Werner J. Haller | 29.02.2024
Neue Herausforderung Das Karrieretief von Patric Niederhauser scheint überwunden. Nach seinem Wechsel zu Porsche und der Rückkehr zu einem Erfolgsteam steigt der 32-jährige Berner zuversichtlich in die bevorstehende Rennsaison.
Vergangenes Jahr hatte Patric Niederhauser grosse Pläne, dem Erfolg rannte er aber sehr bald hinterher. Endlich war der Berner in der grossen Tourenwagenserie DTM angekommen, am Ende blieb er aber mit lediglich drei Top-Ten-Platzierungen in 16 Rennen vor allem auch hinter seinen eigenen Erwartungen zurück. Niederhauser trug an der Misere wenig Schuld. Erst rund eineinhalb Monate vor dem Saisonstart bekam das Audi-Team Tresor Orange die Starterlaubnis. Eine ideale Saisonvorbereitung war so kaum möglich. Während Niederhauser in einem Audi R8 LMS GT3 der Konkurrenz oft hinterherfuhr, kämpfte Landsmann Ricardo Feller in einem identischen Auto bis zum letzten Meisterschaftslauf um den Titel mit.
Patric Niederhauser hat gewiss mehr Ambitionen. Denn 2019 gewann er zusammen mit dem südafrikanischen Fahrerkollegen Kelvin van der Linde und dem Team Rutronik als erster Schweizer den Titel im ADAC GT Masters – auf einem Audi R8 LMS GT3. Im Jahr darauf verpasste das Erfolgsduo die Titelverteidigung nur knapp.
Eine willkommene Anfrage
«Letzte Saison in der DTM war schon im Sommer klar, dass Audi dem Kundensport Ende Jahr den Rücken kehren würde. Viele Audi-Piloten, auch Kollegen von mir, schauten sich folglich um – einige bangten noch sehr lange um ein Cockpit für die neue Saison», sagt Niederhauser. Der Berner dagegen vermeldete Anfang Februar seinen Wechsel zu Porsche und die Rückkehr zu seiner Erfolgsstätte Rutronik. «Eigentlich waren meine Aussichten schon seit vergangenem Oktober gut. Denn Porsche fragte mich damals an für ein Rennen auf dem Nürburgring. Den Finallauf zur Rennserie NLS beendeten der Franzose Julien Andlauer und ich auf Platz drei.» Das war Balsam für den Berner nach den Misserfolgen in der DTM, «aber sicher auch ein Teilerfolg, der mir letztlich auf der Cockpit-Suche für dieses Jahr geholfen hat».
Das Team, für welches Niederhauser auf dem Nürburgring
erstmals einen Porsche 911 GT3 R fuhr, war – Rutronik. «Natürlich, auch
ich bangte nach der Ankündigung von Audi. Umso mehr freue ich mich, dass
ich in der bevorstehenden Saison einen Porsche fahren darf. Für mich
geht damit ein Bubentraum in Erfüllung. Zudem kehre ich zu meinem Team
zurück, was mir unbestritten entgegenkommt», sagt Niederhauser.
Natürlich ähnelten sich GT3-Autos im Grundsatz, «aber ein Porsche fährt
sich einfach anders als fast alles, was man schon gefahren ist».
Anders als alles andere
Auf eine Runde dürfte er mit seinem neuen Boliden gute
Zeiten fahren, mutmasst Niederhauser. «Aber im GT-Rennsport, in welchem
die Konkurrenz von den Rundenzeiten her sehr nahe beieinander ist, kommt
es auf Details an, die die eine oder andere gewinnbringende
Zehntelsekunde ausmachen. Das ging nach vielen Jahren Erfahrung mit dem
Audi problemlos. Nun fahre ich einen mir noch mehrheitlich unbekannten
Porsche, der zudem seine Eigenheiten hat», vergleicht Niederhauser und
schmunzelt.
Eine Herkulesaufgabe dürfte das für den 32-jährigen
Routinier auf Rennstrecken nicht werden. Trotzdem sei es von Vorteil,
dass er die Mannschaft von Rutronik mehrheitlich kenne. «Das Team
wechselte auch von Audi zu Porsche, aber den 911er hatte es schon 2023
in der GT-Challenge im Einsatz. Das Team kennt somit den Porsche – und
es kennt auch mich. Insofern wird man kaum an mir zweifeln, wenn es
einmal nicht ganz rund läuft. Gemeinsam haben wir es in den
Erfolgsjahren ja auch hinbekommen», sagt Patric Niederhauser. Zudem habe
er mit seinen Fahrerkollegen Sven Müller (D) und Andlauer kompetente
Porsche-Burschen an der Seite. «Zusammengefasst: Um mich herum hat es
bereits sehr viel Wissen rund um den Porsche 911 GT3 R.»
Schliesslich habe auch er Ambitionen nach dem letzten,
schwierigen Jahr. «Natürlich habe ich viel zu lernen. Für mich geht es
auch darum, mit dem Porsche erste Kilometer und Eindrücke zu sammeln.
Nichtsdestotrotz will ich in diesem Jahr das eine oder andere
Ausrufezeichen setzen. Ich habe grosse Erwartungen an mich.»
Fotos: GT-Challenge, Porsche, ADAC, DTM