Seine Titelambitionen in der Schweizer Bergmeisterschaft hatte Robin Faustini in der Vergangenheit oft angemeldet. Die letzten drei Championnats 2019, 2022 und 2023 (2020 und 2021 wurde wegen der Pandemie keine Berg-SM gefahren) beendete der 26-jährige Aargauer jeweils auf dem dritten Gesamtrang – immer hinter dem Duo Eric Berguerand und Marcel Steiner. In jenen Jahren gab es insgesamt 24 Meisterschaftsläufe, bei welchen Faustini total 14-mal als Zweiter oder Dritter auf dem Podest stand – und immer hatte er dabei entweder Steiner oder Berguerand oder sogar beide vor sich. Dieses Jahr wird sich das wohl ändern. Eric Berguerand gab schon vor dem Saisonstart aus Budgetgründen Forfait, Marcel Steiner reiste beim Saisonauftakt zur Schweizer Bergmeisterschaft in Hemberg SG schon am Vorabend des Renntages ab (s. Artikel rechts). Also holte sich – in Anbetracht der Geschichte der letzten Jahre fast logisch – Robin Faustini den Sieg. Schon in der Vergangenheit betonte er im Kampf gegen die beiden Giganten oft: «Du musst bereit sein, wenn deine Chance kommt.»
Faustini war an diesem Sonntag bereit. Er war der einzige Pilot, der die 1.75 Kilometer kurze Strecke in unter 53 Sekunden meisterte. Die 52.32 Sekunden des ersten Rennlaufs bedeuteten denn auch Rekord. Er löschte damit die Bestmarke von 52.91 Sekunden von – na klar! – Berguerand aus dem Jahr 2022 aus. Faustini ist auf der neuen Hemberg-Strecke (seit 2012) der erste Tagessieger, der nicht – na klar! – Berguerand oder Steiner heisst.
Von Faustini darf man diese Saison noch den einen oder
anderen Coup erwarten. Der Aargauer ist angekommen in seinem neuen
Rennwagen, einem Nova NP01 (s. AR 15/2024). Den Osella FA30 aus den
vergangenen Jahren fährt Simon Hugentobler, in Hemberg Gesamtfünfter.
«Ich bin vor Hemberg drei Rennen im Ausland gefahren. Nun fühle ich mich
wohl in meinem neuen Auto. Ich habe Vertrauen aufgebaut – in das Auto,
in den Motor, in die Elektronik. Ich bin angekommen.»
Ein Konkurrent lauert
Faustini dürfte aber im Verlauf der Berg-SM noch einen
nahmaften Konkurrenten beim Kampf um den Tagessieg bekommen: Thomas
Amweg. Der Aargauer fuhr in der Vergangenheit Formel-Rennwagen. Auf
diese Saison hin nahm er wie Faustini in einem Sportprototyp Platz, wie
Faustini in einem Nova NP01 (s. AR 16/2024). Amweg blieb in Hemberg als
Gesamtvierter noch hinter den Erwartungen: «Die Umstellung von einem
Formel- auf einen Sportwagen ist schwieriger als gedacht. Das Auto ist
breiter, aber das ist nur ein Faktor. Ich muss noch dazulernen.» Schon
beim übernächsten Rennen, bei seinem Heimrennen in Reitnau AG, möchte er
ein Wörtchen um den Tagessieg mitreden. Das traut sich Routinier Amweg
auch zu. «Wenn du in einem solchen Auto sitzst, willst du nicht nur
mitfahren», sagte Amweg schon vor der Saison.
Einer, der ebenfalls umrüstete und sich deshalb nach
einem Jahr Pause zurückmeldete, war Michel Zemp. Der Norma M20 FC des
Luzerners bekam einen neuen 1.17-Liter-Turbomotor aus der
Motorenschmiede Helftec verpasst, damit reichte es in Hemberg gleich zu
Gesamtrang zwei, rund drei Sekunden hinter Faustini. «Ich bin sehr
zufrieden in Anbetracht dessen, dass ich vor der Saison kaum mit dem
neuen Triebwerk getestet habe. Aber da geht noch etwas, ich brauche noch
Zeit, um mich an den Turbomotor zu gewöhnen», sagte Zemp. In Hemberg
war er im Vergleich zu seiner Bestzeit von 2022 über dreieinhalb
Sekunden schneller. «Aber es reicht vermutlich nicht, um Faustini im
Verlauf der Saison an der Spitze ernsthaft zu bedrängen.»
