Formel 1 – «Niemand kann sagen, welcher Fahrer einen Vorteil haben wird»

Elmar Brümmer | 27.10.2025

Der Grand Prix von Mexiko war ein Hingucker. Danach reiben sich die Formel-1-Fans verwundert die Augen: Lando Norris (Foto) hat dank einer sourveränen Siegesfahrt wieder die Gesamtführung in der WM, aber McLaren-Teamkollege Oscar Piastri und auch Titelverteidiger Max Verstappen (Red Bull) bleiben ihm auf den Fersen.

Norris 2

Vier Rennen noch, und der Dreikampf in der Formel 1 tobt nach dem Grand Prix von Mexiko mit unverminderter Heftigkeit weiter. Lando Norris hat mit einer Alleinfahrt hin zu seinem sechsten Saisonsieg erstmals seit April wieder die Tabellenführung übernommen, aber denkbar knapp – mit einem Pünktchen. Der bisherige Spitzenreiter Oscar Piastri kommt weiterhin nicht richtig klar mit dem zickig gewordenen McLaren, er kam gerade mal als Fünfter ins Ziel. Der vom Titelverteidiger zum Herausforderer gewordene Max Verstappen hat nur durch eine unglückliche virtuelle Neutralisierung den zweiten Platz vom fünften Startrang aus verpasst, und auf die WM-Spitze wieder vier Punkte gutgemacht. Er ist neben dem Comeback von Norris ein kleiner Gewinner im Autodromo Hermanos Rodriguez, während Piastri sich dem drohenden Verlierer-Image endlich entgegenstemmen muss.

Norris 1

Lando Norris: Der McLaren-Pilot hat sich die WM-Führung zurückgeholt.

Piastri

Oscar Piastri: Der McLaren-Pilot hadert weiterhin mit seinem Auto…

Tsunoda Piastri

…und klemmte bei der Aufholjagd unter anderem hinter Red Bulls Yuki Tsunoda fest.

Entschieden ist noch lange nichts. Vier Rennen stehen noch aus, 116 Punkte gibt es in Sao Paulo, Las Vegas, Katar und Abu Dhabi bis Anfang Dezember noch zu gewinnen, da auch zwei Sprints mit auf dem Programm stehen. Red-Bull-Berater Helmut Marko sagt, dass kein Team mehr einen Vorteil auf einer der Strecke habe. Damit kommt es auf die Tagesform an, und bei fast gleicher Leistung der Rennwagen in dem zum Abschluss des Reglements dicht gewordenen Feldes entscheidet jetzt das individuelle Können der Fahrer – oder die Nervenstärke. Was seinen Schützling Verstappen angeht, glaubt Marko: «Unsere Chance lebt. Max ist wie ein Jagdhund, der Witterung aufgenommen hat – schwer zu stoppen.»

Dominieren und vertrauen

Es kommt eher selten vor, dass sich der markige Österreicher und der eher stille McLaren-Teamchef Andrea Stella einig sind. Aber der Italiener bestätigt den Konkurrenten: «Niemand kann sagen, welcher Fahrer bei den letzten vier Rennen einen Vorteil haben wird.» Was seine beiden rivalisierenden Piloten angeht, behauptet Stella: «Das Vertrauen, was den Gewinn der Weltmeisterschaft angeht, ist gestiegen. Denn wir haben in Mexiko bewiesen, dass wir gewinnen und unter bestimmten Bedingungen sogar dominieren können.» Eine halbe Minute Vorsprung hatte Norris beim 20. WM-Lauf.

Hamilton Leclerc Verstappen

Max Verstappen: Gleich beim Start wird der Red-Bull-Pilot (r.) vom Ferrari-Duo Lewis Hamilton (l.) und Charles Leclerc herausgefordert…

Bearman 2

…und muss schliesslich noch gegen den starken Haas-Ferrari von Oliver Bearman (v.) kämpfen.

Allerdings hat vor allem der im Titelrennen unerfahrene Piastri gewaltige Probleme mit seinem MCL39 und auch deshalb seinen gewaltigen Vorsprung sukzessive verzockt. Der leicht desillusioniert wirkende Australier spricht davon, wie merkwürdig es sich anfühle, plötzlich beim Fahrstil und im Kopf eine Kehrtwende unternehmen zu müssen. Mexiko, das sei Schadensbegrenzung gewesen, aber auch lehrreich: «Für mich ist es wichtig, dass ich mich daran erinnere, dass meine Fahrweise bei den 19 Rennen zuvor ziemlich gut funktioniert hat. Ich muss jetzt einfach sehr anders fahren. Oder anders ausgedrückt bin ich bisher nicht so anders gefahren, wie ich es hätte tun sollen. Deshalb muss ich jetzt ein paar neue Werkzeuge in den Kasten tun, mich aber nicht komplett neu erfinden.»

Nichts für schwache Nerven

McLaren entwickelt sein Auto im Gegensatz zu Red Bull in der entscheidenden Phase der Saison nicht mehr weiter.Problematischer noch als die schwer erklärlichen Launen eines anfänglich so überlegen gewesenen Autos erscheint weiterhin die Gleichberechtigung der beiden McLaren-Fahrer. Während Red Bull auch aufgrund der desolaten Form von Yuki Tsunoda alle Kräfte auf Verstappen konzentrieren kann, will Andrea Stella krampfhaft die Balance zwischen den Rivalen halten. Momentan kann er sich ohnehin nicht auf Norris oder Piastri festlegen, dazu ist es zu eng und der Gegenspieler zu nah. Bei Red Bull Racing hoffen sie natürlich darauf, dass sich die beiden gegenseitig das Leben schwer machen und damit Verstappen noch näher rücken könnte. Der Endspurt dieser Saison wird ist nichts für Menschen mit schwachen Nerven – weder im Cockpit noch vor dem Fernseher.

Resultate Grand Prix

Stand Fahrer-WM

Stand Konstrukteurs-WM

Fotos: McLaren, Red Bull, Haas

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