Formel 1 – Es geht noch ein bisschen verrückter

Elmar Brümmer | 02.12.2024

Es gibt keinen Grund, warum diese verrückte Formel-1-Saison auf der Zielgeraden nicht noch ein bisschen verrückter werden sollte. Der Grand Prix von Katar war so gesehen die perfekte Vorbereitung auf das grosse Finale am Wochenende in Abu Dhabi.

Katar F1 Verstappen Norris

Wer hätte darauf gewettet, dass die Konstrukteurs-WM noch einmal so spannend werden würde? Wer hätte den Aufschwung von Max Verstappen nach einem desolaten Sprintrennen voraussagen können? Wer den Absturz der Silberpfeile nach dem Doppelerfolg in Las Vegas? Und wer das überraschende Ende der Sauber-Punktlosigkeit? Die Formel 1 bleibt eine Wundertüte, und wenn nicht alles täuscht, wird sich dieser spannende Schlagabtausch dank des gleichbleibenden Reglements auch 2025 fortsetzen. Aber zunächst die Aufreger vom Losail International Circuit der Reihe nach.

Max Verstappen war mit einem besonderen Hybrid-Antrieb ins Rennen gegangen: seiner Wut, nachdem er seine Poleposition wegen einer Behinderung von George Russell im Qualifying an den Mercedes-Piloten abtreten musste. Der Niederländer beweist schnell, dass er der beste Racer der Saison ist und zurecht Weltmeister. Denn Champions gewinnen nicht nur die Rennen, die sie gewinnen müssen – sondern auch jene, die sie eigentlich nicht gewinnen können.

Katar F1 Verstappen

Alles im Griff: Weltmeister Max Verstappen gewann nach einem verpatzten Sprint den Grand Prix in Katar.

Nicht nur der Niederländer hat langsam die Nase voll von dem Strafen-Festival, dass die Hardliner der Kontrollbehörde FIA in letzter Zeit regelmässig abziehen. Der deutsche Rennleiter Niels Wittich musste gehen, sein portugiesischer Nachfolger Rui Marques gibt sich zwar im Dialog mit den Fahrern verständiger, ist im Dienst aber auch ein Hardliner. Das dürfte seinem Dienstherren Mohammed Ben Sulayem gefallen. Der FIA-Präsident bestreitet jedes Chaos in seinem Weltverband, und will auch auf den offenen Brief der Fahrer nicht reagieren.

McLaren und die Fehler

Die Strafe für das Missachten einer Gelben Flagge hat sich Lando Norris selbst zuzuschreiben, daran ändert auch das Petzen seines Kumpels Verstappen nichts oder die Empörung der McLaren-Chefetage über die Härte der Stop-and-Go-Strafe, die Norris vom zweiten auf den zehnten Rang zurückwarf und den Punktevorsprung seines Teams in der Konstrukteurs-Wertung gegenüber Ferrari auf 21 Zähler schmelzen liess – bei noch 44 in Abu Dhabi zu vergebenden Punkten. McLaren leistet sich in entscheidenden Situationen einfach zu viele Fehler, und Charles Leclerc hat mit seinem roten Auto nach dem zweiten Rang von Katar plötzlich sogar Chancen, noch WM-Vize vor Norris zu werden.

Katar F1 Piastri

Punkte liegen lassen: McLaren feierte im Sprint zwar den Sieg von Oscar Piastri,…

Katar F1 Norris

…im Grand Prix befand sich Lando Norris aber zu oft auf Abwegen.

Die besten Nachrichten kommen, auch das völlig unvorhersehbar, von der Hinwiler Rennmannschaft. Die letzten Punkte hatte das Schweizer Team vor Jahresfrist in Katar geholt, an gleicher Stelle konnte jetzt das Schreckgespenst Nullnummer vertrieben werden. Guanyu Zhou feierte kurz vor seinem Abschied mit dem achten Rang das beste Resultat seiner Formel-1-Karriere und wurde vom Publikum sogar zum „Fahrer des Tages" gewählt, Valtteri Bottas wurde Elfter. Bei allem Chaos im Rennen hatte sich in Katar tatsächlich ein kleiner technischer Fortschritt eingestellt. Das Upgrade von Las Vegas im Zusammenspiel mit neuen Frontflügel wirkte.

Erste Punkte und viel Geld

Die wichtigste Nachricht für Sauber-Audi aber kam schon vor dem Start ins vorletzte WM-Wochenende. Der Staatsfonds von Katar wird ein Drittel der Anteile an der Sauber AG übernehmen. Einen Grossinvestor an Bord zu nehmen war offenbar von Anfang an das Ziel des deutschen Automobilherstellers und ist keine Reaktion auf die aktuellen wirtschaftlichen Schlagzeilen um den VW-Konzern. Die Kataris waren die logische Wahl, sie besitzen bereits 17 Prozent Anteile am Volkswagen-Imperium, sie bekommen jetzt einen Verwaltungsratssitz in Hinwil. Das Team soll weiterhin Audi heissen, gut möglich aber, dass ein Co-Sponsor aus der Golfregion im Namen hinzukommt. Mit frischem Kapital kann der Ausbau von Rennteam und Rennfabrik voranschreiten. Das zumindest ist die Hoffnung von Audi-Chef Gernot Döllner, der eigens zusammen mit Finanzvorstand Jürgen Rittersberger zur Verkündung des Deals nach Doha gereist war: „Das wird unser Wachstum beschleunigen."

