Grand Prix von Monaco Erneute Niederlage für Max Verstappen. Der Sieg von Ferraris Charles Leclerc in Monaco gibt dem Red-Bull-Piloten zu denken.
Der grösste Sieg: Charles Leclerc feiert mit dem Ferrari-Team seinen lange ersehnten Heimsieg beim Grand Prix von Monaco.
Von den letzten drei Rennen in der Formel 1 konnte Max Verstappen nur eines gewinnen. Das zeigt schon rein statistisch, dass den Rennstall Red Bull Racing zum Ende des ersten Saisonviertels der Mammutsaison eine echte Krise ereilt hat. Bewusst muss man das technische Malaise vom fahrerisch aussergewöhnlichen Niederländer trennen, denn der Titelverteidiger fährt seit Wochen in der Form seines Lebens, nur deshalb steht er immer noch da, wo er steht – mit einem Vorsprung von mehr als einem Sieg an der Spitze der WM-Wertung. Derweil haben die Zeitungen an der Côte d’Azur Ferraris Charles Leclerc nach dessen Sieg beim Heimrennen in Monaco bereits in den Adelsstand erhoben, sie titeln: «Charles 1er de Monaco». Aber bis ganz nach vorne sind es noch ein paar Etappen.
Einzelkämpfer Verstappen
Ausgerechnet das allerlangweiligste Rennen in Monaco seit Jahren, bei dem die ersten Zehn nach dem Neustart in der Startreihenfolge auch ins Ziel kamen, hat diese WM zusätzlich spannend gemacht. Endlich, endlich hat Leclerc den Fluch über seinem Heimrennen abgeschüttelt und mit einer tadellosen Leistung über das ganze Wochenende hinweg seinen sechsten Karrieresieg eingefahren. Der Ferrari-Pilot hat sich damit als erster Verfolger des Niederländers positioniert, und die Scuderia ist in der Konstrukteurswertung sogar schon bis auf 25 Zähler an Red Bull herangekommen – was allerdings auch einmal mehr am unglücklichen Sergio Pérez liegt. Verstappen wird abermals zum Einzelkämpfer, und er hat es dabei nicht nur mit dem roten Rennwagen zu tun, der bekanntermassen auf Strassenkursen besser zurechtkommt.
McLaren: Zum vierten Mal in Serie auf dem Podest, diesmal jubelte als Zweiter Oscar Piastri (r.), Lando Norris wurde Vierter.
McLaren: Zum vierten Mal in Serie auf dem Podest, diesmal jubelte als Zweiter Oscar Piastri.
Zum zweiten Mal in Folge war in Monaco Oscar Piastri
mit dem McLaren der Zweitschnellste im Qualifying. Der Australier und
sein Nebensitzer Lando Norris pushen sich gegenseitig. Das zeigt aber
auch einen Vorteil auf, den Verstappen haben könnte: Seine direkten
Konkurrenten, die allesamt Lunte gerochen haben, kannibalisieren sich.
Und dennoch wurde einmal mehr deutlich, dass in der zusammengerückten
Spitze alles möglich zu sein scheint in den restlichen zwei Dritteln der
Saison. «Wir haben bisher aus allen Rennen das Maximum herausgeholt»,
sagt Leclerc über die Ferrari-Taktik, sich kontinuierlich an die Spitze
heranzuarbeiten. Teamchef Frédéric Vasseur, mit dem zusammen er nach dem
Triumph übermütig ins Hafenbecken sprang, hat Ruhe in die Scuderia
gebracht und sie zugleich angestachelt.
Red Bull in der Defensive, das ist eine reizvolle
Spielart des aktuellen sportlichen Schicksals. Allerdings ist das
Malaise auch mit etwas Vorsicht zu geniessen, denn als einziges Topteam
hat das Team aus Milton Keynes (GB) noch kein grösseres Upgrade ans Auto
gebracht. «Wie ein Känguru», klagte Verstappen, sei sein Rennwagen über
die Strassen Monacos gehüpft. Schon in Miami (USA), aber auch in Imola
(I) war er höchst unzufrieden mit der Fahrzeugabstimmung.
Vielleicht ein Stück zu weit
Meist konnte der Niederländer, der bis vor ein paar
Wochen trotz allen Trubels in und um seinen Rennstall wieder wie ein
einsamer Favorit aussah, die Schwächen seines Autos immer noch mit dem
eigenen Können übertünchen. Diesmal aber war nichts mehr zu retten, auch
taktisch nicht – das Bummeltempo machte alle taktischen Alternativen
zunichte. Das Auto ist schwierig in Balance zu bringen, weil der
scheidende Designguru Adrian Newey einmal mehr ans technische Limit
gegangen ist. Vielleicht ein Stück zu weit. Aber das musste der Brite
auch, denn wie der erfolgreiche Angriff von Leclerc und der Sieg von
Lando Norris mit dem McLaren in Miami zeigten, haben die Angreifer im
dritten Jahr des Ground-Effect-Reglements rasend schnell aufgeholt.
