Formel 1 – Hamilton stänkert gegen Ferrari

Elmar Brümmer | 05.05.2025

McLaren baute in Miami (USA) den Vorsprung in der WM weiter aus, ebenso Oscar Piastri in Bezug auf Teamkollege Lando Norris. Unterhaltend war der Grand Prix trotzdem, vor allem wegen Rekordweltmeister Lewis Hamilton (Foto, mit Teamchef Fred Vasseur), der Ferrari einheizte.

Hamilton Vasseur Ferrari

Emotionen sind der wahre Treibstoff der Formel 1. Mögen auch ein siebter und ein achter Platz für Charles Leclerc und Lewis Hamilton beim McLaren-Festival von Miami den miserablen Saisonstart von Ferrari neuerlich untermalen, so leidet doch niemand so schön wie die Scuderia. Allerdings mischt sich unter den verständlichen Frust auch ein gehöriges Mass Häme.

Für gewöhnlich ist es nicht die Art von Lewis Hamilton, sich öffentlich über sein Team zu beklagen. Aber nachdem er eine gute halbe Stunde lang hinter dem Heck von Leclerc festhing, riss beim Rekordweltmeister der Geduldsfaden. Jammern war das nicht mehr, das war schon polemisch. Im Glauben, deutlich schneller als der vor ihm fahrende Monegasse zu sein, plädierte Hamilton auf freie Fahrt. Mehrfach mahnte er eine Stallorder an, aber die Mühlen am Kommandostand mahlten langsam. «Macht doch ruhig noch eine Teepause», ätzte der Brite und wies darauf hin, dass er beim Rennen in Schanghai Leclerc sogar freiwillig vorbeigelassen habe. Genervt fügte er dann an: «Leute, gutes Teamwork ist das nicht!»

«Soll ich den auch noch vorbeilassen?»

Schliesslich musste ihn der Monegasse dann doch vorbeiwinken, aber Hamilton konnte nicht mehr zum sechstplatzierten Kimi Antonelli im Mercedes aufschliessen. Die Ferrari-Bosse bestanden darauf, wieder zurück zu wechseln, wie es intern für solche Fälle vereinbart ist. Hamilton fügte sich, doch der anschliessende warnende Funkspruch seines Renningenieurs Riccardo Adami, dass der Williams von Carlos Sainz nur noch 1.6 Sekunden hinter ihm liege, brachte ihn erst richtig auf die Palme: «Soll ich den auch noch vorbeilassen?»

Hamilton Leclerc

Ferrari: Über die Positionen von Lewis Hamilton (vorne) und Charles Leclerc wurde viel diskutiert.

Piastri

Oscar Piastri: Der McLaren-Pilot feierte in Miami seinen bereits vierten Saisonsieg.

Norris Piastri

McLaren: Das Teamduell spitzt sich zu, Oscar Piastri (r.) überragt Lando Norris immer mehr.

Russell

George Russell: Bereits vierter Podestplatz in dieser Saison.

Antonelli

Kimi Antonelli: Beim Sprint holte der Italiener erstmals eine Poleposition.

Albon

Williams: Das Traditionsteam überzeugte mit Platz fünf für Alex Albon (Foto) und Platz neun für Carlos Sainz.

Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur nahm seinen aufgebrachten Superstar, den er schon aus den Nachwuchsserien kennt, ins Gebet. Dem Franzosen ging es um den Erklärungsbedarf: «Anderthalb Minuten sind keine so lange Zeit. Wir mussten uns erst ein Bild davon machen, ob Lewis wirklich schneller war oder nur einen Vorteil durch DRS hatte. Das ist ja nie so einfach, einen anderen Fahrer zurückzupfeifen. Wir waren das einzige Team in Miami, das so gehandelt hat.»

Eine fehlerhafte Tatsachenentscheidung der Taktiker also, mehr nicht. Wirklich? Zumindest nach aussen hin gab sich Lewis Hamilton vor den Fernsehkameras gelassener: «Ich bin mir sicher, dass den Leuten manches nicht gefallen hat, was ich gesagt habe. Aber es war eher sarkastisch gemeint. Andere sagen viel schlimmere Dinge als ich. Was es zu klären gibt, werden wir intern tun.» Denn entschuldigen werde er sich nicht. Charles Leclerc will dem Kollegen keinen Vorwurf machen: «Es ist nur deutlich geworden, dass wir als Team besser werden müssen.»

