Werner J. Haller | 27.11.2024
Beim letzten Lauf der GT-Challenge hat Ricardo Feller (gr. Bild, vorne) noch eine Titelchance. Der Aargauer kann damit noch seine Saisonbilanz aufbessern.
In Dschidda in Saudi-Arabien findet dieses Wochenende der letzte Lauf zum Langstrecken-Wettbewerb der GT-Challenge statt. Mit Ricardo Feller hat die Schweiz noch ein Ass im Ärmel, der Aargauer hat mit Blick auf den Punktestand gute Titelchancen. Feller liegt gemeinsam mit seinen Teamkollegen Christopher Haase und Alex Aka (Audi R8 LMS GT3 Evo 2) auf Rang drei, punktegleich mit dem Duo Alessioa Rovera/Alessandro Pier Guidi (Ferrari 296 GT3), und nur drei Zähler hinter den Leadern Marco Sörensen/Nicki Thiim/Mattia Drudi (Aston Martin Vantage GT3).
Zumindest konstant
Dennoch, Feller sieht die Konkurrenz im Vorteil. Da Audi sein GT3-Programm eingestellt hat, fehle es an der nötigen Unterstützung. «Wir sind vorne dabei, weil wir es während der Saison verstanden haben, Fehler zu verhindern», erklärt Feller. Während die Konkurrenten in der laufenden Saison auch über genügend Leistung der Autos verfügten und auf dem Podest standen – Sieg Sörensen/Thiim/Drudi in Spa-Francorchamps, zwei Podium für Rovera/Guidi in Spa und Monza –, blieben Feller und Co. zumindest konstant (vierte Plätze am Nürburgring und in Monza, sechster Rang in Le Castellet).
Aber selbst mit einem Titelgewinn könne er seine Saisonbilanz nur
bedingt verbessern. Feller hatte sich für das zu Ende gehende Jahr mehr
erhofft. Im Sprintwettbewerb der GT-Challenge reichte es nur zu
Gesamtrang neun, nachdem er im Vorjahr den Titel geholt hatte. Auch in
der DTM wurde Feller durchgereicht und landete auf Rang elf. Diese Saison schaffte er lediglich
zwei dritte Plätze bei den Läufen in Oschersleben und am Lausitzring –
2023 gehörte er bis zum Finale in Hockenheim zu den Titelanwärtern. Für
die DTM hatte sich Feller 2021 als Gesamtsieger des ADAC GT Masters
empfohlen.
Der Wurm war drin
«In der DTM hatte ich grosse Ambitionen nach dem dritten Gesamtrang
2023. Ich bin mit den zwei Podestplatzierungen gut in die Meisterschaft
gestartet. Aber nach dem dritten Lauf in Zandvoort war der Wurm drin.
Ich war als Fahrer ebenso machtlos wie meine Ingenieure.» Auf das
GT3-Ende von Audi will Feller den Rückschritt aber nicht zurückführen.
«Schliesslich kämpfte mein Teamkollege Kelvin van der Linde bis zum
Schluss um den Titel.» Die DTM-Saison sei für Feller und sein Team mit
Bremsproblemen, wie sie es zuvor nie erlebt hätten, zu Ende gegangen.
Selbst die Set-up-Daten von Van der Linde hätten kein Licht ins Dunkel
gebracht, sagt Feller.
Immerhin einen Saisonhöhepunkt hatte Ricardo Feller. Der Aargauer ist
seit Anfang Juni der erst zweite Schweizer, der die 24 Stunden am
Nürburgring. Zuvor hatte nur Landsmann Nico Müller 2015 die Grüne Hölle
bezwungen. Feller stösst sich nicht daran, dass der Erfolg von ihm sowie
Frank Stippler, Christopher Mies und Dennis Marschall auf einem Audi R8
LMS GT3 einen kleinen Makel hat. Wegen Nebels wurde bei der 52. Ausgabe
des Langstreckenklassikers nur etwas länger als sieben Stunden gefahren
– die kürzesten 24 Stunden am Nürburgring. «Schon in einem Jahr fragt
niemand mehr danach, dann heisst es bloss: Oha, du hast am Nürburgring
gewonnen!»
Am Tag seines schönsten Erfolgs in einer verkorksten Saison 2024
wurde Ricardo Feller 24-jährig. Der Aargauer hat noch viel Zeit, um
seine Bilanz aufzupolieren. Nächstes Jahr bestimmt auch nicht mehr im
Cockpit eines Audi.
Fotos: GT Challenge, Red Bull, ADAC Motorsport