Die Rallye Dakar ruft

Jean-Claude Schertenleib | 21.12.2023

Rallye-Raid Drei Schweizer Teams gehen bei der Rallye Dakar 2024 
an den Start. Sie führt über fast 7900 Kilometer durch Saudi-Arabien.

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Jérôme de Sadeleer bei der Rallye Dakar 2022. 2024 startet er wieder mit Ambitionen.

Geliebt, gehasst, mehrfach umgezogen, von Westafrika erst nach Südamerika und 2020 schliesslich nach Saudi-Arabien. Die Rallye Dakar 2024 führt ab 5. Januar fast 7900 Kilometer durch das Wüstenland, davon mehr als 4700 Kilometer über Wertungsprüfungen. Besondere Herausforderung: eine 48-Stunden-Marathonetappe. Trotz dieser Belastungen für Menschen und Material ist die Dakar immer noch attraktiv. Für Werksteams, aber auch für private Enthusiasten, die das Abenteuer ihres Lebens erleben wollen. Motorsportler, die sich in den Wettkampf stürzen und jedes Mal wiederkommen wollen. Selbst wenn sie ein paar Tage zuvor, nach stundenlangem Sandschaufeln, geschworen haben, nie wieder anzutreten.

Beispiel Alexandre Pesci. Der in St-Sulpice VD ansässige Industrielle unterstützte über seine Uhrenmarke Rebellion ein ehrgeiziges Projekt in der Langstrecken-Weltmeisterschaft, das für viel Aufsehen sorgte. Vor Jahren beschloss er, sich einer anderen Herausforderung zu stellen. An der Rallye Dakar 2024 wird er selbst am Steuer sitzen, Co-Pilot ist sein langjähriger Freund Stephan Kühni. Die beiden Männer, die 2020 den 43. und 2022 den 53. Platz belegten, starten nun erneut mit einem Toyota Hilux. Vor einigen Tagen testete das Team Rebellion Racing in der Wüste von Dubai. Um wieder in die Gänge zu kommen. Oder in den Sand ...

Auch Jérôme de Sadeleer ist ein Fahrer, den es zur Rallye Dakar zurückzieht. Autos gehören zur DNA der Familie de Sadeleer. Jérôme wurde 2021 Meisterschaftszweiter der britischen Formel Radical, bevor er 2022 erstmals zur Rallye Dakar antrat. Dabei lernte er mit grossen mechanischen Problemen gleich die Tücken einer Rallye dieses Formats kennen. Er landete trotzdem auf dem 22. Platz der Kategorie der wendigen und schnellen doppel­sitzigen Wüstenbuggys (SSV), nachdem er in einigen Wertungsprüfungen sogar Top-Ten-Platzierungen erzielt hatte.

Das Wunder von Portimão

2023 wollte er wieder antreten, doch ein Rennunfall vereitelte den Plan. In Portimão (P), beim Finale des European Le Mans Cup in der Klasse LMP3, musste de Sadeleer im September 2022 zwei Autos ausweichen. Sein Ligier JS P320 krachte in die Boxenmauer, das Rennen wurde mit der roten Flagge abgebrochen: «Ein Aufprall von 30 g», sagt de Sadeleer. «Ich hatte mich für die Dakar 2023 angemeldet, aber körperlich war ich nicht bereit.» Er fährt in der Saison in den Asian Le Mans Series, immer noch in der LMP3-Klasse, aber das Ziel Dakar blieb.

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Alexandre Pesci und Stephan Kühni sind mittlerweile Stammgäste der Rallye Dakar.

Jetzt startet er wieder. An seiner Seite im Can-Am Maverick der erfahrene Franzose Michaël Metge: «Wir sind konkurrenzfähig. Die Erfahrung, die ich 2022 gesammelt habe, wird mir helfen.» Das Ziel? «Eine Etappe zu gewinnen und auf das Podium zu fahren», gibt sich der gebürtige Gstaader ambitioniert. Die Strecke ist schwierig: «Es wurden Marathonetappen hinzugefügt, was zusätzliche Schwierigkeiten bedeutet. Dafür wird es mehr Rundstrecken geben, jedoch weniger Verbindungen.» Das Schlimmste seien bei der Rallye Dakar nicht die Sonderprüfungen, sondern die Strecken zwischen Zeitmessungssektor und Biwak.

Der Landwirt aus Choulex

Dritter Teilnehmer aus der Romandie ist Cédric Goumaz, 40 Jahre alt und Landwirt in Choulex GE. Besonderes Merkmal: Die Rallye Dakar 2024 wird seine erste Marathonrallye sein, die er am Steuer eines 450 PS starken MD Optimus Buggy bestreiten wird. «Ich war schon immer ein begeisterter Motorsportler», sagt Goumaz. Vor etwa 15 Jahren gönnte er sich mehrere Tage auf Rennstrecken, entdeckte die Midget-Serie und lernte den vierfachen Tourenwagen-Weltmeister Yvan Muller kennen. «Wir haben gemeinsam den Grundstein für das Team M-Racing gelegt. Aber mein Beruf hatte immer Vorrang.»

Trotzdem – da war immer sein Traum: die Dakar. «Wie viele Leute meiner Generation habe ich als Kind die Bilder der Rallye abends im Fernsehen nicht verpasst. Ja, es war ein Traum. Und er ist es immer noch.» Nun realisiert er ihn, ein Auslöser war der Tod seines Vaters. «Ich habe mir gesagt, dass ein Traum auch dazu da ist, ihn wahr werden zu lassen», erklärt der Genfer. Eines Tages traf er zufällig auf Rémy Vauthier, der 2019 und 2020 an der Rallye Dakar teilgenommen hatte: «Er suchte einen Platz, um seinen Anhänger für ein paar Monate abzustellen. Als er mir das Zauberwort Dakar nannte, war der Deal perfekt.»

Goumaz feiert doppelte Premiere: «Ich bin nicht nur Dakar-Rookie, sondern auch ein Rookie des Rallye-Raid. Ich weiss, es ist nicht besonders klug, ohne jede Erfahrung an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen, aber es ist eine einmalige Chance.» Also springt er ins kalte Wasser: «Egal, wie es herauskommt, ich wage lieber ein Abenteuer und bin glücklich – anstatt an weniger harten Prüfungen teilzunehmen und herauszufinden, dass es nie eine Rallye Dakar für mich geben wird.» 

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Cédric Goumaz: Der Bauer aus dem Kanton Genf erfüllt sich im Januar 2024 einen lang gehegten Traum.

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Fotos: Privatbilder de Sadeleer, Goumaz, Dumas

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