Elmar Brümmer | 04.08.2025
Wie schade, dass jetzt Sommerpause ist in der Formel 1, so sehr wie die Königsklasse in den letzten beiden Rennen auf Touren gekommen ist. Ein paar Brände konnten beim Grand Prix von Ungarn gelöscht werden, ein paar neue Krisenherde sind entstanden, vielerorten schwelt es auch. Die letzten zehn Rennen werden zur heissen Phase, nicht nur, was das Titelrennen angeht. Die Erwartungen sind allerorten hoch.
McLaren: So richtig wohl war es Teamchef Zak Brown am Ende des 14. WM-Laufs auch nicht, dass er seinen beiden Titelkandidaten immer freie Fahrt lässt. Kurz vor Schluss wäre Oscar Piastri fast dem Führenden und letztlich siegreichen Lando Norris ins Auto gefahren. Das erinnert an alte McLaren-Zeiten mit Ayrton Senna gegen Alain Prost. Eine Vollbremsung Piastris rettete den Partyabend, denn mit dem Doppelerfolg feierte das britische Traditionsteam seinen 200. Grand-Prix-Sieg in der Formel 1. Und so überlegen wie das papayafarbene Auto ist, und so ehrgeizig wie Piastri die Chance seines Lebens angeht, werden wird noch eine Menge brenzlige Situationen erleben. Wozu auch die Diskussion passt, ob die Ein-Stopp-Strategie von Norris in Ungarn ein unfairer Vorteil gegenüber Piastri war. Teamchef Andrea Stella bleibt bei seiner Devise: «Wir bleiben bei unseren Werten und lassen sie weiter gegeneinander fahren. Wir wollen groses, echtes Racing in der Formel 1.»
Wissenstransfer über den Mittagstisch
Aston Martin: Fernando Alonso Fünfter, Lance Stroll Siebter – so stark war das Team in Racing Green schon länger nicht mehr vorn vertreten. Wer die Legende bemühen will, der schreibt das dem Designguru Adrian Newey zu, aber der berühmte Brite kümmert sich nur ums Auto fürs nächste Jahr. Allerdings trifft er sich manchmal mit den Ingenieuren zum Lunch, und warum soll der Wissenstransfer nicht auch über den Mittagstisch funktionieren? Es darf nur kein Strohfeuer bleiben.
Ferrari: Ein heisses Eisen, jedenfalls innenpolitisch. Lewis
Hamilton, der sich nach dem zwölften Startplatz selbst als «nutzlos»
bezeichnet und vor den Augen von Firmenlenker John Elkann dem Team
empfiehlt, ihn doch bitteschön auszutauschen. Ein Charles Leclerc, der
am Funk tobt, dass er seine Poleposition und die Siegchance verloren
hat, weil die Ingenieure nicht auf ihn gehört hätten. Doch laut
Ferrari-Mitteilung soll es kein verstellter Frontflügel gewesen sein,
sondern ein Problem am Chassis, dass den Absturz Leclercs verursachte.
Teamchef Frédéric Vasseur hätte sich zur Vertragsverlängerung sicher ein
anderes Ergebnis gewünscht, aber er weiss natürlich, dass die Scuderia
noch nicht konstant genug ist. Was Hamiltons Wunsch nach einem
Fahrertausch angeht, ahnt der Franzose: «Lewis ist frustriert, aber
nicht demotiviert.» Aber in Maranello ist weiter Feuer unter dem Dach.
Mit denselben Piloten
Mercedes: Willkommen im Ferrari-Klub. Hinterachse rein, Hinterachse
raus. In der alten Spezifikation läuft der Silberpfeil wieder besser,
schafft es George Russell aufs Podium und Kimi Antonelli zurück in die
Punkte. Wenig beruhigend allerdings, dass die Ingenieure für viel Geld
lange in die falsche Richtung entwickelt haben. Die Sorge von Teamchef
Toto Wolff ist natürlich die, dass das jederzeit wieder passieren kann.
Immerhin ist der Österreicher in einem sicher: dass er seine beide
Piloten auch im nächsten Jahr behalten will.
Red Bull Racing: Über Yuki Tsunoda braucht man momentan gar nicht
mehr reden, aber auch Max Verstappen leidet gewaltig. Eben noch auf der
Poleposition in Spa-Francorchamps (B), dann auf dem runderneuerten
Hungaroring im Niemandsland. Neunter, das ist für den Champion, der die
Titelverteidigung längst ad acta gelegt hat, keine Schadensbegrenzung –
das ist ein Ärgernis. Das ewige experimentieren ist der Niederländer
jedenfalls leid. Sein Bekenntnis, auch im nächsten Jahr seinem Team treu
zu bleiben, soll Ruhe reinbringen.
Einfach aussergewöhnlich
Sauber: Neben Aston Martin die zweite positive Überraschung, bevor es
in die Rennferien geht, zum sechsten Mal in Folge punkten die Hinwiler.
Zwar sind die Briten dadurch, dass sie doppelt punkten konnte, knapp am
Schweizer Team vorbei auf Rang sechs der Konstrukteurs-WM gezogen (mit
einem Pünktchen Vorsprung). Aber wenn Nico Hülkenberg patzt, ist der
Rookie Gabriel Bortoleto da, der in der inoffiziellen Nachwuchswertung
der Formel 1 immer besser in Schwung kommt. Als Siebter gestartet, als
Sechster im Ziel, lange Zeit im Rennen sich im Sandwich zwischen
Fernando Alonso und Max Verstappen behauptet – da hat Teammanager
Jonathan Wheatley ein Juwel im Rennstall. «Das Resultat zeugt von der
Entschlossenheit des ganzen Teams. Und Gabis Fahrt war einfach nur
aussergewöhnlich!» Das Publikum wählte den 20-Jährigen zum «Fahrer des
Tages» – schöne Ferien!
Fotos: McLaren, Sauber, Ferrari, Mercedes, Red Bull