Formel 1 – „Die ganze Welt hat gesehen, dass er der Allerbeste ist"

Elmar Brümmer | 04.11.2024

133 Tage musste sich Max Verstappen (Bild) gedulden, ehe er bei einem Grand Prix wieder siegte. Die Art und Weise, wie der Niederländer seinen letzten Erfolg erzielte, ist zweifellos aussergewöhnlich. Nach dem GP von Sao Pualo kann ihn wohl niemand am vierten Titelgewinn hindern.

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Es gibt Formel-1-Piloten, deren aussergewöhnliches Tun sich für den normalen Autofahrer nicht nachvollziehen lässt. Manchmal verstehen es selbst die Kollegen nicht. Max Verstappen ist so ein Aussergewöhnlicher, war so einer beim Grand Prix von Sao Paulo. Vom 17. Startplatz aus, Resultat einer Motorenstrafe und von viel Pech in der Qualifikation, zum Sieg zu fahren, das hatte viel von der Klasse eines Ayrton Senna, Lewis Hamilton oder Michael Schumacher. Kein Zufall, dass die Ausnahme-Champions allesamt den Regen lieb(t)en. Nicht, weil ihnen das Chaos unerwartet Chancen bietet. Sondern weil sie dort ihr unglaubliches Fahrgefühl unter schwierigsten Bedingungen zeigen können.

Zu übermütig

Der viertletzte Grand Prix der Saison hatte dem Herausforderer Lando Norris im McLaren die Chance geboten, viele Punkte gegen Verstappen wettzumachen. Doch auf der Rutschbahn von Interlagos zeigt sich einmal mehr, dass es dem Briten und seinem Rennstall noch etwas an Reife fehlt. Die siebe Poleposition des Jahres erneut schon in der ersten Runde zu verschenken, und später bei der Aufholjagd mit Übermut zu reagieren, das resultiert in einem sechsten Platz. In Summe hat Norris jetzt 62 Zähler Rückstand, bei 86 noch maximal zu gewinnenden Punkten. Max Verstappen könnte sich schon beim nächsten Rennen in Las Vegas (USA) zum vierten Mal in Folge krönen lassen. Würde es allein nach der Nervenstärke gehen, stünde der Niederländer ohnehin schon als Champion fest.

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Max Verstappen: Der wohl bald viermalige Weltmeister stellte im Regen seine Extraklasse unter Beweis.

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Max Verstappen: Nach 133 langen Tagen gewann der Niederländer endlich wieder einen GP.

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Max Verstappen: Mit dem Sieger freut sich auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner (l.).

Lange 133 Tage liegen zwischen dem letzten und dem jüngsten Sieg des Titelverteidigers. Eine Leidenszeit von Red Bull Racing mit vielen Schlagzeilen vor allem neben der Rennstrecke. Aber im entscheidenden Moment ist Verstappen da. Macht zehn Plätze auf den ersten fünf Kilometern gut, fährt am Ende 17 schnellste Rennrunden. Ein Mann in seinem Element, die aufgestaute Wut wird zum Allradantrieb in eigener Sache. Niemand kann ihn aufhalten. „Die ganze Welt hat gesehen, dass er der Allerbeste ist", sagt der stolze Vater Jos Verstappen, und keiner kann ihm widersprechen.

Selbst Laien hätten von aussen sehen können, wie gross die Fahrzeugbeherrschung unter den extremen Umständen war. So wie sie bei Norris das Unbehagen und das Zaudern hätten erkennen können. Instinktfahrer sind es, die die Faszination Formel 1 mit Leben erfüllen. Fahren im Regen, das ist nicht bloss Zufall, sondern eine Kombination aus ungeheurem Fahrgefühl und gelungenem Risikomanagement. Norris bezeichnet seinen misslungenen langen Sonntag mit Qualifikation und Rennen innerhalb nur weniger Stunden als „unglücklich". Verstappen hält seinen 62. Grand-Prix-Sieg hingegen für „unglaublich". Beide haben sie wohl Recht.

Der richtige Champion

Da fuhr einer in seiner eigenen Welt, am Ende eine ganze Sekunde schneller pro Runde als alle anderen. Als sollte der 21. WM-Lauf alles auf einmal wieder gutmachen, was Verstappen zuletzt widerfahren war. Die Anfeindungen in den britischen Medien, der Ärger mit den Funktionären, die strapazierte Freundschaft mit Norris. Dann zählt nur eine alte Rennweisheit: Wenn die Bedingungen für alle gleich (schlecht) sind, macht der Fahrer den Unterschied. Diesmal war es ein Klassenunterschied. Er habe sich schlichtweg wohl gefühlt, erklärte der Sieger hinterher seine Triumphfahrt. Aber seinem breiten Grinsen war anzusehen, wie gross die Genugtuung war. McLaren bleibt – völlig verdient – Favorit auf den Konstrukteurstitel. Aber das Ein-Mann-Team Verstappen wäre der richtige Champion.

