Grand Prix von China Fernando Alonso ist zweifacher Weltmeister. Ein dritter Titel scheint möglich – 2026, wenn der Spanier auf die Fünfzig zusteuert.
Fernando Alonso: Als Siebter holte er beim Grand Prix von China erneut Punkte.
Machtdemonstration die nächste, zugleich die erste für den Formel-1- Weltmeister in China. Beim Comeback der Königsklasse in Shanghai erlebt Red-Bull-Pilot Max Verstappen mit dem Sieg im Sprint, der Poleposition und dem überlegenen Erfolg beim Grand Prix ein perfektes Wochenende. Fast perfekt, denn einer stahl dem Niederländer die schnellste Rennrunde: Fernando Alonso. Der Altmeister bleibt dem Grand-Prix-Zirkus noch mindestens bis Ende 2026 erhalten. Eine gute Nachricht für den Sport und die Fans.
Eine weniger gute für die Gegner. Denn auch noch mit 42, 43, 44, 45 oder 46 Jahren ist er zu Grossem fähig. Die Ambitionen von Lawrence Stroll, dem ehrgeizigen Besitzer von Aston Martin, sind nicht kleiner. Zusammen schmieden sie eine Allianz, die mit dem neuen Reglement den Traum vom Titel wahr machen soll.
Vielleicht ist es die Unschuldsmiene, die beim Pokern ebenso wie beim Rennfahren den Unterschied ausmachen kann. In 21 Formel-1-Jahren hat Fernando Alonso diesen Gesichtsausdruck perfektioniert. Ob er nun einen Kollegen auf der Piste brutal ausbremst oder mit einem ähnlichen Manöver auf dem Transfermarkt sich selbst befreit und alle anderen unter Zugzwang setzt – der Blick ist immer gleich und das Grinsen nach innen auch. Ein Mann, besessen vom eigenen Leistungsvermögen. Der ewige Fernando. A wie Alonso, 1 a als Alphatier.
«Boah, eine Menge Hingabe»
In Shanghai sitzt der Brite Lando Norris mit Alonso auf einem Sofa. Norris ist 24 Jahre alt und wird als Talent der Zukunft gehandelt. «Boah», sagt er, «das braucht schon eine Menge Hingabe. Aber ihm würde die auch keiner absprechen. Ich habe grossen Respekt vor Fernando, vermutlich ist er der Älteste weltweit, der in einem Topsport mitmischt.» Der älteste Formel-1-Sieger war der Italiener Luigi Fagioli mit 53 Jahren, das war in der Anfangszeit der Serie in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Charles Leclerc, 26 Jahre alt, und Ferraris Dauerhoffnung, gibt zu: «Es fällt schwer, mir vorzustellen, dass ich in 18 Jahren noch dabei bin.»
Ganz frisch dagegen die Denke Alonsos, als er erläutert, warum er bei Aston Martin bleibt: «An meiner Leistungsfähigkeit und Motivation zweifle ich nicht, deshalb musste ich sicherstellen, ein Team zu finden, dass diese Ambitionen teilt.» Mercedes wollte ihm nur einen Ein-Jahres-Vertrag mit Option geben, die Chance auf ein Cockpit bei Red Bull war zu vage. Also entschloss er sich, beim kanadischen Milliardär Stroll zu unterschreiben, einem ähnlichen Charakter wie er selbst: Kein Zweifel, alles auf Sieg. «Man überlegt schon, wenn es der wahrscheinlich letzte Vertrag ist, den man unterschreibt», gesteht Alonso, «aber andere Fahrer haben es sicherlich gerade schwerer. Für mich war es einfach, loyal zu sein, denn Aston Martin hat immer sein Wort gehalten.»
Ausblick 2026: Fernando Alonso hat gute Aussichten, FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem dürfte das freuen, Max Verstappen weniger (v. l.).
Aber es geht natürlich um mehr, viel mehr. Mit dem
Reglementwechsel 2026 kommt ein exklusiver Motor von Honda, dazu ein
Wundersprit des Hauptsponsors aus Saudi-Arabien, die neue Rennfabrik und
den dazugehörigen Windkanal in Silverstone (GB) gibt es bereits.
Alonsos Hoffnung, wieder zum König der Königsklasse zu werden, scheint
berechtigt. «Ich sehe die Möglichkeit einer Chance, Red Bull
abzufangen», sagt der Mann aus Oviedo (E), «wir werden ein starkes Team
haben, und ich bin stolz darauf, ein Teil davon zu sein. Ich möchte die
Reise, die ich im letzten Jahr angetreten habe, fortsetzen. Denn sie hat
mich glücklich gemacht.»
Endlich ist er wieder der Dreh- und Angelpunkt eines
Rennstalls. Was für eine Genugtuung nach den gescheiterten Anläufen bei
Mercedes und Ferrari, die dem 32-fachen Rennsieger den Ruf eingebracht
haben, extrem schwierig im Umgang zu sein. Auch den künftigen Partner
Honda hatte er früher öffentlich über Boxenfunk beschimpft. Die Japaner
sagen heute, sie hätten den Frust überwunden. Aston Martin fragte eigens
bei Honda an, ob eine Vertragsverlängerung mit Alonso ein Problem wäre.