Dritter in Hemberg war Joel Burgermeister. Er kam wie
in der Vergangenheit mit seinem Tatuus-Formel 4: «Nebst dem neuen
Anstrich habe ich das Auto weiter optimiert.» Er verbesserte seine beste
Laufzeit im Vergleich mit dem Vorjahr um rund eineinhalb Sekunden,
verlor aber im Gesamtklassement auf Faustini rund 4.2 Sekunden. Seine
grösste Herausforderung seien die Pneus. Weil er nur über älteres
Material verfüge, habe er sich auch nicht für Reitnau angemeldet.
Die schwierige Rolle des Gejagten
Schnellster Tourenwagenpilot in Hemberg war Roger
Schnellmann. Dass mit Reto Meisel neben Marcel Steiner ein weiterer
Konkurrent vorzeitig aus Hemberg abreisen musste, enttäuschte
Schnellmann: «Ich ziele nicht primär auf den Titel bei den Tourenwagen
ab. Ich will coole Fights, und die hatte ich jeweils mit Meisel.»
Schnellmann hofft deshalb auf ein Comeback des Schweizer Meisters von
2022. Der Tourenwagen-Champion des vergangenen Jahres heisst Bruno
Sawatzki. Er stand in Hemberg wieder mit seinem Porsche 991.1 Cup am
Start. «Ich tue mich noch etwas schwer mit der Rolle des Gejagten»,
sagte der Liechtensteiner schmunzelnd. Ein Gefühl, das ihm Steiner
bestätigt habe. Die Konkurrenz um den Bergpokal für Autos bis zwei Liter
Hubraum wird nach Hemberg von Titelverteidiger Stephan Burri in einem
VW Scirocco (Kategorie IS bis 2000 cm3) und Danny Krieg in einem VW Golf
Rallye (E1 bis 2000 cm3) angeführt. Sie hatten beim Saisonauftakt in
ihren Kategorien die meisten Gegner.
Zwei Meister müssen über die Bücher
Marcel Steiner und Reto Meisel waren zwar in Hemberg, standen aber am Sonntag trotzdem nicht am Start. Am Samstagabend hatte Steiner seinen Lobart-Helftec/Honda nach dem Trainingstag für die Heimreise bereits im riesigen Truck verstaut. «Ich weiss nicht, was los ist. Der Motor hat einfach keine Leistung», meinte der sichtlich enttäuschte Berner. Auch der Mercedes 340 SLK von Meisel stand nicht mehr beim Teamtruck. «Ich habe bei einer Kurve vermutlich zu spät gebremst und bin vorne rechts eingeschlagen. Die Aufhängung, der Radkasten und der Unterboden sind kaputt», erklärte der Aargauer. Marcel Steiner, sechsfacher und amtierender Schweizer Bergmeister bei den Rennsportwagen, und Reto Meisel, 2022 Titelgewinner bei den Tourenwagen, müssen ihre Ambitionen für die noch junge Saison begraben.
Beide haben eine sehr unruhige Zeit hinter sich. Steiner fehlte bei der Vorbereitung vor allem Zeit, weil Lobart, der italienische Hersteller von Karbonfaser-Bauteilen, erst Anfang April eine neue Karosserie präsentierte, deren Aerodynamik Steiner nicht überzeugte (s. AR 23/2024). Meisel spricht von einem «Horrorjahr», das hinter ihm liege, vor allem der Tod seines Vaters Hansruedi im Januar nahm ihn mit. Zudem war auch die Vorbereitung auf die Saison schwierig: «Wir hatten schon beim Bergrennen im österreichischen Rechberg Ende April technische Probleme. Hier in Hemberg streikte der Anlasser erneut.»
