Formel 1 – Die Show von Hülkenberg und Sauber

Elmar Brümmer | 07.07.2025

Wie lange dauert eine Ewigkeit in der Formel 1? Seit dem Grand Prix von Grossbritannien weiss es der Sauber-Pilot Nico Hülkenberg ganz genau: 5593 Tage.

Hülkenberg 1

So lange war am Sonntag der Einstieg des Sauber-Piloten in der Königsklasse her, damals, 2010, mit Williams. Und genauso lange hat der Deutsche auf seinen allerersten Podiumsbesuch gewartet. «Es ist der überfälligste Podestplatz der Grand-Prix-Geschichte», befand sein Teamchef Jonathan Wheatley – völlig zurecht. Der Weg Hülkenbergs zurück zu seinem Team dauerte eine Ewigkeit. Er hatte schon eine Abkürzung gewählt, aber dennoch stellten sich ihm viele Gratulanten in den Weg. Das zeigt, wie jeder im Fahrerlager diesen Erfolg dem Veteranen, aber auch seinem Schweizer Rennstall gönnt.

«Nico, you are on fire»

Was so ein dritter Platz verändert? Zunächst einmal bringt es den 37-Jährigen in die Top-Ten der Fahrerwertung, aber es schiebt auch Sauber in der lukrativen Konstrukteurswertung auf den sechsten Rang. Zum vierten Mal in Folge haben die Hinwiler jetzt gepunktet, und in dieser Spanne mehr Zähler eingesammelt als Red Bull Racing. Der Champagner in Box und Teampavillon floss so reichlich, dass bei Mercedes um Nachschub gebeten wurde. Wheatley steckte sich eine Zigarre an, Belegschaft und Gäste dichteten einen Song namens «Nico, you are on fire».

Hülkenberg Whealtey

Gratulanten: Sauber-Teamchef Jonathan Wheatley (v.) herzt Nico Hülkenberg.

Hülenberg Bortoletto

Gratulanten: Hülkenberg mit Teamkollege Gabriele Bortoleto (l.).

Hülkenberg Verstappen

Gratulanten: Hülkenberg mit Weltmeister Max Verstappen (r.).

Wheatley Wolff

Gratulanten: Jonathan Wheatley mit Mercedes-Teamchef Toto Wolff (r.). 

Denn das ist der zweite, entscheidende Effekt an diesem durch den britischen Sommerregen durchweg chaotisch verlaufenen Halbzeit-Grand-Prix: Die Sauber-Truppe hat unter ihrem neuen Teamchef ein anderes Selbstvertrauen bekommen. Das drückt sich auch in der Strategie aus. Hülkenbergs grossartige Leistung war es, sich unter schwierigsten Bedingungen vom vorletzten Startplatz nach vorn zu kämpfen. Als er nach 35 der 52 Runden plötzlich Dritter war, tauchte im Rückspiegel Lewis Hamilton auf, der Silverstone-Spezialist. Wie den Briten in Schach halten? Ferrari probierte einen Undercut, aber die Sauber-Strategen liessen Hülkenberg eine Runde länger draussen – und so fuhr sich dieser das entscheidende Zeitpolster heraus. «Er hat seine Klasse gezeigt», lobte Wheatley, «eine echte Meisterleistung».

Mit einem Lächeln zur Arbeit

Aber gleiches gilt für das ganze Team. Mattia Binotto erkennt das Momentum, das gerade im künftigen Audi-Werksrennstall herrscht, an den Gesichtern der Mitarbeiter, auch der vielen neuen: «Sie betreten die Rennfabrik mit einem Lächeln.» Natürlich wird es noch ein Weilchen dauern, bis Sauber zuverlässig und ohne Wetterkapriolen nach vorne fahren kann, sich den Anschluss ans Mittelfeld erkämpft zu haben ist ein erster Schritt, vielleicht sogar ein echter Befreiungsschlag. Auch gegen eine böse Statistik: Der letzte Sauber-Pilot auf Rang drei war Kamui Kobayashi im Oktober 2012 gewesen, das ist 263 Rennen her.

Hülkenberg Norris

Erstes Podium: Nico Hülkenberg feiert Platz drei mit Sieger Lanco Norris (r.). 

Hülkenberg Legopokal

Erstes Podium: Nico Hülkenberg mit dem Lego-Pokal.

Sauber Team

Erstes Podium: Das Schweizer Team von Sauber feiert kräftig mit.

Hülkenberg Sauber

Erstes Podium: Nico Hülkenberg rast im Sauber-Ferrari auf Rang drei beim GP von Grossbritannien.

Nico Hülkenberg hat dem siegreichen McLaren-Duo Lando Norris/Oscar Piastri die Show gestohlen, wurde von den Fans zum Mann des Tages gewählt. McLarens Teamchef Zak Brown freute sich auch für den Drittplatzierten mit: «Das muss ein unglaubliches Gefühl sein.» Auch für Deutschland, denn seit Sebastian Vettel in der Saison 2021 stand kein Landsmann mehr auf dem Treppchen. Den ungeliebten Spitzenplatz in der Rangliste der Fahrer mit den meisten Rennen ohne Podium hat Hülkenberg damit an Adrian Sutil abgegeben, der ebenfalls für Sauber fuhr und 128 vergebliche Anläufe genommen hatte.

Die Worte von Ex-Champion Hill

«Hat ganz schön lange gedauert», kalauerte Hülkenberg im Ziel, und verglich seine rasante Aufholjagd mt einem «Ritt auf der Rasierklinge». Er gestand aber auch, dass er noch gar nicht verstehen könne, was da in diesem unglaublich intensiven Rennen erreicht worden sei. Damon Hill, Weltmeister von 1996 und heute Kommentator bei der BBC, fasst das Geschehen so zusammen: «In einem Rennen wie diesem bieten sich Möglichkeiten, man braucht ein bisschen Glück, man muss die richtigen Entscheidungen treffen und ein bisschen mutig sein.»

Resultate GP Grossbritannien

Fotos: Sauber

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