Beim Grand Prix von Monaco holte Lando Norris zum Gegenschlag aus. Der McLaren-Pilot gewann diese Saison sein zweites Rennen, nachdem der Titelfavorit drei Siege seines Teamkollegen Oscar Piastri verkraften musste. Nachdem Norris die Poleposition erobert hatte, war der Sieg in den engen Strassen von Monaco aber keine Überraschung mehr.
Es gibt keinen Platz auf der Welt, der verrückter ist, um ein
Formel-1-Rennen zu fahren – einfach deshalb, weil es keinen Platz gibt.
Die Alternative wäre es, ein bisschen Land im Yachthafen aufzuschütten,
um so etwas wie eine Überholzone zu schaffen. Aber da werden die
Monegassen vermutlich nicht mitmachen. Deshalb müssen alle Fans
weiterhin damit leben, dass der Grand Prix von Monaco ein Autokorso bleibt, der über die Startposition entschieden wird.
Eine Idee ist gescheitert
Die Idee, mit zwei Pflicht-Boxenstopps und drei Reifenmischungen den achten WM-Lauf deutlich spannender zu machen, ist am Sonntag gescheitert. Die ersten Vier – Lando Norris, Charles Leclerc, Oscar Piastri und Max Verstappen – kamen in unveränderter Reihenfolge ins Ziel. Alles, was sich dahinter nach vorn schieben konnte, hat mit Ausfällen oder cleverer Blockade-Taktik durch die Teamkameraden zu tun. Die Racing Bulls und Williams haben die strategische Chance, nach vorn zu kommen, am besten genutzt. Aber selbst Carlos Sainz gab zu: «Das ist etwas, das ich selbst nicht mag und auch nicht sehen möchte. Doch wir waren gezwungen, mitzuspielen.»
Lando Norris: Der zu Saisonbeginn hochgehandelte Titelfavorit hat auf die Siegstrasse zurück gefunden.
Eine gescheiterte Idee: Zwei obligatorische Boxenstopps (hier Esteban Ocon von Haas) sollten mehr Spannung beim Monaco-GP bringen.
Carlos Sainz: «Das ist etwas, das ich selbst nicht mag. Doch wir waren gezwungen, mitzuspielen.»
Titelverteidiger Max Verstappen, der seinen letzten Zwangs-Stopp erst
in der vorletzten Runde absolvierte, zeigte sich ebenso
desillusioniert, obwohl er in der Gesamtwertung weiter in Schlagdistanz
zu den McLaren-Piloten bleibt: «Auf dieser Piste kannst du nicht wirklich Rennen fahren, ganz egal, ob du einen Stopp machen musst oder zehn.» Den Frühbremsern zuzugucken, das war über weite Strecken fast schon peinlich.
Die Hoffnung der Formel-1-Kommission für die Regeländerung war eine
andere: Zwei Stopps sollten für die doppelte Spannung sorgen. Vielleicht
auch das zweifache Chaos, Serienbesitzer Liberty Media hätte gegen
spektakuläre Bilder sicher nichts gehabt. Der Vertrag mit dem Automobile
Club de Monaco läuft bis 2031, da muss dringend etwas gegen die
fortgesetzte Langeweile getan werden. Doch Mercedes-Teamchef Toto Wolff
hält das Rennen unter der neuen Voraussetzung trotzdem nur für «lauwarm».
Nervig und gefährlich
Dazu noch für alle, die keine Zeitenmonitore haben, höchst
unübersichtlich. Als sich Isack Hadjar und Liam Lawson sowie Carlos
Sainz und Alexander Albon im Mittelfeld gegenseitig Zeitfenster
freiblockten, war das nur für richtige Taktik-Freaks spannend. Für die
Gegner auf der Piste war die Verlangsamung nervig und zum Teil
gefährlich. Selbst Spitzenfahrer wie WM-Tabellenführer Oscar Piastri
konnte der zusätzlichen Herausforderung wenig abgewinnen. «Ich muss erst mal wieder mein Gehirn entwinden», klagte der Australier nach den endlosen strategischen Meetings.