«Ich kann den Frust der Fahrer verstehen»

Der Haussegen in Maranello hängt nicht zum ersten Mal wegen der Unsicherheit in der Strategieabteilung schief. Allein die Anzahl der oft diskutierten Möglichkeiten – Plan A, B, C oder D – verwirrt regelmässig auch die Fahrer. Das Glücksspiel ist allerdings nur für das Publikum amüsant. «Ich kann den Frust der Fahrer komplett verstehen», sagt auch Capo Vasseur, «aber ich bin zunächst nicht dem Einzelnen, sondern dem Team verpflichtet». Ferrari steht über allem, das wird auch Rekordweltmeister Lewis Hamilton akzeptieren müssen.

Die Scuderia aber braucht nicht nur dringend den zum Monatsende für den Grand Prix von Spanien angekündigten generalüberholten Rennwagen, sondern auch dringend mehr Treffsicherheit und Entscheidungsfreudigkeit bei der Taktik. Damit aus Frust wieder Lust wird, nicht nur beim stänkernden Lewis Hamilton.

Resultate

Grand Prix von Miami (USA). 6. Lauf. Gesamtklassement: 1. Oscar Piastri (AUS), McLaren-Mercedes, 57 Runden, 1:28:51.587 Stunden (=208.188 km/h). 2. Lando Norris (GB), McLaren-Mercedes, 4.630 Sekunden zurück. 3. George Russell (GB), Mercedes, 37.644. 4. Max Verstappen (NL), Red Bull-Honda, 39,956. 5. Alexander Albon (T), Williams-Mercedes, 48.067. 6. Kimi Antonelli (I), Mercedes, 55.502. 7. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 57.036. 8. Lewis Hamilton (GB), Ferrari, 1:00:186 Minuten zurück. 9. Carlos Sainz (E). Williams-Mercedes, 1:00.577. 10. Yuki Tsunoda (J), Red Bull-Honda, 1:14.434 (inkl. 5 Sekunden Strafe für überhöhte Geschwindigkeit in den Boxen). 11. Isack Hadjar (F), Racing Bulls-Honda, 1:14.602. 12. Esteban Ocon (F), Haas-Ferrari, 1:22.006. 13. Pierre Gasly (F), Alpine-Renault, 1:30.445. 14. Nico Hülkenberg (D), Sauber-Ferrari, 1 Runde zurück. 15. Fernando Alonso (E), Aston Martin-Mercedes, 1 Rd. 16. Lance Stroll (CDN), Aston Martin-Mercedes, 1 Rd. – Ausfälle: Liam Lawson (NZ), Racing Bulls-Honda (36. Runde, Kollisionsschaden); Gabriel Bortoleto (BR), Sauber-Ferrari (30., Kollisionsschaden); Olivier Bearman (GB), Haas-Ferrari (27., Kollisionsschaden); Jack Doohan (AUS), Alpine-Renault (1., Kollisionsschaden). – 20 Fahrer gestartet, 16 klassiert.

Schnellste Runde: Norris, 36. Runde, 1:29.746 Minuten (=217.092 km/h).

Poleposition: Verstappen, 1:26.204 Minuten (=226.012 km/h).

Sprint: 1. Norris, 18 Runden, 36:37.647 Minuten (=159.319 km/h). 2. Piastri, 0.672 Sekunden zurück. 3. Hamilton 1.073. 4. Albon 2.522. 5. Russell 3.127. 6. Stroll 3.412. 7. Lawson 4.024. 8. Bearman 4.218. 9. Tsunoda 5.153. 10. Antonelli 5.635. 11. Gasly 5.973. 12. Hülkenberg 6.153. 13. Hadjar 7.502. 14. Ocon 8.998. 15. Bortoleto 9.675. 16. Doohan 9.909. 17. Verstappen 12.059 (inkl. 10 Sekunden Strafe für gefährliches Wegfahren nach Boxenstopp). – Ausfälle: Alonso (13. Runde); Sainz (12.); Leclerc (Aufwärmrunde). – 20 Fahrer gestartet, 17 klassiert.

Stände. Fahrer: 1. Piastri, 131 Punkte (4 Saisonsiege). 2. Norris 115 (1). 3. Verstappen 99 (1). 4. Russell 93. 5. Leclerc 53. 6. Antonelli 48. 7. Hamilton 41. 8. Albon 30. 9. Ocon 14. 10. Stroll 14. 11. Tsunoda 9. 12. Gasly 7. 13. Sainz 7. 14. Hülkenberg 6. 15. Bearman 7. 16. Hadjar 5. – Konstrukteure: 1. McLaren 246 (5). 2. Mercedes 141. 3. Red Bull 105 (1). 4. Ferrari 94. 5. Williams 37. 6. Haas 20. 7. Aston Martin 14. 8. Racing Bulls 8. 9. Alpine 7. 10. Sauber 6.

Nächster Lauf: Grand Prix der Emilia-Romagna, Imola (I), 18. Mai 2025.

Fotos: Ferrari, McLaren, Mercedes, Williams

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