Louis Delétraz: «Amerika ist ganz besonders»

Interview: Jean-Claude Schertenleib | 14.03.2024

Interview Louis Delétraz entdeckte im vergangenen Jahr die US-Sportwagenmeisterschaft 
für sich. Und blieb dabei. Der Genfer spricht über die Gegenwart, aber auch über seine Zukunft.

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Wohlfühloase: Louis Delétraz im Acura ARX-06.

Seit Louis Delétraz 2020 der Formel 2 den Rücken gekehrt, damit den Traum von der Formel 1 hinter sich gelassen hat, aber dafür in den Langstreckenrennsport gewechselt ist, steht der bald 27-jährige Genfer auf der Sonnseite. Unter anderen gewann er 2022 die Gesamtwertung der European Le Mans Series, im vergangenen Jahr holte er sich in der Klasse LMP2 den Weltmeistertitel. Gleichzeitig startete Louis Delétraz aber vereinzelt auch in der US-Sportwagenmeisterschaft (Imsa), damals ebenfalls in der LMP2-Klasse, seit diesem Jahr aber bei den Hypercars, in den USA wird die Klasse GPD genannt. Ende Januar wurde der Acura-Pilot zusammen mit den Fahrerkollegen Colton Herta und Jordan Taylor sowie dem ehemaligen Formel-1-Weltmeister Jenson Button Dritter bei den 24 Stunden von Daytona. Dieses Wochenende wird in Sebring der zweite Lauf gefahren.

AUTOMOBIL REVUE: Wie sieht Ihr Leben als Rennfahrer in den USA aus?

Louis Delétraz: Es ist schön, und ich bin sehr glücklich, hier zu sein. Der Saisonauftakt in Daytona glückte mit einem unerwarteten Podiumsplatz. Wir hatten dabei eine Herausforderung zu meistern, die BoP (Balance of Performance, ein Leistungsausgleich – Red.) gibt es auch hier. Das Team arbeitete hervorragend, wir machten nicht den geringsten Fehler und konnten schliesslich Gegner besiegen, die in diesem Auftaktrennen stärker eingestuft wurden als wir.

Werden Sie dieses Wochenende beim zweiten Lauf in Sebring erneut mit der BoP zu kämpfen haben?

Der Schlüssel zum Gewinn der Meisterschaft ist Konstanz. Wir haben ein sehr gutes Auto und ein tolles Team. Alles, was mit den Regeln zu tun hat, ist für mich nicht relevant. Ich halte mich so weit wie möglich aus den Diskussionen heraus.

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Rennsport in Amerika: Bei den 24 Stunden von Daytona belegte Louis Delétraz in einem Acura ARX-06 Platz drei.

Was macht Ihre Freude aus?
Ich fühle mich topfit, der Motorsport ist zu meinem Beruf geworden, und in den USA gibt es eine Menge Spass.

Können Sie das erklären?
Es ist sehr speziell hier, die Rennszene ist so anders als in Europa. Denn es geht auch um die Show, es gibt mehr gelbe Flaggen, das Safety-Car kommt eher zum Einsatz. Selbst wenn man in einem Rennen eine Runde zurückliegt, ist der Sieg so immer noch möglich. In Daytona lagen wir einige Runden vor Rennende sogar vorübergehend noch in Führung.

Die Langstrecken-WM hat in Katar wieder begonnen. Ohne Louis Delétraz ...
Natürlich ist es ein wenig schade, nicht dabei zu sein. Aber ich bereue meinen Wechsel in die Imsa nicht. Trotzdem möchte ich nächstes Jahr wieder in beiden Meisterschaften fahren.

Bedeutet das, dass Acura der nunmehr zehnte Hersteller in der Langstrecken-WM sein könnte?
Andretti Motorsport, unser Teampartner, möchte das. Mehr kann ich aber zu diesem Thema derzeit nicht sagen.

Aber als Rennfahrer haben Sie keine Angst vor der Doppelbelastung mit WM und Imsa?
Ich sage immer, je mehr ich fahre, desto besser fühle ich mich. Und ich habe das Gefühl, dass ich jedes Mal besser werde. Dieses Jahr fahre ich neben der Imsa auch in der LMP2-Klasse der European Le Mans Series. Dort teile ich mir das Cockpit mit dem ehemaligen Formel-1-Piloten Robert Kubica, mit ihm fahre ich seit nunmehr vier Jahren. Der dritte Fahrer ist Jonny Edgar, der seit einem Monat 20-jährig ist. Wir sollten sehr konkurrenzfähig sein.

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Rennsport in Amerika: In Daytona gehörte zum Team von Louis Delétraz (2. v. l.) unter anderen Formel-1-Weltmeister Jenson Button (r.).

Es gibt keine LMP2-Fahrzeuge mehr in der Weltmeisterschaft, aber bei den 24 Stunden von Le Mans werden 16 Fahrzeuge dieser Klasse antreten. Sind Sie dabei?
Ja, ich bin dabei, mit demselben Team wie in den European Le Mans Series, unter anderem aber an der Seite des 41-jährigen, amerikanischen Unternehmers Phillip Jeffrey «PJ» Hyett. Ich bin sehr froh, dass ich in Le Mans dabei bin.

Bereuen Sie es wirklich nicht, dass Sie nie eine Chance in der Formel 1 erhalten haben?
Keineswegs! Aber wenn mich morgen früh jemand anruft, weil ein Auto frei ist, würde ich mich riesig freuen. Spass beiseite, meine Zukunft liegt im Langstreckensport.

Weil unter anderen viele Hersteller mit am Start sind?
Ja, und weil deshalb das Fahrerfeld sehr stark ist. Von den rund 30 Imsa-Piloten in der GTP-Klasse gibt es keinen, der nicht mindestens einmal in einem Monoposto gewonnen hat.

Eine goldene Ära des Langstreckensports?
Ja! Und das muss man voll auskosten.

Was ist das Ziel Ihrer Saison?
Mit Konstanz den Titel zu holen. Aber auch Rennen zu gewinnen. Ich freue mich auf die zwei Stadtkurse in Long Beach und Detroit. Das letzte Mal, als ich in einer Stadt Rennen gefahren bin, war 2019 in Monaco. Im einen Formel-2-Rennen wurde ich Zweiter. 

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Rennsport in Amerika: Die Fans sind zahlreich, Delétraz und seine Fahrerkollegen sind von Interesse.

Fotos: Imsa

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