Max Verstappen: «Auf dieser Piste kannst du nicht wirklich Rennen fahren, ganz egal, ob du einen Stopp machen musst oder zehn.»
Mercedes-Chef Toto Wolff (r., mit Valtteri Bottas): «Es ist ein Qualifying-Rennen.»
McLarens Zak Brown: «Der Stress war deutlich höher.»
So blieb es dabei, dass das Qualifying der spannendste Teil des
teuren Spektakels war, wie schon so oft. Denn da hatten die Top-Piloten
freie Fahrt, und sie nutzten die in einem Herzschlag-Finale auch zu
Streckenrekorden. Eine Veränderung hätte nur die erste Kurve im Rennen
bringen können, doch in der hielten sich alle – auch ob der taktischen
Ungewissheit – eher zurück. «Es ist ein Qualifying-Rennen», sagt Toto
Wolff ernüchtert, dessen Piloten im Übrigens nichts mit den Punkten zu
tun hatten.
McLaren-Boss Zak Brown sah natürlich nur den Triumph, den ersten für
die Briten seit Lewis Hamilton im Jahr 2008, und war sich sicher, dass
die Fernsehzuschauer seine Aufregung teilen würden. Zugeben musste er
US-Amerikaner immerhin, dass es am Kommandostand anstrengender geworden
ist: «Das Ergebnis mag gleich aussehen, aber der Stress war deutlich höher.»
«It's Monaco, Baby!»
Lando Norris, der zum ersten Mal seit dem Saisonstart wieder auf der
Poleposition stand und auch den ersten Sieg seit Melbourne einfahren
konnte, liegt nicht nur wieder in Schlagdistanz zum Teamrivalen Oscar
Piastri, er spricht auch davon, dass sich einen seiner Kindheitsträume
erfüllt habe: «Es fühlt sich unglaublich an, nach einem so harten langen Rennen.»
Der Brite hatte vor dem Start Landsmann Jenson Button vor seinem Auto
stehen sehen und entschieden, dass dieser sein Maskottchen sein werde.
Button hatte 2009 mit dem Brawn-Mercedes an der Côte d'Azur gewonnen.
Norris klaute sogar Buttons Jubelruf im Cockpit: «It's Monaco, Baby!»
Grand Prix von Monaco. 8. Lauf. Gesamtklassement: 1. Lando Norris (GB), McLaren-Mercedes, 78 Runden, 1:40:33.843 Stunden (=155.295 km/h). 2. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 3.131 Sekunden zurück. 3. Oscar Piastri (AUS), McLaren-Mercedes, 3.658. 4. Max Verstappen (NL), Red Bull-Honda, 20.572. 5. Lewis Hamilton (GB), Ferrari, 51.387. 6. Isack Hadjar (F), Racing Bulls-Honda, 1 Runde zurück. 7. Esteban Ocon (F), Haas-Ferrari, 1 Rd. 8. Liam Lawson (NZ), Racing Bulls-Honda, 1 Rd. 9. Alexander Albon (T), Williams-Mercedes, 2 Runden zurück. 10. Carlos Sainz (E), Williams-Mercedes, 2 Rdn. 11. George Russell (GB), Mercedes, 2 Rdn. 12. Oliver Bearman (GB), Haas-Ferrari, 2 Rdn. 13. Franco Colapinto (RA), Alpine-Renault, 2 Rdn. 14. Gabriel Bortoleto (BR), Sauber-Ferrari, 2 Rdn. 15. Lance Stroll (CDN), Aston Martin-Mercedes, 2 Rdn. 16. Nico Hülkenberg (D), Sauber-Ferrari, 2 Rdn. 17. Yuki Tsunoda (J), Red Bull-Honda, 2 Rdn. 18. Kimi Antonelli (I), Mercedes, 3 Runden zurück. – Ausfälle: Fernando Alonso (E), Aston Martin-Mercedes (36. Runde, Antrieb); Pierre Gasly (F), Alpine-Renault (7., Unfall). – 20 Fahrer gestartet, 18 klassiert.