Die beiden Meister müssen über die Bücher. Ob Steiner 2024 nochmals antritt, ist ungewiss. Beim Bergrennen dieses Wochenende in La Roche FR fehlt er, Ende Juni in Reitnau ebenso, weil er das Auto für Showzwecke an Lobart abtritt. Beim Comeback des Bergrennens im Aargau möchte Meisel aber dabei sein: «Mal schauen, ob wir den SLK für mein Heimrennen reparieren können.» In der Garage steht noch ein anderes Auto. WHJ
Resultate
Schweizer Bergmeisterschaft. 1. Lauf, Hemberg SG. Strecke: 1.758 km, Höhendifferenz 157 m, durchschnittliche Steigung 8.94 %. Gesamtklassement: 1. Robin Faustini, Nova NP01.2-Emap Turbo, 1:44.85 Minuten (Total zwei beste von drei Laufzeiten). 2. Michel Zemp, Norma M20 FC-Helftec, 1:47.12. 3. Joel Burgermeister, Tatuus-F4 Evo, 1:49.07. 4. Thomas Amweg, Nova NP01.2-Helftec, 1:49.35. 5. Simon Hugentobler, Osella FA30, 1:53.01. 6. Lionel Ryter, Tatuus-Renault 2.0, 1:54.62. 7. Roland Bossy, Tatuus-F2, 1:56.37. 8. Roger Schnellmann, Mitsubishi Evo 8-J-Spec, 1:57.23. 9. Jeremy Noirat, Norma M20 F, 1:58.68. 10. Christian Balmer, Tatuus-FM, 1:58.76. 11. Thomas Kessler, Mitsubishi Evo, 1:59.98. 12. Antonio Scolaro, Nova NP03, 2:01.77. 13. Danny Krieg, VW Golf Rallye, 2:01.94. 14. Simon Wüthrich, VW Golf Turbo, 2:02.31. 15. Bruno Sawatzki, Porsche 991.1 Cup, 2:02.46. 16. Hermann Bollhalder, Opel Speedster Egmo, 2:02.48. 17. Peter Amann, Osella PA2000, 2:03.01. 18. Henri Schmidt, Formel Renault FR 2.0, 2:03.85. 19. Frédéric Neff, Porsche 997 GT2 Cup, 2:04.13. 20. Willi Jenni, Porsche 997 GT3 Cup, 2:04.47. 21. Markus Bosshard, Dallara F3, 2:04.60. 22. Stephan Burri, VW Scirocco, 2:05.11. 23. Jean-Paul Chiquita, Porsche GT3 Cup RPM, 2:05.41. 24. Sébastien Coquoz, Opel Kadett GTE, 2:05.45. 25. Mario Minichberger (D), BMW 2002 Gr. 5, 2:05.53. 26. Patrick Flammer, Opel Astra TCR, 2:06.49. 27. Marco Geering, Opel Kadett C GT/E, 2:07.11. 28. Romeo Nüssli, Ford Escort Cosworth, 2:07.13. 29. Patrick Hedinger, Peugeot 205 GTI, 2:07.37. 30. Lilian Bittel, Tatuus-Renault, 2:07.59. – 166 Fahrer klassiert.
