zu, natürlich einen BMW, ­einen roten 2002. Das Foto dieses Autos hat Spring auch heute noch immer dabei. 1998 nahm Andreas Spring mit seinem BMW M3 E30 erstmals an ­einem Rennfahrerlizenzkurs des Automobil Clubs der Schweiz in Hockenheim (D) teil. 2005 und 2006 tat er das abermals, aber mit einem BMW M3 E36. «So hatte ich wenigstens ein bisschen das Gefühl, Rennfahrer zu sein, und ausserdem lernte ich auch viel über Fahrzeugkontrolle und vieles mehr.»

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Andreas Spring: Der Berner ist seit 23. März 60-jährig.

Doch trotz Nähe zum Rennsport und zu BMW zogen Jahre ins Land, ehe Andreas Spring erstmals an einem Rennen teilnahm. Er wurde übrigens auch nicht Mechaniker, er wurde Bäcker-Konditor. «Diese Arbeit gab mir schliesslich den letzten Kick, dass ich mit 43 Jahren doch noch im Rennsport debütierte», sagt Spring und lacht. Auf Umwegen sei er schliesslich im fortgeschrittenen Alter bei der Bäckerei Steiner in Riggisberg gelandet, welche natürlich wie andere regionale Unternehmen auch nahe dran war am Bergrennen Gurnigel. «Eines Tages rief mich mein Vater an und meinte, in der Zeitschrift ‹Tierwelt› sei ein Rennwagen ausgeschrieben, der Renault 5 GT Turbo koste 3000 Franken.» Er habe gezögert, «weil es mit dem Auto allein ja nicht gemacht ist, du brauchst für den Transport auch einen Anhänger, und Helm und Overall waren auch nicht vorhanden, nur um ein paar Dinge aufzuzählen, die nötig sind, um Rennen zu fahren». Nach Gesprächen mit Szenekennern habe er den Renault 5 GT Turbo dann doch gekauft – und hatte sehr bald schon Angst, er müsste ihn wieder abschreiben.

Das Grauen beim ersten Rennen

Am 1. Juli 2007 fuhr Andreas Spring sein erstes Rennen, in Reitnau AG wurde damals noch ein Bergslalom gefahren. «Die eine Rechtskurve war sehr schnell. Ein Rennfahrerkollege gab mir einen Tipp: ‹Wenn du das Gefühl hast, bremsen zu müssen, zähle erst noch auf drei und bremse erst dann. So hast du die optimale Geschwindigkeit, um die Kurve zu fahren.› Das habe ich getan, bin aber natürlich viel zu schnell in diese Kurve hineingestochen. Das Auto schob unkontrollierbar über alle vier Räder und landete in der Leitplanke. Ich konnte meine Fahrt zwar fortsetzen, aber mir graute bei dem Gedanken, wie das Auto aussehen würde.» Im Ziel wollte er deshalb lange nicht aussteigen, atmete aber schliesslich erleichtert auf, als er sah, dass der Renault heil geblieben war. Den Renault tauschte er nach zwei Saisons gegen einen BMW 318iS E36 – den er noch heute fährt.

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Autos in der Karriere von Andreas Spring: Viele dumme Sprüche habe er sich bei seinem Debüt im Schweizer Rennsport 2007 anhören müssen, weil er mit einem 
Renault 5 GT Turbo gestartet sei.

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Autos in der Karriere von Andreas Spring: Andreas Spring kannte man schon vor seinem als BMW-Fahrer, bei Lizenzkursen fuhr er erst einen M3 E30.

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Autos in der Karriere von Andreas Spring: Bei Lizenzkursen fuhr er später auch einen BMW M3 E36.

Andreas Spring mag nicht zu jenen Piloten gehören, die um Siege oder gar Titel kämpfen. «Natürlich fahre ich aus Leidenschaft, aber ich habe auch Ehrgeiz. Meine Gegner sind eben nicht die Rennfahrer ganz vorne, ich messe mich mit anderen, die weiter hinten in der Rangliste stehen.» Aber wehe, Andreas Spring sieht eine Chance! «Zum Beispiel wenn es regnet, schaut für mich die eine oder andere Überraschung heraus.» So wie am 18. August 2013 beim schnellsten Schweizer Bergrennen, jenem in Les Rangiers JU. «Ich habe meine Klasse gewonnen! Natürlich half mir auch, dass ein Konkurrent wegen eines Technikdefekts ausschied, aber das gehört eben auch zum Rennsport dazu.» Bereit sein, wenn sich eine Möglichkeit ergibt. Zu seinen grössten Erfolgen zählt er den Sieg im Mai 2017 beim Slalom in Saanen BE. Auch an diesem Tag regnete es.

Eindrückliche Zahlen

Andere Zahlen in der Rennfahrerkarriere von Andreas Spring imponieren mehr als Resultate, die er in seiner Bilanz akribisch führt: Jede Rennzeit und jeder Rang sind notiert. Aber auch, dass er mit dem Renault 5 GT Turbo 18 Rennen am Berg oder bei Slaloms fuhr – und dabei zwei Motorschäden beklagte. In den nunmehr 14 Jahren mit dem BMW 318is E36 bestritt er 150 Rennen und hatte dabei nur vier technische Ausfälle! «Seit dem Gurnigelrennen 2009 ist derselbe Motor im BMW, ich habe ihn noch nie revidiert.» Obwohl es ihn immer grause, wenn er in Les Rangiers den Motor während jeweils mehrerer Sekunden auf über 6000 Touren jaulen höre. Fast hat Andreas Spring wieder Tränen in den Augen, als er davon erzählt. 

Fotos: Werner J. Haller, Archiv Andreas Spring

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