Olivier Burri: «Die Monte ist zur Sucht geworden»

Jean-Claude Schertenleib | 22.02.2024

Rallye 60-jährig brilliert Olivier Burri aus 
dem Berner Jura noch immer bei der Rallye Monte Carlo. 
Im Januar fuhr er den Klassiker bereits zum 25. Mal.

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Gelassener als auch schon: Olivier Burri (60) verliess bei der Rallye Monte Carlo 2024 die Komfortzone nie.

Olivier Burri lacht, als ihn die AUTOMOBIL REVUE auf seine 25. Teilnahme an der Rallye Monte Carlo im Januar dieses Jahres anspricht. «Mist! Und ich habe ständig gesagt, dass es bereits meine 26. Teilnahme sei.» Gemeinsam zählt man deshalb nochmals nach in seiner Garage in Belprahon BE, mit einem wachsamen Auge auf das, was zur gleichen Zeit beim Lauf zur Rallye-WM in Schweden passiert. Trotzdem ist Burri gesprächig, die Rallye Monte Carlo ist schliesslich eine Herzensangelegenheit. «Die Monte ist zu einer Sucht geworden. Ich finde, dass jeder Fahrer vor seinem Rücktritt mindestens einmal daran teilnehmen sollte. Am ersten Abend in Bayons-Bréziers, wenn du durch das leuchtend rote Meer der brennenden Fackeln fährst, wirst du eins mit den Zuschauern. Wenn du dich nicht konzentrierst, weinst du vor Rührung.»

Früher war es anders, aber nicht besser

Diese Rallye – die Rallye! – fuhr Olivier Burri erstmals 1991. Damals sass noch Christophe Hofmann als Co-Pilot auf dem Beifahrersitz. Hofmann blieb Burri über die Jahrzehnte hinweg stets treu, heute aber längst nicht mehr als Co-Pilot, sondern in der Organisation des Teams. «Er ist heute vielleicht sogar wichtiger», bemerkt Burri. Aber zurück zur Premiere 1991: «Wir starteten in Lausanne und fuhren fast 48 Stunden, bevor es ernst wurde. Selbst um drei Uhr in der Nacht trafen wir in Kreiseln Menschen, die sangen.»

War früher alles besser? Nein, nur anders, sagt Burri. Heute sei die Rallye mit dem System von Wertungsprüfungen um die Serviceparks herum viel kompakter. Vergessen sind die Tausenden von Kilometern, die Freunde mit zwei Ersatzrädern im Kofferraum zurücklegten, falls den Fahrern unterwegs etwas passieren sollte, das Auto im schlimmsten Fall liegen blieb. «Dieses Jahr habe ich die Begeisterung von früher wiedergefunden. Im Herzen der Rallye in Gap sah ich einen Vater, der seinen Sohn auf dem Arm fast vier Kilometer weit vom Ort, an dem er sein Auto parkieren konnte, bis zur Wertungsprüfung trug. Ich wollte einfach anhalten und sie mitnehmen.»

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Rallye Monte Carlo 2024: Olivier Burri fährt den Klassiker in einem Skoda Fabia Rally 2 Evo.

25 Teilnahmen mit vielen Höhen und wenigen Tiefen. «Seit über 30 Jahren nerve ich meine Familie, weil ich den Jahreswechsel nicht mehr gemütlich vor dem Kamin verbringe. Für mich ist der Dezember jeweils ein Monat der Vorbereitung auf die Rallye Monte Carlo. Ich trinke keinen Alkohol, ich arbeite an der Kondition, ich laufe und fahre Rad und bin vor 22 Uhr im Bett. Wer wettbewerbsfähig sein will, darf nicht auf Wunder hoffen.» Auch der fast gleich alte Spanier Carlos Sainz (Vater des Formel-1-Fahrers), der einige Tage vor der Rallye Monte Carlo die Rallye Dakar gewann, komme nicht ohne minutiöse Vorbereitung aus. «Man muss mit der Zeit gehen, auch ich habe mich mit den Jahren angepasst. Vor meiner ersten Teilnahme arbeiteten wir zu viert mehr als drei Wochen lang für die Rallye, während grosse Teams mit etwa 20 Fahrzeugen und über 40 Personen antraten. Jene, die in all den Jahren stehen geblieben sind, sind zu alten Nörglern geworden, die ihren Freunden immer die gleichen alten Geschichten erzählen.»