Kategorien. Historisch bis 2000 cm3 (3 Fahrer gestartet): 1. Armin Buschor, BMW Heidegger, 2:22.10 Minuten (Total zwei beste aus drei Laufzeiten). – Superserie Competition (SS) bis 3000 cm3 (3): 1. Roland Graf, Toyota GR Yaris, 2:16.65. – SS über 3000 cm3 (2): 1. Speedmaster, McLaren 765 LT, 2:11.37. – Super S bis 4000 cm3 (1): 1. Sylvain Chariatte, Honda Integra Type-R, 2:25.74. – Renault Classic Cup (8): 1. Michael Schläpfer, Renault Clio 3 Cup, 2:16.19. 2. Thomas Zürcher, Renault Clio 3 RS Cup, 2:17.08. 3. René Schnidrig, Renault Clio 3 Cup, 2:17.98. – Interswiss (IS) bis 1400 cm3 (7): 1. Stephan Moser, Toyota Yaris, 2:12.72. 3. Andreas Helm, VW Polo 1, 2:12.93. 3. Stefan Schöpfer, Audi 50, 2:13.26. – IS bis 1600 cm3 (9): 1. Jannis Jeremias, VW Polo, 2:09.25. 2. Christophe Oulevay, VW Scirocco, 2:12.74. 3. Rolf Jungi, Citroën Saxo RS, 2:16.66. – IS bis 2000 cm3 (18): 1. Stephan Burri, VW Scirocco, 2:05.11. 2. Marco Geering, Opel Kadett C GT/E, 2:07.11. 3. Arnaud Donzé, VW Golf HPR, 2:08.09. – IS bis 2500 cm3 (7): 1. Armin Banz, Opel Kadett C 16V, 2:08.74. 2. Urs Banz, Opel Ascona B 16V, 2:12.95. 3. Harry Eberle, Opel Kadett C, 2:13.53. – IS über 2500 cm3 (6): 1. Bruno Sawatzki, Porsche 991.1 Cup, 2:02.46. 2. Jean-Paul Chiquita, Porsche GT3 Cup RPM, 2:05.41. 3. Vanessa Zenklusen, Subaru Impreza Type-R, 2:09.25. – E1 bis 1400 cm3 (4): 1. Beat Zimmermann, VW Polo 2 16V, 2:15.44. – E1 bis 1600 cm3 (7): 1. Hans-Peter Eller (D), Opel Kadett Coupe, 2:12.66. 2. Jean-François Chariatte, Fiat X1/9, 2:12.88. 3. Martin Bächler, VW Lupo, 2:15.00. – E1 bis 2000 cm3 (23): 1. Danny Krieg, VW Golf Rallye, 2:01.94. 2. Sebastien Coquoz, Opel Kadett GTE, 2:05.45. 3. Mario Minichberger (D), BMW 2002 Gruppe 5, 2:05.53. – E1 bis 2500 cm3 (3): 1. Benjamin Nicole, BMW 2002 ti, 2:14.07. – E1 bis 3000 cm3 (7): 1. Hermann Bollhalder, Opel Speedster Egmo, 2:02.48. 2. Marco Thöny, Lancia Delta S4, 2:09.01. 3. Jérôme Nicolet, Peugeot 308 Racing Cup, 2:11.04. – E1 bis 3500 cm3 (8): 1. Simon Wüthrich, VW Golf Turbo, 2:02.31. 2. Mario Bertocchi, BMW E36, 2:09.19. 3. Bruno Ianniello, Lancia Delta S4, 2:09.60. – E1 bis 4000 cm3 (5): 1. Roger Schnellmann, Mitsubishi Evo 8-J-Spec, 1:57.23. 2. Thomas Kessler, Mitsubishi Evo, 1:59.98. 3. Willi Jenni, Porsche 997 GT3 Cup, 2:04.47. – E1 über 4000 cm3 (3): 1. Frédéric Neff, Porsche 997 GT2 Cup, 2:04.13. – TCR (4): 1. Patrick Flammer, Opel Astra TCR, 2:06.49. – E2-Singleseater (SS) bis 1600 cm3 (2): 1. Christian Müller, Formel BMW-FB02, 2:14.56. – E2-SS bis 2000 cm3 (10): 1. Joel Burgermeister Tatuus-F4 Evo, 1:49.07. 2. Lionel Ryter, Tatuus Evo-Renault 2.0, 1:54.62. 3. Roland Bossy, Tatuus-F2, 1:56.37. – E2-SS über 2000 cm3 (2): 1. Simon Hugentobler, Osella FA30, 1:53.01. – E2-Sportcars (SC) bis 2000 cm3 (3): 1. Michel Zemp, Norma M20 FC-Heftec, 1:47.12. – E2-SC bis 3000 cm3 (3):1. Robin Faustini, Nova NP01.2-Empa Turbo, 1:44.85.
Nächster Lauf: Bergrennen La Roche–La Berra FR, 15./16. Juni 2024.