Werner J. Haller | 21.03.2024
Michel Zemp Der Norma M20 FC
des Luzerners ist noch derselbe, aber
der Motor ist neu und hat viel Potenzial.
Zemp will dennoch nichts überstürzen.
Der eine oder andere Gast hält sich vorsorglich die Ohren zu, bevor Michel Zemp bei der Präsentation des Sportprototyps Norma M20 FC im Hotel Meilenstein in Langenthal BE den 1.17-Liter-Honda-Turbomotor startet. «Er klingt schön», schwärmt Flavio Helfenstein, als das Triebwerk knattert, bevor Zemp die Tourenzahl mit vorsichtigen Stössen aufs Gaspedal in die Höhe jagt. Flavio und sein Bruder Guido Helfenstein haben den Motor in ihrem Betrieb Helftec Engineering in Hildisrieden LU gebaut. Sie arbeiteten zuvor unter anderem auch schon mit Marcel Steiner zusammen, der im vergangenen Jahr mit einem 1.7-Liter-Motor made by Helftec in seinem Sportprototyp Lobart LA01 zum Titel in der Schweizer Bergmeisterschaft raste.
Die Spitze ärgern
So hoch hinaus will Michel Zemp noch nicht. «Dieses Jahr sammeln wir vor allem Erfahrung und Daten.» Eigentlich wollte der Luzerner mit seinem neuen Geschoss schon Ende der vergangenen Saison erste Rennkilometer zurücklegen, doch die Umrüstung des Norma M20 FC von einem Zweiliter-Saugmotor zum 1.17-Liter-Turbo zog sich in die Länge. Erst Ende November erfolgte auf dem französischen Rundkurs Anneau du Rhin (AR 50/2023) das Roll-out. Vor dem Auftakt zur Schweizer Bergmeisterschaft am 8./9. Juni in Hemberg SG ist neben dem Bergrennen im österreichischen Rechberg am letzten April-Wochenende nur ein Test auf einem Rundkurs geplant, sagt Zemp. «Einfach damit ich vor dem ersten Bergrennen noch einmal im Auto gesessen bin. Wir werden erst im Verlauf des Jahres sehen, was mit diesem Auto möglich ist. In diesem Jahr kann ich, wenn überhaupt, wohl nur bei Rennen, bei welchen die pure Leistung allein nicht ausschlaggebend ist, für eine Überraschung sorgen.»
Dereinst sei es aber schon das Ziel, die Spitze in der Schweizer Bergmeisterschaft um Steiner oder den vormaligen Meister Eric Berguerand zu ärgern, sagt der 36-jährige Luzerner. 2019 und 2022 wurde Michel Zemp mit dem Norma M20 FC und Zweiliter-Saugmotor jeweils Vierter des Gesamtklassements, ehe er vergangene Saison wegen des Turbomotorprojekts pausierte.
Mit um die 400 PS beziffert Motorenbauer Flavio
Helfenstein das Potenzial des kleinen 1.17-Liter-Turbomotors im Heck des
Norma M20 FC. Damit sei man in dieser Rennwagenklasse unbestritten
vorne dabei. «Michel wird mit dem neuen Motor mehr Leistung haben als je
zuvor. Er soll sich nun erst einmal daran gewöhnen, ehe wir die Technik
weiter ausreizen», sagt Flavio Helfenstein. Er erwartet dieses Jahr
keine grossen Probleme mit dem Triebwerk, «aber passieren kann letztlich
immer etwas».
Entwicklung für die Zukunft
Der Motor hat noch Luft nach oben. «Es gibt, wie wir
sagen, sogenannt verstecktes Potenzial. Wir könnten die Leistung demnach
noch steigern», verrät Helfenstein. Fahrbarkeit und Zuverlässigkeit des
neuen Motors stimmten auf dem Prüfstand, sagt Helfenstein weiter, «nun
soll sich das Triebwerk in der Praxis bei Bergrennen bewähren». Denn die
Entwicklung eines solchen Motors sei nicht unproblematisch, mahnt er.
«Auf einer Rundstrecke könnten wir unzählige Runden drehen und so Daten
sammeln und den Motor entsprechend anpassen. Aber Bergrennen gibt es
wenige, die Trainings- und Rennläufe und somit die Anzahl
Erfahrungskilometer sind begrenzt. Das macht die Entwicklung eines
solchen Motors nicht einfach. Wobei wir wegen der Komplexität im
Bergrennsport eigentlich nicht von einem Motor sprechen. System zum
Antrieb ist treffender.»
Es ist angerichtet, entsprechend kribble es nun, verrät
Michel Zemp bei der Präsentation seines stärkeren Boliden. Umso mehr,
als man die lange Wartezeit noch anderweitig genützt habe. «Wir haben
uns schliesslich noch dazu entschieden, die herkömmliche Kupplung gegen
eine Fliehkraftkupplung auszutauschen, wie sie auch Marcel Steiner in
seinem Auto hat. Bei einem Start komme ich also künftig mit immer
derselben Performance aus den Startlöchern.» Aber nun müsse auch noch
die Feineinstellung der Fliehkraftkupplung vorgenommen werden.
Ohne synthetischen Treibstoff
Als die AUTOMOBIL REVUE im Mai vergangenen Jahres (AR
20/2023) erstmals über das Motorenprojekt von Michel Zemp und Helftec
Engineering berichtete, sollte der 1.17-Liter-Turbomotor dereinst noch
mit synthetischem Treibstoff laufen. Zemp sieht nun aber davon ab: «Zum
einen aus Kostengründen, andererseits läuft in diese Richtung zu wenig
im Schweizer Rennsport, obwohl Steiner bewiesen hat, dass man auch mit
synthetischem Treibstoff den Titel holen kann.»