Formel 1 – Typencheck vor dem Finale

Elmar Brümmer | 01.12.2025

Alles wieder offen: WM-Leader Lando Norris, Katar-Sieger Max Verstappen (Bild) und Oscar Piastri trennen 16 Punkte. Abu Dhabi sieht am kommenden Wochenende wie schon 2021 einen Showdown. Erstmals seit 15 Jahren, als Aussenseiter Sebastian Vettel mit Red Bull alle Prognosen über den Haufen warf, sogar ein Finale mit mehr als zwei Kandidaten.

Verstappen 2

Die Formel 1 bleibt ein unberechenbares Dreieck. Zum zweiten Mal in Folge ist McLaren beim Grand Prix von Katar ein kapitaler Fehler unterlaufen, diesmal bei der Strategie. Weder Oscar Piastri noch Lando Norris in der Safety-Car-Phase nach dem Unfall von Sauber-Pilot Nico Hülkenberg reingewunken zu haben, sorgte am Ende für den Triumph von Red Bulls Max Verstappen. Die Grossen Drei der Königsklasse haben jetzt alle je sieben Saisonsiege, nach Punkten führt noch Norris (408), zwölf Punkte dahinter Titelverteidiger Verstappen, weitere vier dahinter Piastri.

Verstappen 1

Max Verstappen: Sein Red-Bull-Team verhalf ihm in Katar dank kluger Boxenstopp-Strategie zum Sieg.

Norris 2

Lando Norris: Wegen falscher Boxenstopp-Strategie nur Vierter.

Piastri 2

Oscar Piastri: Wegen falscher Boxenstopp-Strategie den Sieg verpasst.

Den Fans kann nichts Besseres passieren, bei McLaren ist die Unruhe im Team auch deshalb besonders gross, weil 2007 schon einmal ein klarer Vorteil verzockt worden war, weil sich die damaligen Piloten Lewis Hamilton und Fernando Alonso so sehr gegenseitig behindert hatten, dass am Ende Kimi Räikkönen im Ferrari der lachende Dritte war. McLaren-Teamchef Andrea Stella, der die Verantwortung für das Strategie-Chaos am Sonntag in Katar auf seine Kappe genommen hat, war damals Ingenieur des Finnen. Allerdings 2010 bei Vettels Triumph auch der Mann an Seite des gegen Red Bull gescheiterten Favoriten Alonso. «Das sich die Dinge zuspitzen, und das man manchmal darunter leiden muss, liegt in der Natur des Motorsports», weiss Stella, «Rennfahren ist hart, und es kann die harte Lektionen erteilen.» Aber wer ist der härteste Pilot in diesem Jahr? Drei völlig unterschiedliche Rennfahrer-Typen gehen in das Finale der Ground-Effect-Autos, das macht das Ganze noch zusätzlich reizvoll. Die Kandidaten im AR-Typencheck.

Stella 1

McLaren-Teamchef Andrea Stella: «Das sich die Dinge zuspitzen, und das man manchmal darunter leiden muss, liegt in der Natur des Motorsports.»

Brown 1

McLaren-Boss Zak Brown: Mit Lando Norris (r.) und Oscar Piastri (l.) zwei Kandidaten für den Titel. 

Vettel 1

Sebastian Vettel: Red Bulls Exweltmeister rechnet mit Verstappen, «Max findet immer einen Raum im Kopf, in den er den Druck hinschieben kann.»

Lando Norris

Er ist der Gejagte, aber vor allem jagen ihn die eigenen Dämonen. Doch der 26-Jährige will sich nicht mehr öffentlich seinen Selbstzweifeln hingeben. Nachdem er Ende August schon praktisch raus aus dem Rennen war, hat er gegen seinen direkten Rivalen Oscar Piastri viel gewonnen. Nicht nur Punkte, sondern auch an Erfahrung, an Konsequenz, an Härter. In den entscheidenden Momenten aber muss der Brite beweisen, dass er wirklich die nötige Nervenstärke eines Champions besitzt. Der neue McLaren-Rekordpilot versucht, sich weiter Gelassenheit einzureden: «Der vierte Platz war frustrierend, aber hinterher ist man immer schlauer. Ich werde stärker zurückkommen.» Abu Dhabi wird für ihn der finale Charakter-Test.

Norris 1

Lando Norris: WM-Leader mit 408 Punkten.

Max Verstappen

Er ist von McLaren-Boss Zak Brown mit einer Figur aus einem Horror-Film verglichen worden, die immer dann zurückkehre, wenn man nicht mehr mit ihr rechnet. Der Niederländer, der vor einem Vierteljahr noch über 100 Punkte hinter der WM-Spitze zurücklag, hat sich mit einer grossartigen fahrerischen Leistung trotz eines zickigen Autos wieder in eine Position gebracht, die die Gegner komplett verunsichert. Sein Vorgänger bei Red Bull, Sebastian Vettel, beschreibt die mentale Kapazität des Titelverteidigers so: «Max findet immer einen Raum im Kopf, in den er den Druck hinschieben kann.» Natürlich weiss der 28-Jährige, dass wieder viel passieren muss, damit er in Abu Dhabi tatsächlich zum Zuge kommen kann. Aber er ruft Zak Brown zu: «Du darfst mich Chucky nennen.» Wie die Mörderpuppe aus dem Kino Ende Achtziger-Jahre.

Verstappen 3

Max Verstappen: WM-Zweiter mit 396 Punkten.

Oscar Piastri

Er macht alles mit sich aus, der 24 Jahre alte Australier erscheint wie eine Mischung aus Norris und Verstappen. Nach aussen hin immer kühl, selbst als er zum ungünstigsten Zeitpunkt der Saison in eine persönliche Krise gerutscht war und Gerüchte die Runde machten, dass McLaren mit Norris lieber einen britischen Weltmeister hätte. Rein vom fahrerischen her vielleicht der Pilot mit der grössten Präzision, gern mit «Professor» Alain Prost verglichen. Seine Unerfahrenheit, das von seiner Seite aus tadellose Katar-Wochenende unterstreicht das, muss kein Nachteil sein. Rein perspektivisch gesehen hat er am wenigsten zu verlieren.

Piastri 3

Oscar Piastri: WM-Dritter mit 392 Punkten.

Fotos: Red Bull, McLaren

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