Formel 1 – Schatten der schlechten Laune

Elmar Brümmer | 22.07.2024

Am Ende setzte sich die McLaren-Stallregie durch und der Australier Oscar Piastri durfte in Ungarn seinen ersten Formel-1-Sieg feiern.

GP Ungarn Start

Start zum Grossen Preis von Ungarn: Piastri überrumpelt seinen Teamkollegen Norris

Die Augen schliessen bei der Formel 1, wer würde das schon tun? Beim Start in die zweite Saisonhälfte hätten es die Fernsehzuschauer riskieren können, denn der Grosse Preis von Ungarn geriet in der Schlussphase zu einem spannenden Hörspiel.

Die Rennfahrerflüsterer an den Kommandoständen von McLaren und Red Bull Racing lieferten sich Redeschlachten mit den eigenen Piloten. Die Stimmung war hier wie da schlecht, die Tonlage wurde immer dramatischer. Denn vorausgegangen waren jeweils schwere taktische Schnitzer der Strategen, die von den Fahrern hätten ausgebügelt werden sollen.

Als wenn es in einem so zugespitzten Kampf um den Sieg, wie er schon den ganzen Sommer über herrscht, nicht schon anstrengend und aufregend genug wäre, ein Rennen zu gewinnen.

Schade deshalb, dass über dem ersten Sieg von Oscar Piastri in der Königsklasse der Schatten der schlechten Laune liegt. Der Australier hatte alles richtig gemacht, am Start seinen McLaren-Teamkollegen Lando Norris überrumpelt und sich auf Siegkurs gesetzt. Dann wurde er gegen die Absprache als Erster zum Reifenwechsel geholt und Norris, der seine kleine Chance auf den Titelkampf mit allen Mitteln aufrechterhalten will, geriet in Führung und wollte diese nicht mehr hergeben.

McLaren lässt seine Fahrer für gewöhnlich frei fahren, aber diesmal musste um des lieben Teamfriedens willens die Moral greifen. Rundenlag wurde um Einsicht bei Norris gebettelt: „Stellt die ursprüngliche Reihenfolge wieder her, wenn es am besten passt." So viel Nettigkeit funktioniert aber nicht bei Rennfahrern, die von berufswegen Egoisten sein müssen. Schöne Grüsse von Sebastian Vettel und Michael Schumacher....

Zwei Runden vor Schluss wurde der Platztausch dann unmissverständlich befohlen: „Eine Meisterschaft kann man nicht allein gewinnen. Du brauchst Oscar, und du brauchst das Team. Ich weiss, dass du das Richtige tun wirst..." So bekam die Formel 1 doch noch ihren verdienten Sieger, den 115. der Geschichte, den siebten der Saison und den ersten, der in diesem Jahrtausend geboren wurde. Und McLaren hat einmal mehr seine momentane Überlegenheit unter Beweis gestellt.

Verstappen mit verbalem Rundumschlag

Titelverteidiger Max Verstappen, der am Ende noch seinen dritten Platz nach einem Crash mit Lewis Hamilton verlor, war nicht so schnell zu beruhigen. Er liess eine Schimpftirade über die misslungene Reifenstrategie des kriselnden Red-Bull-Rennstalls vom Stapel: „Ich versuche hier nur, Eure Sch....-Strategie zu retten." Renningenieur Gianpiero Lambiase ist zwar verbalen Kummer gewohnt, aber diesmal reichte die Klageflut auch ihm: „Sei nicht so kindisch!"

Doch der Niederländer wütete bei seiner Frustbewältigung später noch weiter: „Es passieren zu viele Fehler. Deshalb wird es Zeit, dass einige im Team aufwachen, statt nach Entschuldigungen zu suchen." Dann beschied er noch allen Kritikern an seiner Ausdrucksweise unmissverständlich: „Die können mich alle mal!" Die atmosphärischen Störungen sind vor allem Ausdruck dessen, wie eng es an der Spitze geworden ist.

Augen auf!

Piastri

Erster Sieg in der Königsklasse für den Australier Oscar Piastri

Resultate

Grand Prix von Ungarn. Budapest, 13. von 24 Läufen: 1. Oscar Piastri (AUS), McLaren-Mercedes, 70 Runden zu 4.381 km (=306.630 km), 1:38:01.989 Stunden (=187.669 km/h). 2. Lando Norris (GB), McLaren-Mercedes, 2.141 Sekunden zurück. 3. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, 14.880. 4. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 19.686. 5. Max Verstappen (NL), Red Bull-Honda, 21.349. 6. Carlos Sainz (E), Ferrari, 23.073. 7. Sergio Pérez (MEX), Red Bull-Honda, 39.792. 8. George Russell (GB), Mercedes, 42.368. 9. Yuki Tsunoda (J), Racing Bulls-Honda, 1:17.259 Minuten zurück. 10. Lance Stroll (CDN), Aston Martin-Mercedes, 1:17.976. 11. Fernando Alonso (E), Aston Martin-Mercedes, 1:22.460. 12. Daniel Ricciardo (AUS), Racing Bulls-Honda, 1 Runde zurück. 13. Nico Hülkenberg (D), Alpine-Renault, 1 Rd. 14. Alexander Albon (T), Williams-Mercedes, 1 Rd. 15. Kevin Magnussen (DK), Haas-Ferrari, 1 Rd. 16. Valtteri Bottas (FIN), Sauber-Ferrari, 1 Rd. 17. Logan Sargeant (USA); Williams-Mercedes, 1 Rd. 18. Esteban Ocon (F), Alpine-Renault, 1 Rd. 19. Guanyu Zhou (CHN), Sauber-Ferrari, 1 Rd. – Ausgefallen: Pierre Gasly (F), Alpine-Renault (33. Runde, Hydraulik). – Schnellste Runde (+1 Punkt): Russell, 1.20.305 Minuten (=196.396 km/h). – Poleposition: Norris, 1:15.227 Minuten.

Fotos: McLaren

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