Martin Bürki – Und was kommt jetzt?

Werner J. Haller | 08.02.2024

Martin Bürki Siege und Titel holte er schon genug. Aber die ­letzte Saison gab ihm den Rest. Martin Bürki will dieses Jahr den Spass wieder finden. Dazu braucht er die nationale Meisterschaft nicht.

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Ruhig und gelassen sitzt er da und nippt an einer Tasse Tee. «Ich habe keinen Groll, gegen nichts und niemanden. Ich habe abgeschlossen.» Seit 2011 holte der heute 56-jährige Garagist aus dem Berner Oberland neun Titel in der Schweizer Slalommeisterschaft und gewann viermal den Bergpokal der Schweizer Bergmeisterschaft. Das ist nur die Spitze seiner Liste mit Erfolgen aus 35 Jahren Motorsport. Beweisen muss Martin Bürki niemanden mehr etwas. «Ich habe mir ein Boot gekauft, ich werde an den Wochenenden vermehrt auf dem Wasser anzutreffen sein. Zudem hat mir mein Sohn Mike für dieses Jahr eine Reise zum Bergrennen Pikes Peak in den USA geschenkt», sagt Bürki lächelnd. Der Abstecher zum berühmtberüchtigten Bergrennen im Vorgebirge der Rocky Mountains fällt auf den 23. Juni, wenn in der Schweiz der vorletzte Lauf zur Slalommeisterschaft in Chamblon VD gefahren wird. Er werde auch andere nationale Meisterschaftrennen auslassen – weil er mit dem Schiff auf einem See sein werde.

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Spass haben: Martin Bürki will den BMW M3 GT3 (Hauptbild) oder andere Autos wie den McLaren 765 (kleines Bild) fahren – aber nicht ausschliesslich in der Schweiz.

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Spass haben: Martin Bürki will den BMW M3 GT3 (Hauptbild) oder andere Autos wie den McLaren 765 (kleines Bild) fahren – aber nicht ausschliesslich in der Schweiz.

Martin Bürki entzieht sich den Titelkämpfen in der Heimat, «ein paar ausgewählte Rennen werde ich sicher fahren, aber ich werde auch vermehrt im deutschen KW-Bergcup am Start sein». Künftig wolle er «grobe» Autos fahren wie seinen BMW M3 GT3, den er zuletzt beim Bergrennen Les Paccots FR Mitte September gefahren sei. Oder auch einen Boliden wie den McLaren 765, den er zuvor am Gurnigel BE fuhr. «Dazu ein Grillplausch mit Freunden. So will ich an Rennwochenenden die Freude am Rennsport zurückgewinnen.» Er sei älter geworden, die Freude sei ihm abhanden gekommen, in der Schweizer Meisterschaft sei er ziellos.

Fragezeichen bleiben

Martin Bürki war in der vergangenen Saison zum Prügelknaben des Schweizer Rennsports geworden. Beim Finale der Slalommeisterschaft in Chamblon griff der Berner laut der Disziplinarkommission des Verbands Auto Sport Schweiz «in die körperliche Integrität» eines Konkurrenten ein. «Das tut mir leid, ich hätte das nicht tun dürfen», betont Bürki abermals über ein halbes Jahr nach dem Eklat auf dem Rennplatz. Nach Anhörungen wurde er mit mehreren Tausend Franken gebüsst. «Das Bussgeld hat jemand bezahlt. Ich hätte es sicher nicht gemacht, weil das Strafmass nicht nachvollziehbar ist. Es entzieht sich meiner Kenntnisse, wie man auf diesen Betrag gekommen ist. In meinem Fall wurde mit anderen Ellen gemessen.»

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Wie man Martin Bürki kennt: 2022 feierte der Berner mit dem bekannten, grün-gelben VW MB Polo in Chamblon seinen neunten Titel in der Schweizer Slalommeisterschaft.

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Wie man Martin Bürki kennt: 2022 feierte der Berner mit dem bekannten, grün-gelben VW MB Polo in Chamblon seinen neunten Titel in der Schweizer Slalommeisterschaft.

Aber Bürki mag sich nicht mehr aufregen: «Ich bin sehr enttäuscht, und es hat mich verletzt, wie man mich quasi an den Pranger stellte und allein für die Geschehnisse verantwortlich machte.» Dass die Busse von einer Drittperson beglichen wurde, zeige auch, so Bürki, «dass ich ein so schlechter Kerl nicht sein kann». Kollegen fänden sich genug in der Rennszene, zum Beispiel in seinem Klub MB Motorsport. Deshalb werde er auch die Teamlizenz lösen. Bürki sah man bei Rennen immer wieder neben der Piste im Einsatz, wenn er mit seinem Team einem Kollegen half, das Auto wieder fahrtüchtig zu machen. «Ich helfe gerne, auch deshalb werde ich vielleicht das eine oder andere Mal auf einem Rennplatz anzutreffen sein.» 25 aktive Rennfahrer zählt MB Motorsport, viele davon werden aber dieses Jahr nicht starten. «Sie konzentrieren sich vermehrt auf den Beruf, der eine oder andere muss zuerst sein Auto reparieren, oder aber sie haben wie ich genug», erklärt Bürki. «Wir sind eine tolle Gemeinschaft. Als Team müssen wir nicht nur Rennen fahren. Wir gehen auch zusammen auf eine Wanderung oder haben eine Gaudi beim Kartfahren.»

Der Polo mit dem Junior

Den bekannten, grün-gelben VW MB Polo werden die Schweizer Fans aber trotz Martin Bürkis ausbleibenden Titelkämpfen auch dieses Jahr sporadisch zu sehen bekommen. Sein Sohn Mike trat letztes Jahr infolge einer beruflichen Weiterbildung kürzer, startete aber vereinzelt bei Rennen, so auch Anfang September am Gurnigel. Dort fuhr Bürki sen. den McLaren 765, während der Polo zum Sieg in der Kategorie E1 bis 1.6 Liter Hubraum fuhr – mit Bürki jun. hinter dem Lenkrad.

Fürwahr, beweisen muss der neunfache Slalommeister und vierfache Bergpokalgewinner Martin Bürki niemanden mehr etwas. Deshalb sitzt der 56-jährige Garagist aus dem Berner Oberland immer noch gelassen da, nippt an seiner Tasse – und bemerkt abschliessend: «Erfolg musst du dir erarbeiten, der Neid wird dir geschenkt.» 

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Die Zukunft von Bürki im Schweizer Rennsport: Den MB Polo fährt künftig Sohn Mike (Bild, 2023 am Gurnigel)…

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…während Papa Martin Kollegen auf dem Rennplatz hilft.

Fotos: Werner J. Haller

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