Katar F1 Leclerc Sainz

Auf zum Konstrukteurstitel: Ferrari machte in Katar eine Menge Punkte gut auf McLaren,…

Katar F1 Leclerc

…Charles Leclerc kann hinter Verstappen sogar noch Vizeweltmeister werden.

Wem das alles noch nicht verrückt genug erscheint, sei noch das gesagt: Wann hat sich ein Rennfahrer schon einmal in der Boxengasse überholen lassen, wie Red Bulls Dauerpechvogel Sergio Pérez? Wer würde dagegen wetten, dass in Abu Dhabi bereits Jack Doohan statt Esteban Ocon im Alpine sitzt? Und wer traut sich vorherzusagen, wie das Gerangel im Mittelfeld um Platz sechs ausgeht, bei dem Alpine Haas und Toro Rosso in Schlagdistanz zueinander liegen? Viele Fragezeichen sind eine gute Grundlage dafür, dass auch das Finale 2024 am kommenden Wochenende noch einmal ein Ausrufezeichen setzen kann.

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Erlösung in Hinwil: Guanyou Zhou holte in Katar die ersten Punkte für Sauber.

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Erlösung in Hinwil: Guanyou Zhou holte in Katar die ersten Punkte für Sauber.

Resultate

Grand Prix von Katar. Losail, 23. von 24 Läufen: 1. Max Verstappen (NL), Red Bull-Honda, 57 Runden zu 5.419 km (=308.611 km), 1:31:05.323 Stunden (=203.281 km/h). 2. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 6.031 Sekunden zurück. 3. Oscar Piastri (AUS), McLaren-Mercedes, 6.819. 4. George Russell (GB), Mercedes, 14.104 (inkl. 5 Sekunden Strafe wegen zu langsamen Fahrens hinter dem Safetycar). 5. Pierre Gasly (F), Alpine-Renault, 16.782. 6. Carlos Sainz (E), Ferrari, 17.476. 7. Fernando Alonso (E), Aston Martin-Mercedes, 19.867. 8. Guanyou Zhou (CHN), Sauber-Ferrari, 25.360. 9. Kevin Magnussen (DK), Haas-Ferrari, 32.177. 10. Lando Norris (GB), McLaren-Mercedes, 35.762. 11. Valtteri Bottas (FIN), Sauber-Ferrari, 50.243. 12. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, 56.122. 13. Yuki Tsunoda (J), Racing Bulls-Honda, 1:01.100 Minuten zurück. 14. Liam Lawson (NZ), Racing Bulls-Honda, 1:02.656. 15. Alexander Albon (T), Williams-Mercedes, 1 Runde zurück. – Ausfälle: Nico Hülkenberg (D), Haas-Ferrari (39. Runde, Dreher); Sergio Pérez (MEX), Red Bull-Honda (38., Defekt); Lance Stroll (CDN), Aston Martin-Mercedes (8., Kollisionsschaden); Franco Colapinto (RA), Williams-Mercedes (1., Unfall); Esteban Ocon (F), Alpine-Renault (1., Unfall). – 20 Fahrer gestartet, 15 klassiert. – Schnellste Runde (+1 Punkt): Norris, 56. Runde, 1:22.384 Minuten (=236.798 km/h). – Poleposition: Verstappen (wegen Vergehens in der Qualifikation aber von Position 2 gestartet), 1:20.520 Minuten (=242.280 km/h).

Sprint: 1. Piastri, 19 Runden, 27:03.010 Minuten (=227.774 km/h). 2. Norris, 0.136 Sekunden zurück. 3. Russell 0.410. 4. Sainz 1.326. 5. Leclerc 5.073. 6. Hamilton 5.650. 7. Hülkenberg 8.508. 8. Verstappen 10.368. 9. Gasly 14.513. 10. Magnussen 15.485. 11. Alonso 19.204. 12. Bottas 23.351. 13. Stroll 24.421. 14. Ocon 30.379. 15. Albon 33.062. 16. Lawson 34.356. 17. Tsunoda 35.102. 18. Colapinto 35.639. 19. Zhou 1:11.436 Minuten zurück. 20. Pérez 1:14.371. – 20 Fahrer gestartet und klassiert.

Stände. Fahrer: 1. Verstappen, 429 Punkte (9 Saisonsiege). 2. Norris 349 (3). 3. Leclerc 341 (3). 4. Piastri 291 (2). 5. Sainz 272 (2). 6. Russell 235 (2). 7. Hamilton 211 (2). 8. Pérez 152. 9. Alonso 68. 10. Hülkenberg 37. 11. Gasly 36. 12. Tsunoda 30. 13. Stroll 24. 14. Ocon 23. 15. Magnussen 16. 16. Albon 12. 17. Daniel Ricciardo (AUS), Racing Bulls-Honda, 12. 18. Oliver Bearman (GB), Ferrari/Haas-Ferrari, 7. 19. Colapinto 5. 20. Zhou 4. 21. Lawson 4. – Konstrukteure: 1. McLaren-Mercedes 640 (5). 2. Ferrari 619 (5). 3. Red Bull-Honda 581 (9). 4. Mercedes 446 (4). 5. Aston Martin-Mercedes 92. 6. Alpine-Renault 59. 7. Haas-Ferrari 54. 8. Racing Bulls-Honda 46. 9. Williams-Mercedes 17. 10. Sauber-Ferrari 4.

Nächster Lauf: Grand Prix von Abu Dhabi, Yas Marina, 8. Dezember 2024 (14.00 Uhr/MESZ).

Fotos: Red Bull, McLaren, Ferrari, Sauber

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