Werner J. Haller | 04.12.2024
Ranko Mijatovic gewann als erster Schweizer den Titel in der Nordschleifen-Langstreckenserie NLS. Der Solothuner hatte Anfang Jahr aber ganz andere Pläne im Kopf.
Immerhin ein Bier habe er sich mal gegönnt, sagt Ranko Mijatovic und lacht. Der 38-jährige Solothurner, der bei Kappel eine Carosseriewerkstatt führt, gewann Mitte November beim Finale der Nürburgring-Langstreckenserie (NLS, vormals die VLN) den Titel in der Gesamtwertung – als erster Schweizer überhaupt. «Langsam, aber sicher habe ich es begriffen, dass ich den Titel geholt habe. Einerseits wartete trotz sportlichem Erfolg zu Hause die Arbeit, andererseits kam dieser Erfolg auch etwas überraschend. Gerechnet habe ich jedenfalls nicht damit», sagt Mijatovic rund zwei Wochen nach seinem Coup.
Rekordeinschaltungen
Zusammen mit seinen Teamkollegen Toby Goodman, der 22-jährige Brite gewann zudem die NLS-Juniorwertung, und Sven Markert (D) fuhr Mijatovic den BMW M240i Racing Cup vom Team Adrenalin Motorsport bei acht Läufen zu sechs Siegen. Klassensiegen wohlgemerkt, denn bei den NLS-Rennen, ausnahmslos über die 25 Kilometer lange Nordschleife, starten regelmässig um oder über hundert Autos in verschiedenen Kategorien. Das Punktesystem ist eigenwillig – je nach Anzahl Gegnern in einer Klasse gibt es mehr Punkte für einen Sieg. Aber die NLS hat trotzdem ihre Fans: Beim ersten Lauf Anfang April schalteten sich über 1.4 Millionen Viewer in den Livestream ein – Rekord!
Ranko Mijatovic war immer schon ein Speed-Junkie. Über den Motorrad-,
den Kart- und den Formelrennsport kam er 2019 auf die Nordschleife (s.
AR 16/2022), Yannick Mettler lernte er in der Kartzeit kennen, der
Schweizer Rennfahrer war danach Wegbegleiter und Berater. Auf einem BMW
M240i Racing des Teams FK Performance sammelte Mijatovic erste Erfahrung
auf dem fast 25 Kilometer langen Rundkurs der «Grünen Hölle». Routine
ist auf der Nordschleife wichtiger als andernorts, der Lernprozess ist
anstrengend, muss man sich als Fahrer doch im Prinzip vier normal lange
Rennstrecken am einem Stück einprägen. Mijatovic ist ein alter Hase, er
rechnet: «Ich bin nun seit fünf Jahren in der NLS, zudem bin ich vier
Mal die 24 Stunden am Nürburgring gefahren. Tausend Runden habe ich noch
nicht beisammen – aber weit über 800 dürften es sein.»
Entscheidender Rennstallwechsel
Die letzten Runden der diesjährigen Meisterschaft waren entscheidende
im Titelkampf. Vor dem letzten Lauf lag das BMW-Trio
Mijatovic-Goodman-Markert noch auf dem dritten Rang der Gesamtwertung.
«Das die Geschichte noch zu unseren Gunsten ausgehen würde, damit hatten
wir nicht gerechnet. In der Vergangenheit hatte ich das eine oder
andere Mal Pech, dieses Mal hatte ich das nötige Glück», erklärt
Mijatovic den Erfolg. Entscheidend sei aber auch gewesen, dass er auf
diese Saison hin nach vier Jahren den Rennstall gewechselt habe. «Das
alte Team hatte sich nach und nach aus der NLS verabschiedet, und das
neue, Adrenalin Motorsport, war offenbar schon länger an mir
interessiert, sagte man mir.»
Beim neuen Rennstall machte Mijatovic dieses Jahr auch erste
Erfahrung mit dem Porsche Cayman GT4. Nach vielen BMW-Jahren könnte sich
der Solothurner auf die kommende Saison hin einen dauerhaften Umstieg
vorstellen. «Mit einem GT4 fahren zu können, würde sich für mich wie ein
kleiner Aufstieg anfühlen», begründet Mijatovic einen möglichen
Wechsel. So oder so möchte er aber 2025 weiter für das Team Adrenalin
Motorsport fahren, «die Titelverteidigung mit dem BMW steht natürlich
über allem». Vor zwölf Monaten tönte es anders, damals habe er sogar an
das Ende seiner Motorsportkarriere gedacht: «Ich fühlte mich wie der
ewige Zweite, die Freude war verloren gegangen. Ich hatte wirklich
gedacht, 2024 fahre ich meine letzte Saison.»
Den Gesamtsieg in der NLS will Ranko Mijatovic gewiss noch ausgiebig
feiern. Diesen Samstag hat er dafür gut Zeit. BMW hat den Solothurner
nach München eingeladen. Dort ist er einer von 25 Kundenfahrern
weltweit, die mit der BMW M Sports Trophy ausgezeichnet werden.
Story Ranko Mijatovic in der AR 38/2021