Max Verstappen: Wohin geht es mit dem Weltmeister und dem Red-Bull-Team?
Max Verstappen: Wohin geht es mit dem Weltmeister und dem Red-Bull-Team?
Sergio Pérez: Die Überreste seines Red Bull nach dem Crash kurz nach dem Start.
Ferrari ist stark auf temporären Pisten, wie nun in
Montreal (Kanada) schon wieder eine auf dem Programm steht, und wo Red
Bull mit seinem harten und steifen Fahrwerk und der tiefen Fahrzeugfront
schon immer im Nachteil war. Die rote Göttin hat in langsamen Kurven
eine höhere Fahrzeughöhe, dadurch nimmt der aerodynamische Abtrieb nicht
ab, wenn es über die Kerbs geht – das Auto bleibt unverändert schnell.
Schon letztes Jahr in Las Vegas (USA) zeigte sich das deutlich, als
Verstappen eine Niederlage mit viel Geschick gerade noch abwendete. In
Australien, wo Carlos Sainz einen Ausfall von Verstappen zum Sieg
nutzte, kam Ferrari diese Charakteristik ebenfalls zupass.
Schwächen deutlich aufgezeigt
«Wir wissen, auf welchen Strecken unser Auto sich
schwertut, von denen kommen noch einige», resümiert Verstappen, «aber es
kommen auch wieder andere. Wenn es überhaupt etwas Positives gibt, das
wir von diesem Wochenende mitnehmen können», sagt der genervte Champion,
«dann ist es die Tatsache, dass uns unsere Schwächen deutlich
aufgezeigt worden sind. Jetzt wissen wir, woran wir arbeiten müssen.»
Seit zwei Jahren kämpfe er auf unebenen Pisten mit seinem Auto. «Solange
wir einen generellen technischen Vorteil hatten, konnten wir das
verbergen und haben an anderen Stellen wieder Zeit gutgemacht. Aber seit
uns die anderen nähergekommen sind, lässt sich das nicht mehr
verbergen.» Die Masken fallen in der Formel 1.
Sauber: Nun das einzige Team, das in diesem Jahr noch keine Punkte geholt hat.
Fotos: Ferrari, McLaren, Red Bull, Sauber
Resultate
Grand Prix von Monaco. Monaco, 8. von 24 Läufen: 1. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 78 Runden zu 3.337 km (=260.286 km), 2:23:15.554 Stunden (=109.013 km/h; GP nach Startunfall abgebrochen und neu gestartet). 2. Oscar Piastri (AUS), McLaren-Mercedes, 7.152 Sekunden zurück. 3. Carlos Sainz (E), Ferrari, 7.585. 4. Lando Norris (GB), McLaren-Mercedes, 8.650. 5. George Russell (GB), Mercedes, 13.309. 6. Max Verstappen (NL), Red Bull-Honda, 13.853. 7. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, 14.908. 8. Yuki Tsunoda (J), Racing Bulls-Honda, 1 Runde zurück. 9. Alexander Albon (T), Williams-Mercedes, 1 Rd. 10. Pierre Gasly (F), Alpine-Renault, 1 Rd. 11. Fernando Alonso (E), Aston Martin-Mercedes, 2 Runden zurück. 12. Daniel Ricciardo (AUS), Racing Bulls-Honda, 2 Rdn. 13. Valtteri Bottas (FIN), Sauber-Ferrari, 2 Rdn. 14. Lance Stroll (CDN), Aston Martin-Mercedes, 2 Rdn. 15. Logan Sargeant (USA), Williams-Mercedes, 2 Rdn. 16. Guanyu Zhou (CHN), Sauber-Ferrari, 2 Rdn. – Ausfälle: Esteban Ocon (F), Alpine-Renault (1. Runde, Unfall); Sergio Pérez (MEX), Red Bull-Honda (1., Unfall); Nico Hülkenberg (D), Haas-Ferrari (1., Unfall); Kevin Magnussen (DK), Haas-Ferrari (1., Unfall). – 20 Fahrer gestartet, 16 klassiert. – Schnellste Runde (+1 Punkt): Hamilton, 63. Runde, 1:14.165 Minuten (=161.979 km/h). – Poleposition: Leclerc, 1:10.270 Minuten (=170.957 km/h).
Nächster Lauf: Grand Prix von Kanada, Montreal, 9. Juni 2024, 20 Uhr (MEZ).
Die Sauber-Statistik
Valtteri Bottas (Foto) GP: 13. Platz (saisonübergreifend 13. GP ohne Punkte). – Beste Platzierung im GP: 13. Platz (51. Runde bis Ziel). – Qualifikation: 19. Platz (von Position 17 gestartet nach Disqualifikation von Haas-Duo Hülkenberg/Magnussen).
Guanyu Zhou GP: 16. Platz (saisonübergreifend 13. GP ohne Punkte). – Beste Platzierung im GP: 14. Platz (48./49. Runde). – Qualifikation: 20. Platz (von Position 18 gestartet nach Disqualifikation von Haas-Duo Hülkenberg/Magnussen).