Berg-SM – Auch in Anzère ist Faustini «unstoppable»
Christian Eichenberger | 14.07.2025
Robin Faustini fährt zurzeit mit einer Lässigkeit und Selbstverständlichkeit in der Schweizer Bergmeisterschaft von Sieg zu Sieg. Auch in Anzère war der aktuelle Meisterschaftsleader nicht aufzuhalten. Den alten Streckenrekord verbesserte er gleich um 1.63 Sekunden.
Schnellster Zweiliter-Pilot: Victor Darbellay
2016 hat die australische Sängerin «Sia» den Welthit «Unstoppable» gelandet. Darin singt sie: «Ich bin nicht aufzuhalten, ich bin ein Porsche ohne Bremsen, ich bin unbesiegbar, yeah, ich gewinne jedes einzelne Duell!»
Okay, Robin Faustini fährt in der Schweizer Berg-Meisterschaft keinen Porsche, dafür einen knapp 600 PS starken Nova-Proto mit einem Turbo-Motor von Emap. Mit diesem lässt er die Konkurrenz zur Zeit ziemlich alt ausschauen. Auch in Anzère, beim vierten Lauf zur diesjährigen Meisterschaft, war er «unstoppable».
Robin Faustini (Mitte): Derzeit nicht zu stoppen
Das musste auch Thomas Amweg neidlos anerkennen. Nach dem zweiten Lauf meinte der Markenkollege von Faustini: «Nach vorne ist nichts zu machen. Deshalb hätte ich jetzt nichts gegen einen Regenschauer…» Und als ob Petrus seine Gebete erhört hätte, begann es pünktlich zum Start des letzten Laufes bei den Formel- und Rennwagen zu regnen. Nicht lange, aber es reichte, und der dritte Lauf wurde nicht mehr gestartet.
Amweg lag zu diesem Zeitpunkt in der Addition der beiden ersten Läufe mit seinem Nova-Helftec auf Rang 2. Dem nur drei Zehntelsekunden dahinterliegenden Joël Volluz (Norma-Judd) waren die Hände gebunden. Ein Angriff auf Amweg kam nicht mehr zustande.
Auch Marcel Steiner, der in der Pause vor dem dritten Lauf noch fleissig seine Reifen säuberte, hatte keine Gelegenheit mehr, seine Zeit zu verbessern. Mit knapp einer Sekunde Rückstand auf Volluz musste er sich wie schon in La Roche mit dem undankbaren vierten Gesamtrang zufrieden geben. Immerhin: Der Abstand auf Marken- und Motorenkollege Amweg ist kleiner geworden.
Thomas Amweg
Für den am Freitag 50 Jahre alt gewordenen Steiner ist das aber nur ein kleiner Trost. «Bis jetzt ist die Saison nicht so gelaufen, wie wir das gerne hätten», meinte der Jubilar. «Wenigstens hatten wir keine technischen Probleme wie in Reitnau. Aber wir müssen hart arbeiten, wenn wir weiter nach vorne kommen wollen. Auch ich habe im zweiten Lauf zu viele Fehler gemacht. Das summiert sich auf einer solchen Strecke.»
Erst recht, wenn einer wie Faustini vorne wirklich nicht aufzuhalten ist. Schon im dritten Trainingslauf am Sonntagmorgen lehrte er der Konkurrenz das Fürchten. In 1:22.8 watschte der 27-Jährige Suhrer mit einem inoffiziellen Streckenrekord seine Gegner ab, bevor es überhaupt richtig ernst wurde. Und das mit Reifen, die schon einige Kilometer auf der Lauffläche hatten.
Und es ging noch schneller. Den ersten Rennlauf absolvierte Faustini mit seinem Nova-Emap (diesmal mit neuen Reifen) in 1:22.616 min. Damit verbesserte er den bisherigen Streckenrekord von Eric Berguerand aus dem Jahr 2022 um 1.63 Sekunden. «Der Unterschied zwischen neuen und alten, respektive angefahrenen Reifen ist auf dieser Strecke nicht sehr gross», analysierte Faustini seine zweite Rekordzeit in diesem Jahr nach Reitnau. «Ich glaube, ich hätte auch mit den gebrauchten Reifen aus dem letzten Trainingslauf einen neuen offiziellen Rekord gefahren. Dieser wäre vielleicht zwei, drei Zehntel langsamer gewesen.»
