Formel 1 – Im Schatten des Weltmeisters

Elmar Brümmer | 30.11.2023

Formel 1 Die Saison 2023 ist Geschichte. Max Verstappen dominierte wie kein Weltmeister vor ihm. Aber es gibt noch andere Gewinner – und wo die sind, gibt es auch Verlierer.

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Die USA liebt die Formel 1: Da müssen auch Max Verstappen (r.) und Sergio Pérez als Elvis-Doubles in Las Vegas herhalten.

Was haben wir gelernt aus dem Formel-1-Finale von Abu Dhabi? Es geht immer noch ein bisschen mehr bei Max Verstappen und Red Bull Racing. 19. Sieg im 22. Rennen, dazu mehr als 1000 Führungsrunden, mit 54 Siegen Platz drei in der ewigen Siegerliste hinter Lewis Hamilton (103) sowie Michael Schumacher (91) und in einem Rennjahr mit Ayrton Senna (41), Alain Prost (51) sowie Sebastian Vettel (53) gleich drei grosse Champs überholt. Es ist fast eine Drohung, die Rennstallberater Helmut Marko nach dem Titelsegen ausspricht: «Max hat seinen Zenit noch nicht erreicht.» Deshalb lassen wir ihn mit seiner Siegesquote von 86 Prozent bei dieser Wertung der Auf- und Absteiger der Saison auch aussen vor.

Die Aufsteiger der Saison

Aston Martin Sie tragen beide das A im Namen, Aston Martin und Fernando Alonso (Bild u.). Gerade zu Saisonbeginn war die englisch-spanische Kombination eine echte Herausforderung für alle Etablierten. Das Zwischentief wurde mit Leidenschaft durchstanden, jetzt sind alle bereit für den nächsten Schritt. Branchensenior Alonso soll mit 42 Jahren noch einen weiteren Zwei-Jahres-Vertrag angeboten bekommen. Da bleibt jemand hungrig.

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Hungrig: Fernando Alonso im Aston Martin.

Oscar Piastri Endlich wieder ein Rookie (Bild u. v.), der auf Anhieb überzeugt. Auch weil er zur rechten Zeit in einem Team ist, dass den Turnaround innerhalb einer Saison geschafft hat. Aber der 22 Jahre alte Australier bei McLaren schert sich auch nicht um Konventionen, sagt Lando Norris auf der Piste offen den Kampf an.

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Kampf angesagt: Oscar Piastri vor McLaren-Teamkollege Lando Norris.

USA Nach drei Rennen in den Vereinigten Staaten sind die Zweifel ausgeräumt, ob europäischer Motorsport auf Nascar-Territorium funktionieren kann. Fein nach Zeitzonen getrennt sprechen die unterschiedlichen Grand Prix verschiedene Zuschauerschichten an: Miami steht für Unterhaltung, Austin für klassisches Racing, Las Vegas ist ein Nachtspektakel. Keine schlechte Kombination.

Verstappen USA 2

Stars and Stripes: Max Verstappens Red Bull mit US-Lackierung.

Williams Der neue Teamchef James Vowles wusste, wie zäh seine Aufbauarbeit sein würde. Vieles ist veraltet beim britischen Traditionsrennstall, aber dafür scheint neuer Schwung eingekehrt zu sein. Am Ende reichte es auch dank des talentierten Alexander Albon zum Sprung von ganz hinten auf Rang sieben.

Mick Schumacher Bei Haas chancenlos ausgebootet, konnte sich Mick Schumacher als Simulatorfahrer bei Mercedes einen Namen machen. Sein Vertrag wird verlängert, und er bekommt in der Langstrecken-WM bei Alpine eine Chance im Hypercar für Le Mans (s. Seite 21). Sein Motto: Dranbleiben und drinbleiben.

Die Absteiger der Saison

Ferrari Rang zwei in der Konstrukteurs-WM verlor Ferrari auch deshalb knapp an Mercedes, weil die italienischen Strategen einmal mehr auf die falsche Taktik gesetzt hatten. Immerhin: Carlos Sainz war in Singapur der einzige, der mit einem Sieg in die Red-Bull-Phalanx eindringen konnte. Frédéric Vasseur (Bild u.) weiss nach diesem ersten Jahr als Teamchef, dass er noch viel Arbeit in Maranello vor sich hat. Vor allem braucht es mehr Konstanz als in dieser Saison.

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Frédéric Vasseur: Der Ferrari-Teamchef weiss, dass er noch viel Arbeit vor sich hat.

Autoweltverband FIA So viel Ärger war nie. Mal die Tracklimits, dann die Parteinahme um eine Zulassung des Andretti-Teams, die Unzufriedenheit mit den Sprintrennen, der Pistenärger beim Nacht-Grand-Prix von Las Vegas und neuerdings die Einflussnahme auf Kommentare von Teamchefs und Sprüche der Fahrer über Boxenfunk. Formel-1- Chef Stefano Domenicali, der mit den Regelhütern leben muss, erscheint da weit souveräner.

Mercedes Der knapp erkämpfte zweite Platz in der Konstrukteurs-WM ist Teamchef Toto Wolff (Bild u.) zu wenig, führe er doch klar vor Augen, dass man eben nicht Erster sei. 451 Zähler Rückstand auf Red Bull schmerzen so sehr wie die Launen des Silberpfeils. Deshalb wird der jetzt in die Ecke gestellt, wie bei Ferrari wird es eine komplette Neukonstruktion geben.

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Toto Wolff: Der zweite Platz in der Konstrukteurs-WM ist dem Mercedes-Teamchef zu wenig.