Gelassen am Start

Natürlich veränderten sich mit den Jahren auch die Ambitionen, sagt Burri. In diesem Jahr, bei seinem 25. Start und mittlerweile 60-jährig, sei er gelassen unterwegs gewesen: «Ich kam nie aus meiner Komfortzone heraus. Die Tests verliefen positiv, es gab bloss beim Shakedown kurz Unruhe, die Rallye aber lief perfekt. Ich attackierte auf den Wertungsprüfungen in Dévoluy und fuhr dort den entscheidenden Abstand zum Italiener Mauro Miele heraus.» Schliesslich beendete er die diesjährige Monte auf dem 16. Gesamtrang.

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Rallye Monte Carlo 2000: Olivier Burri in einem Toyota Corolla WRC.

Und welche Ausgabe ist ihm in besonderer Erinnerung geblieben? «Es ist schwierig, eine herauszuheben. 1993 siegten wir als ein Team von Freunden in der Kategorie Promotion für Amateure. Im Jahr 2000 griffen wir an und wurden Gesamtsiebte. Die stressigste Ausgabe aber war 2004: Wir hatten in Frankreich einen Subaru Impreza gemietet, aber das Auto wurde vor der Rallye verkauft! Der Vermieter machte uns dann ein anderes Angebot, doch als unser Auto ankam, blieb es erst einmal im Transporter, weil die Bank kein Geld bekommen hatte. Also zahlte Christophe Hofmann ein zweites Mal, worauf der Impreza erst wenige Stunden vor der Abreise freigegeben wurde.»

Noch einmal mit der Familie

Wird es für Burri eine 26. Teilnahme an der Rallye Monte Carlo geben? «Es gab dieses Jahr viele erfreuliche Dinge rund um die Monte. Mein Traum ist es, dieses Abenteuer noch einmal mit meiner Familie erleben zu dürfen, mit meiner Frau und meinen Töchtern – und meinem Sohn Michael als Ouvreur», sagt Olivier Burri mit einem Lächeln. 

Olivier Burri: 25-mal an der Rallye Monte Carlo

1991 23. Gesamtrang (7. Platz Kategorie N-Cup), Co-Pilot Christophe Hofmann, Ford Sierra RS Cosworth 4×4

1993 7. (Sieger Kategorie Promotion), Christophe Hofmann, Ford Sierra RS Cosworth 4×4

1997 7., Christophe Hofmann, Subaru Impreza 555

2000 8., Christophe Hofmann, Toyota Corolla WRC

2001 Ausfall (Mechanik), Jean-Philippe Patthey, Toyota Corolla WRC

2002 Ausfall (Mechanik), Christophe Hofmann, Peugeot 206 WRC

2003 12., Christophe Hofmann, Toyota Corolla WRC

2004 8., Jean-Philippe Patthey, Subaru Impreza S9 WRC

2006 12., Christophe Hofmann, Peugeot 307 WRC

2007 17. (Sieger Kategorie N4), Fabrice Gordon, Subaru Impreza STi N12

2008 18. (3. Kategorie N4), Fabrice Gordon, Subaru Impreza STi N14

2009 7., Fabrice Gordon, Fiat Abarth Grande Punto S2000

2010 13., Stéphane Rey, Subaru Impreza STi N14

2012 18. (Sieger Kategorie 3), Jean-Jacques Ferrero, Mitsubishi Lancer Evo X

2013 9. (2. Kategorie 2), Guillaume Duval, Peugeot 207 
S2000

2014 Ausfall (Unfall), Fabrice Gordon, Ford Fiesta S2000

2015 Ausfall (Mechanik), Fabrice Gordon, Ford Fiesta R5

2017 14. (7. Kategorie RC2), Stéphane Rey, Ford Fiesta R5

2018 12. (3. Kategorie RC2), Anderson Levratti, Skoda Fabia R5

2019 15. (8. Kategorie RC2), Anderson Levratti, Skoda Fabia R5

2020 18., Anderson Levratti, VW Polo GTI R5

2021 18., Anderson Levratti, VW Polo GTI R5

2022 20. (2. Kategorie WRC2 Masters), Anderson Levratti, VW Polo GTI R5

2023 59., Anderson Levratti, Hyundai i20 N Rally 2

2024 16. (7. WRC2, 5. WRC2 Challenger), Anderson Levratti, Skoda Fabia Rally 2 Evo

Fotos: Ludovic Carnal, Werner J. Haller

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