In der Addition der beiden Läufe hatte Faustini am Ende 2.92 Sekunden Vorsprung auf Amweg. Dieser meinte mit Blick auf die Dominanz des inzwischen dreimaligen Saisonsiegers: «Robin und sein Auto sind eine Einheit. Da passt einfach alles zusammen. Und sein Selbstvertrauen nimmt von Sieg zu Sieg zu.»
Hinter den Top 4 landete mit Victor Darbellay der schnellste Zweiliter-Pilot auf Rang 5. Ein Ausrutscher am Samstag bereitete ihm ein paar Überstunden. Ansonsten war der Walliser auf seiner Heimstrecke klar überlegen. Dem Sechstplatzierten Michel Zemp brummte er im direkten Duell der schnellsten Zweiliter-Piloten fast dreieinhalb Sekunden auf.
«Ich bin zufrieden mit meiner Leistung», meinte Darbellay, der zuletzt zwei Mal Gesamtdritter wurde. «Nach vorne konnte ich auf dieser Strecke, wo die Leistung halt doch sehr wichtig ist, gegen die Dreiliter-Autos nichts ausrichten.»
Hinter Darbellay und Zemp war einmal mehr Lionel Ryter mit seiner «Eva» (so nennt er seinen Formel Renault 2.0) schnellster Formelpilot. Damit die Rekordzeit von Faustini nochmals eingeordnet werden kann, sei an dieser Stelle erwähnt, dass Ryter für die dreieinhalb Kilometer von Ayent nach Anzère 19 Sekunden länger braucht. Und das, obwohl auch er stets mit dem Messer zwischen den Zähnen fährt. Abgerundet wurde die Top 10 durch Roland Bossy (Tatuus Formel 2), Philip Egli (Dallara F393) und Frédéric Fleury (Dallara F302).
Simon Wüthrich
Bei den Tourenwagen liegt Simon Wüthrich vorn
Schnellster Tourenwagenpilot war Simon Wüthrich mit seiner VW-Golf-Turbiene in 3:20.517 min. Im dritten Lauf knackte er als einziger Fahrer mit einem Dach überm Kopf die 1:40er-Marke. Noch am Samstag rätselte der Langnauer. «Ich bin viel zu langsam. Mir fehlen mindestens zwei bis drei Sekunden.» Selbst nach zwei Läufen lag Wüthrich noch hinter Hermann Bollhalder, der mit seinem Opel Speedster vor allem im ersten Lauf in 1:40.5 min eine sagenhafte Zeit fuhr.
Hermann Bollhalder
Im dritten und entscheidenden Durchgang konnte Wüthrich dann aber doch noch an Bollhalder vorbeiziehen. Platz 3 bei den Tourenwagen ging an Reitnau-Sieger und Wüthrich-Markenkollege Danny Krieg, der nach Anzère nun alleiniger Führender im Berg-Pokal ist. Vierter wurde Jean-Paul Chiquita (auf seinem Porsche GT3 Cup), Platz 5 sicherte sich Martin Oliver Bürki im BMW 320is.
Schon nach dem ersten Rennlauf packte der bisherige Tourenwagenleader Stephan Burri zusammen. 200 Meter vor dem Ziel schlug er mit seinem VW Scirocco in der Leitplanke ein und drehte sich. «Der Schaden ist ziemlich gross», bilanzierte er am Sonntagabend von Zuhause aus. «Und ich ärgere mich. Ich bin mir sicher, dass ich einen neuen Rekord aufgestellt hätte. Aber manchmal sind es eben ein paar Millimeter, die über Sieg und Niederlage entscheiden.»
Stephan Burri: Unfall im ersten Lauf
Renault Classic Cup: Zürcher holt sich den Tagessieg
Den Sieg im Renault Classic Cup (bis 2 Liter) sicherte sich wie schon in Reitnau Thomas Zürcher vor Michael Schläpfer und Philip Krebs. Schnellster REG-Pilot im Wallis war Roberto Nicola (Peugeot 205) vor Patrick Jakober (VW Golf) und Claudio Grispino (Renault 5 Williams).
Thomas Zürcher
So geht es weiter in der Schweizer Bergmeisterschaft