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Lando Norris: Im Titelrennen ist der McLaren-Pilot weit hinter Konkurrent Max Verstappen zurückgefallen.

BWT Alpine Formula One Team 2024 Formula 1 São Paulo Grand Prix Sunday

Alpine-Renault: Die Werkstruppe machte in Sao Paulo viele Punkte, Esteban Ocon wurde Zweiter…

BWT Alpine Formula One Team 2024 Formula 1 São Paulo Grand Prix Sunday Kopie

…und freute sich später mit Teamkollege Pierre Gasly (l.) über dessen dritten Platz.

Resultate

Grand Prix von Sao Paulo (BR). 21. von 24 Läufen: 1. Max Verstappen (NL), Red Bull-Honda, 69 Runden zu 4.309 km (=297.261 km), 2:06:54.430 Stunden (=140.540 km/h). 2. Esteban Ocon (F), Alpine-Renault, 19.477 Sekunden zurück. 3. Pierre Gasly (F), Alpine-Renault, 22.532. 4. George Russell (GB), Mercedes, 23.265. 5. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 30.177. 6. Lando Norris (GB), McLaren-Mercedes, 31.372. 7. Yuki Tsunoda (J), Racing Bulls-Honda, 42.056. 8. Oscar Piastri (AUS), McLaren-Mercedes, 44.943 (inkl. 10 Sekunden Strafe für Verursachung eines Unfalls). 9. Liam Lawson (NZ), Racing Bulls-Honda, 50.452. 10. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, 50.753. 11. Sergio Pérez (MEX), Red Bull-Honda, 51.531. 12. Oliver Bearman (GB), Haas-Ferrari, 57.085. 13. Valtteri Bottas (FIN), Sauber-Ferrari, 1:03.588 Minuten zurück. 14. Fernando Alonso (e), Aston Martin-Mercedes, 1:18.049. 15. Guanyu Zhou (CHN), Sauber-Ferrari, 1:19.649. – Ausfälle: Carlos Sainz (E), Ferrari (38. Runde, Unfall); Franco Colapinto (RA), Williams-Mercedes (30., Unfall); Lance Stroll (CDN), Aston Martin-Mercedes (1., Unfall); Alexander Albon /T), Williams-Mercedes (1., Unfall). – Disqualifiziert: Nico Hülkenberg (D), Haas-Ferrari (Anfahrhilfe durch Streckenkommissare). – 20 Fahrer gestartet, 15 klassiert. – Schnellste Runde (11 Punkt): Verstappen, 67. Runde, 1:20.472 Minuten (=192.767 km/h). – Polesposition: Norris, 1:23.405 Minuten (=185.988 km/h).

Sprint: 1. Norris, 24 Runden (=103.356 km), 29:46.045 Minuten. 2. Piastri, 0.593 Sekunden zurück. 3. Verstappen 1.497. 4. Leclerc 5.656. 5. Sainz 7.224. 6. Russell 12.475. 7. Gasly 18.161. 8. Pérez 18.717. 9. Lawson 20.773. 10. Albon 24.606. 11. Hamilton 29.764. 12. Colapinto 33.233. 13. Ocon 34.128. 14. Bearman 35.507. 15. Tsunoda 41.374. 16. Bottas 43.231. 17. Zhou 54.139. 18. Alonso 56.537. 19. Stroll 57.983. – Ausfall: Hülkenberg (19. Runde, Motor). – Schnellste Runde: Norris, 1:23.405 Minuten (=185.988 km/h). – Polesposition: Piastri, 1:08.899 Minuten (=225.146 km/h).

Stände. Fahrer: 1. Verstappen, 393 Punkte (8 Saisonsiege). 2. Norris 331 (3). 3. Leclerc 307 (3). 4. Piastri 262 (2). 5. Sainz 244 (2). 6. Russell 192 (1). 7. Hamilton 190 (2). 8. Pérez 151. 9. Alonso 62. 10. Hülkenberg 31. 11. Tsunoda 28. 12. Gasly 26. 13. Stroll 24. 14. Ocon 23. 15. Kevin Magnussen (DK), Haas-Ferrari, 14. 16. Albon 12. 17. Daniel Ricciardo (AUS), Racing Bulls, 12. 18. Bearman 7. 19. Colapinto 5. 20. Lawson 4. – Konstrukteure: 1. McLaren-Mercedes 593 (5). 2. Ferrari 557 (5). 3. Red Bull-Honda 544 (8). 4. Mercedes 382 (3). 5. Aston Martin-Mercedes 86. 6. Alpine-Renault 49. 7. Haas-Ferrari 46. 8. Racing Bulls-Honda 44. 9. Williams-Mercedes 17.

Nächster Lauf: Grand Prix von Las Vegas (USA), 23. November 2024 (7.00 Uhr/MESZ).

Fotos: Red Bull, McLaren, Alpine

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