Grégory de Sybourg – im Namen Sifferts

Jean-Claude Schertenleib | 02.05.2024

Rennsportfamilie Grégory de Sybourg ist der Enkel von Jo Siffert. Die ­Verwandtschaft mit dem Rennidol hängt er aber nicht an die grosse Glocke. Der AR erklärt er, warum.

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Grégory de Sybourg: Im ADAC GT ­Masters fährt er einen BMW M4 GT3.

Motorsportfans könnte es auffallen, dass die Augen des 20-jährigen Grégory de Sybourg jenen von Jo Siffert gleichen. Besonders auffällig ist aber das Schweizer Kreuz auf dem Helm. Aber Sifferts Helm, sein Markenzeichen, war rot, de Sybourg hat die Farbe seines Kopfschutzes bewusst anders gewählt, sie ist dunkel. Grégory de Sybourg ist der Enkel des Schweizer Rennidols Jo Siffert. Von 1962 bis 1971 fuhr Siffert 96 Formel-1-Grand-Prix, von denen er zwei gewann, 1968 in Brands Hatch (GB) und 1971 in Spielberg (A). «Ich wollte mir zuerst eine Karriere mit meinem Namen aufbauen, bevor ich bekannt machte, dass ich der Enkel von Jo Siffert bin. Von nun an aber, weil die letzten beiden Saisons positiv verlaufen sind und ich mit dem ADAC GT Masters einen neuen, deutschen Markt betrete, erinnere ich gern an meinen Grossvater. Denn wenn Opa in der ganzen Schweiz sehr beliebt war, war er es natürlich auch in Deutschland. Vor allem bei BMW, für die Marke fuhr er in der Formel 2», sagt Grégory de Sybourg.

Der Freiburger, der im Januar 20 Jahre alt wurde, beeindruckt durch seine Ruhe. «Dass ich nicht den Familiennamen meines Grossvaters trage, hat es mir sicher einfacher gemacht, in die Karriere zu starten. Ich wurde weniger beobachtet. Als Grossvater tödlich verunglückte, war Mama zwei Jahre alt. Wir sprechen zu Hause nicht ständig über Grossvater. Trotzdem weiss ich seit Kinderjahren, wer er war. Denn da sind sein Helm, Bilder, Fotos, Zeitungsartikel und viel Post. Aber auch die vielen Fans, die jeweils am 24. Oktober, wenn sich Grossvaters Unfall in Brands Hatch 1971 jährt, an die Grabstätte pilgern. All das hat mich natürlich geprägt. Ich war, glaube ich siebenjährig, als mir richtig bewusst wurde, wer Jo Siffert war», erklärt Grégory de Sybourg.

Damals war noch nicht abzusehen, dass auch der Enkel dereinst Rennfahrer werden würde: «In diesem Alter orientiert man sich natürlich an den Eltern. Diese können sich für Fussball oder Eishockey interessieren. Die Passion meines Papas war früh die Fliegerei, weshalb ich immer in den Himmel geschaut habe. Ich erinnere mich, dass Mama eines Tages sagte: ‹Nein, wenn man Siffert-Blut hat, schaut man auf den Asphalt.›» Mutter Véronique nahm achtmal an der Rallye des Gazelles teil, einem Frauenrennen in Marokko. «Die Begeisterung für den Motorsport war in unserer Familie schon immer vorhanden. Einen Rennwagen zu fahren, war auch ein Kindheitstraum von Papa, aber er hatte nicht genug Geld», sagt de Sybourg.

Vom Prototyp zum GT-Rennwagen

Nach dem Kartsport wechselte Grégory de Sybourg 2022 in den Sprintcup by Funyo, wo er ­einen Sportprototyp mit 1.6-Liter-Motor eines Peugeot 308 GTI fuhr. Das Fahrzeug hatte rund 270 PS und war 670 Kilogramm leicht. Im vergangenen Jahr glänzte der Siffert-Enkel mit seiner Freiburger Teamkollegin Karen Gaillard im Sportprototypen-Wettbewerb Ultimate Cup, die beiden holten vier Podestplätze und wurden Gesamtzweite der Wertung der Piloten mit Nova-NP-02-Rennwagen. Unterstützt wurde de Sybourg von der Dimab-Gruppe, einem wichtigen BMW-Händler in der Westschweiz.

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Grégory de Sybourg ist der Enkel von Jo Siffert.

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Der Helm von Grégory de Sybourg: Das Schweizer Kreuz erinnert an den Kopfschutz Jo Sifferts.

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Das Rennidol: Auch über 50 Jahre nach
seinem Unfalltod ist Jo Siffert unvergessen.

Auf diese Saison hin wechselte Grégory de Sybourg von den Sportprototypen in den GT-Sport. Im ADAC GT Master, dessen Auftaktrennen am vergangenen Wochenende stattfand (s. Resultate Seite 22), lenkt der Freiburger einen BMW M4 GT3 des Teams FK Performance Motorsport. «Da ich erst spät mit dem Kartsport begonnen habe, war es illusorisch, darauf zu hoffen, dass ich im Formelrennsport landen würde. Daher habe ich meine Rennfahrerlehre in einem Sportprototyp gemacht. Nun bin ich im GT-Rennsport angekommen, hier finden sich deutlich mehr Hersteller», erklärt der Freiburger. Geholfen hat ihm dabei auch Benoît Morand, er ist der Manager von Grégory de Sybourg. Er war einst selbst Rennfahrer, aber auch Teammanager und Leiter mehrerer futuristischer Rennsportprojekte. «In der Region Freiburg ist die Leidenschaft für den Motorsport immer noch stark ausgeprägt. Wir haben einen VIP-Klub gegründet, der bereits 50 Mitglieder zählt», sagt Morand.

Auf dem Vormarsch

Vor dem Meisterschaftsauftakt des GT Masters hatte de Sybourg drei Tage lang Gelegenheit, seinen neuen Rennwagen, einen BMW M4 GT3, kennenzulernen: «Der BMW ist ein schwereres und breiteres Auto als jene Rennwagen, die ich bisher gefahren bin. Bei den ersten Tests bereitete mir das ABS-System noch die grössten Probleme, man muss lernen, es richtig einzusetzen. Grundsätzlich ist der BMW M4 GT3 ein Auto, bei dem man spürt, wie es arbeitet. Es gibt so viele Informationen an den Fahrer weiter», sagt de Sybourg über sein neues Auto.

Das ADAC GT Masters und dessen GT3-Boliden sind der nächste Schritt in der Karriere von Grégory de Sybourg. Sein Traum ist es natürlich, dereinst bei den 24 Stunden von Le Mans (F) zu starten, dem Rennen, das sein berühmter Grossvater nie gewinnen konnte. Jo Siffert wirft bestimmt vom Himmel aus ein Auge auf die Karriere seines Enkels. 

Fotos: ADAC, Archive Jicé

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