War es nicht. Der Automobilhersteller will nach den Red-Bull-Jahren
erneut Weltmeister werden und weiss, dass er mit Alonso im Erfolgsfall
noch besser zur Geltung käme. Ein bekennender Samurai im Cockpit ist
eine Art Zusatzantrieb. Wer sonst, ausser vielleicht dem kommenden
Ferraristi Lewis Hamilton (noch 39), käme auf die verwegene Idee, als
Mitglied der Ü40-Fraktion eine neue Ära starten zu wollen?
Es geht immer nur um das eine
Schon jetzt kommt Alonso, der am Ende der Saison 400
Formel-1-Rennen auf dem Buckel haben wird, Klassen besser mit dem noch
zickigen grünen Rennwagen klar als sein 17 Jahre jüngerer Teamkollege.
Er verneint aber vermeintlich bescheiden, dass alles auf ihn
zugeschnitten werde: «Ich fahre nur anders, umschiffe die Probleme des
Autos.» Kamerad Lance Stroll, der Sohn des Teamchefs, ist so frustriert,
dass er mit einem Wechsel ins Management liebäugelt. «Ich bin
vielleicht nicht ganz so sensibel wie er», sagt Alonso über den
Unterschied, und er versteht es als Kompliment an sich selbst. Die Sache
mit dem Geburtsjahrgang 1981 in seiner Fahrerlizenz ist kein Problem,
in der Formel 1 spielt das biologische Alter keine Rolle, es geht immer
nur um das eine: Bist du schnell genug?
Die Strolls: Papa Lawrence will mit Aston Martin den Titel,...
...Sohn Lance könnte Manager werden.
Fotos: Aston Martin, Red Bull, Sauber
Resultate
Grand Prix von China
Shanghai, 5. von 24 Läufen: 1. Max Verstappen (NL), Red Bull-Honda, 56 Runden zu 5.451 km (=305.066 km), 1:40:52.554 Stunden (=181.450 km/h). 2. Lando Norris (GB), McLaren-Mercedes, 13.773 Sekunden zurück. 3. Sergio Pérez (MEX), Red Bull-Honda, 19.160. 4. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 23.623. 5. Carlos Sainz (E), Ferrari, 33.983. 6. George Russell (GB), Mercedes, 38.724. 7. Fernando Alonso (E), Aston Martin-Mercedes, 43.414. 8. Oscar Piastri (AUS), McLaren-Mercedes, 56.198. 9. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, 57.986. 10. Nico Hülkenberg (D), Haas-Ferrari, 1:00.476 Minuten zurück. 11. Esteban Ocon (F), Alpine-Renault, 1:02.812. 12. Alexander Albon (T), Williams-Mercedes, 1:05.506. 13. Pierre Gasly (F), Alpine-Renault, 1:09.223. 14. Guanyu Zhou (CHN), Sauber-Ferrari, 1:11.689. 15. Lance Stroll (CDN), Aston Martin-Mercedes, 1:22.786. 16. Kevin Magnussen (DK), Haas-Ferrari, 1:27.533 (inkl. 10 Sekunden Strafe für Verursachung eines Unfalls). 17. Logan Sargeant (USA), Williams-Mercedes, 1:35.110 (inkl. 10 Sekunden Strafe für Verstoss während Safety-Car-Phase). – Ausfälle: Daniel Ricciardo (AUS), Racing Bulls-Honda (33. Runde, Folgeschäden Kollision); Yuki Tsunoda (J), Racing Bulls-Honda (26., Unfall); Valtteri Bottas (FIN), Sauber-Ferrari (19., Antrieb). – 20 Fahrer gestartet, 17 klassiert. – Schnellste Runde (+1 Punkt): Alonso, 45. Runde, 1:37.810 Minuten (=200.629 km/h). – Poleposition: Verstappen, 1:33.660 Minuten (=209.519 km/h).
Fahrer: 1. Verstappen, 110 Punkte (4 Saisonsiege). 2. Pérez 85. 3. Leclerc 76. 4. Sainz 69 (1). 5. Norris 58. 6. Piastri 38. 7. Russell 33. 8. Alonso 31. 9. Hamilton 19. 10. Stroll 9. 11. Tsunoda 7. 12. Oliver Bearman (GB), Ferrari, 6. 13. Hülkenberg 4. 14. Magnussen 1. – Konstrukteure: 1. Red Bull-Honda 195 (4). 2. Ferrari 151 (1). 3. McLaren-Mercedes 96. 4. Mercedes 52. 5. Aston Martin-Mercedes 40. 6. Racing Bulls-Honda 7. 7. Haas-Ferrari 5.
Nächster Lauf
Grand Prix von Miami (USA), 5. Mai 2024, 22.00 Uhr (MEZ).
Die Sauber-Statistik
Valtteri Botta GP: Ausfall (19. Runde, Antrieb; saisonübergreifend zehnter GP in Folge ohne Punkte). – Beste Platzierung im GP: 10. Platz (7./8. Runde). – Sprint: 12. Platz – Qualifikation: 10. Platz (bestes Resultat seit Las-Vegas-GP 2023, 8. Platz). Guanyu Zhou (Bild)GP: 14. Platz (saisonübergreifend zehnter GP in Folge ohne Punkte). – Beste Platzierung im GP: 13. Platz (38./39. Runde). – Sprint: 9. Platz. – Qualifikation: 16. Platz (bestes Resultat seit Mexiko-GP 2023, 10. Platz).