Alfa Romeo Die sechste und letzte Saison unter dem Quadrifoglio brachte dem Sauber-Team aus Hinwil ZH (Gründer Peter Sauber, Bild u. l.) statt des – auch von Hintergrundpartner Audi – ersehnten Sprungs nach vorn einen dramatischen Rückschritt. Jetzt soll es mit James Key ein neuer Technikchef richten. Ein Jahr der verschenkten Chancen, allein der Formel-2-Titel von Ersatzpilot Théo Pourchaire machte Freude (s. Seite 22). Valtteri Bottas und Guanyu Zhou waren zu oft chancenlos.

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Schwieriges Jahr: Rennstall-Gründer Peter Sauber (l.) und Haas-Teamchef Günther Steiner.

Haas Was als grösstes Upgrade der Rennstallgeschichte (Teamchef Günther Steiner, Bild o. r.) angekündigt worden war, entpuppte sich als Rohrkrepierer. Am Ende war Nico Hülkenberg mit dem alten Auto schneller. Es rächt sich, dass Besitzer Gene Haas zu wenig in die kleinste Truppe der Boxengasse investiert, allein vom Netflix-Ruhm lässt sich sportlich nicht gut leben. 

Fotos: Red Bull, Alfa Romeo, McLaren, Mercedes, Aston Martin

Alfa Romeo F1-Team

Valtteri Bottas 19. Platz (fünfter Nuller in Serie, 18. der Saison; schlechtestes Saisonresultat mit Spanien-GP, 4. Juni). – Beste Platzierung im GP: 7. Platz (18. Runde). – Qualifika­tion: 18. Platz. – Besonderes: Im GP und in der Qualifikation langsamste Zeit in Streckensektor 1, in Training 1 und 2 viertschnellste Rundenzeit. – WM: 15. Platz, 10 Punkte (schlechteste Saison seit 2013 bei Williams, 17. Platz).

Guanyu Zhou 17. Platz (fünfter Nuller in Serie, 19. der Saison, schlechtestes Saisonresultat). – Beste Platzierung im GP: 14. Platz (34.–36. Runde). – Qualifika­tion: 19. Platz. – Besonderes: Im GP mit zehntbester Zeit in Streckensektor 2, in der Qualifikation langsamste Zeit in Streckensektor 2, in Training 2 siebtschnellste Rundenzeit. – WM: 18. Platz, 6 Punkte (wie 2022).

Resultate

Grand Prix von Abu Dhabi. Yas Marina Bay (Vereinigte Arabische Emirate). 22. und letzter Lauf: 1. Max Verstappen (NL), Red Bull-Honda, 58 Runden zu 5.281 km (=306.183 km), 1:27:02.624 Stunden (=211.054 km/h). 2. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 17.993 Sekunden zurück. 3. George Russell (GB), Mercedes, 20.328. 4. Sergio Pérez (MEX), Red Bull-Honda, 21.453 (inkl. 5 Sekunden Strafe für Verursachung einer Kollision). 5. Lando Norris (GB), McLaren-Mercedes, 24.284. 6. Oscar Piastri (AUS), McLaren-Mercedes, 31.487. 7. Fernando Alonso (E), Aston Martin-Mercedes, 39.512. 8. Yuki Tsunoda (J), Alpha Tauri-Honda, 43.088. 9. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, 44.424. 10. Lance Stroll (CDN), Aston Martin-Mercedes, 55.632. 11. Daniel Ricciardo (AUS), Alpha Tauri-Honda, 56:229. 12. Esteban Ocon (F), Alpine-Renault, 1:06.373 Minuten zurück. 13. Pierre Gasly (F), Alpine-Renault, 1:10.360. 14. Alexander Albon (T), Williams-Mercedes, 1:13.184. 15. Nico Hülkenberg (D), Haas-Ferrari, 1:23.696. 16. Logan Sargeant (USA), Williams-Mercedes, 1:27.791. 17. Gunayu Zhou (CHN), Alfa Romeo-Ferrari, 1:29.422. 18. Carlos Sainz (E), Ferrari, 1 Runde zurück. 19. Valtteri Bottas (FIN), Alfa Romeo-Ferrari, 1 Rd. 20. Kevin Magnussen (DK), Haas-Ferrari, 1 Rd. – Schnellste Runde (+1 Punkt): Verstappen, 45. Runde, 1:26.993 Minuten (=218.541 km/h). – Poleposition: Verstappen, 1:23.445 Minuten (=227.833 km/h).

Endstände. Fahrer: 1. Verstappen, 575 Punkte (19 Saisonsiege). 2. Pérez 285 (2). 3. Hamilton 234. 4. Alonso 206. 5. Leclerc 206. 6. Norris 205. 7. Sainz 200 (1). 8. Russell 175. 9. Piastri 97. 10. Stroll 74. 11. Gasly 62. 12. Ocon 58. 13. Albon 27. 14. Tsunoda 17. 15. Bottas 10. 16. Hülkenberg 9. 17. Ricciardo 6. 18. Zhou 6. 19. Magnussen 3. 20. Liam Lawson (NZ), 2. 21. Sargeant 1. – Konstrukteure: 1. Red Bull-Honda 860 (21). 2. Mercedes 409. 3. Ferrari 406 (1). 4. McLaren-Mercedes 302. 5. Aston Martin-Mercedes 280. 6. Alpine-Renault 120. 7. Williams-Mercedes 28. 8. Alpha Tauri-Honda 25. 9. Alfa Romeo-Ferrari 16. 10. Haas-Ferrari 12.

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