Formel 1 – Wird das Titelrennen doch noch zum Dreikampf?

Elmar Brümmer | 22.09.2025

Würde man nur diesen einen Grand Prix, den 17. WM-Lauf, nehmen, dann wäre die Bewertung klar: der Titel im letzten Jahr des aktuellen Formel-1-Reglements würde in einem Dreikampf vergeben – mit klaren Vorteilen für den Mann, der ihn zu verteidigen hat. Denn Max Verstappen (gr. Foto) hat zum zweiten Mal in Folge gewonnen, und das unter schwierigen Bedingungen in souveräner Manier. Die beiden Führenden in der Gesamtwertung hingegen, Oscar Piastri und Lando Norris, haben in Aserbaidschan ein schwarzes Wochenende erlebt. Oder, wie es der Australier etwas freundlicher ausdrückt: «Das war sicher keine meiner Sternstunden...»

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Kann man so sagen. Oscar Piastri setzt im Qualifying sein Auto in die Barrieren, und dann im Rennen ebenfalls, nach nur fünf Kurven. Er wollte zu viel und zu schnell. Aber, da ist sich sein Teamchef Andrea Stella sicher, Piastri wird seine Lehren daraus ziehen. Ob das auch für den Kollegen Norris gilt? Der Brite hatte in Baku zweimal die Chance, Kapital aus den seltenen Fehlern Piastris zu ziehen – und beide Male wurde daraus nur ein siebter Platz. Damit war nicht nur die Vergabe des Konstrukteurstitels an McLaren auf Singapur vertagt, Norris selbst machte auch nur magere sechs Pünktchen gut, damit führt Piastri immer noch mit 25 Zählern

Viel Grund zur Freude

Stella rieb sich entsetzt die Schläfen, als sein in der WM führender Schützling einen Frühstart hinlegte, und die Augen des Italieners wurden kurz danach immer grösser, als sich Max Verstappen aus der Poleposition abzusetzen begann. Eine Alleinfahrt, die zeigt, dass unter Laurent Mekies bei Red Bull Racing vieles besser wird. Überhaupt hatte der Franzose am Kommandostand viel Grund zur Freude – alle vier Piloten des Red-Bull-Konzerns fanden sich unter den Top Ten. Stella beantwortete die Frage, ob im Titelkampf jetzt wieder mit Verstappen gerechnet werden müsste, mit einem klaren «Ja». Um dann die Reporter anzuweisen, das Wörtchen in Grossbuchstaben zu schreiben.

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Max Verstappen: Der Weltmeister hatte seine Gegner in Baku im Griff.

Mekies 1

Laurent Mekies: Es läuft beim Teamchef und bei Red Bull Racing.

Russell

George Russell: Führte Mercedes in der Konstrukteurs-WM an Ferrari vorbei auf Rang zwei.

Eine echte Bedrohung also? Es bleiben sieben Rennen und drei Sprints, das ist tatsächlich noch ein langer Weg. Jetzt geht es darum, wer die besten Nerven hat, und wer sie behält. Verstappen, der sich schon vor Wochen aus dem Titelkampf verabschiedet hatte, fährt seither befreit auf: nach seiner Interpretation hat er ja nichts mehr zu verlieren, nur zu gewinnen. Genau das tut er, in grossartiger Manier. Die Ingenieure haben neue Impulse bekommen und frischen Mut gefasst. Das wirkt wechselseitig. «Wenn Du glücklicher bist im Cockpit, kannst Du auch mehr herausholen», sagt der Champion. Er wolle sich keine Hoffnungen machen, das sei nicht seine Art, aber er werde die Sache Wochenende für Wochenende angehen. Allein diese Ankündigung dürfte bei der Konkurrenz für Unruhe sorgen.

«Das Auto beisst uns manchmal»

Das anstehende Nachtrennen in Singapur ist traditionell ein schlechtes für Red Bull. Aber auch bei McLaren sind sie sich plötzlich nicht mehr sicher, ob die Überlegenheit des MCL 39 grundsätzlich noch so gross ist wie in der ersten Phase der Saison. «Das Auto beisst uns manchmal», klagt Lando Norris plötzlich. Piastri allerdings, der gern mit dem «Iceman» Kimi Räikkönen verglichen wird, ist grundsätzlich nicht bange: «Es ist so, wie es ist. So ein Wochenende macht mir noch nicht so viele Sorgen. Ich fokussiere mich auf mich und das, was ich besser machen kann.»

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Carlos Sainz: Erstes Podium des Spaniers für den britischen Traditionsrennstall.

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Carlos Sainz: Erstes Podium des Spaniers für den britischen Traditionsrennstall.

Stella

Andrea Stella: Viele Fragezeichen beim Teamchef von McLaren.

Mc Laren 1

McLaren: Beim überragenden Team dieses Jahres lief in Baku vieles falsch.

Diese Taktik hat bei einem der Gewinner auf den Strassen von Baku funktioniert: Carlos Sainz konnte nach nur 16 WM-Punkten in den ersten 16 Rennen mit seinem dritten Platz 15 Zähler auf einmal einfahren, und er spricht davon, dass der Schritt aufs Podium der grösste seiner Karriere gewesen sei. Der Spanier hat mit Williams noch viel vor. «Wir haben das ganze Jahr gekämpft und jetzt haben wir endlich bewiesen, dass wenn wir den Speed haben, wir etwas Grossartiges hinlegen können», frohlockte der ehemalige Ferrari-Pilot, «wir haben den Kopf immer hochgehalten und sind jetzt auf dem aufsteigenden Ast.» Die Gunst der Stunde zu nutzen – klingt ein bisschen wie bei Verstappen.

Resultate

Fahrer-WM

Konstrukteurs-WM

Fotos: Red Bull, McLaren, Williams, Mercedes

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