DTM Ricardo Feller ist Gesamtdritter der DTM. Der Titel war das Ziel – und er bleibt es auch. Ob der Aargauer 2024 tatsächlich eine Chance hat, ist aber die grosse Frage.
Zum Leader gereift: Schon in der zweiten
DTM-Saison ist Ricardo Feller im Audi R8
LMS GT3 Evo 2 ganz vorn im Titelrennen.
Vom Rookie zum Titelanwärter. Der Aufstieg von Ricardo Feller in der Hierarchie der bekannten Tourenwagenmeisterschaft DTM ist steil. Letztes Jahr stand er als Serienneuling in Imola (I), beim erst sechsten von 16 Rennen, schon als Sieger zuoberst auf dem Podest. Die Saison beendete er auf Gesamtrang 15. Dieses Jahr ist der 23-jährige Audi-Pilot bereits DTM-Gesamtdritter hinter Meister Thomas Preining (Porsche) aus Österreich und dem Italiener Mirko Bortolotti (Lamborghini). Diese drei Piloten waren vor dem Finale in Hockenheim (D) Ende Oktober die verbliebenen Titelkandidaten. Preining holte den Meisterpokal dank zwei Rennsiegen.
Dem entgangenen Titel trauert Ricardo Feller nicht nach: «Ich bin mit der Saison zufrieden. Im Vergleich zu 2022 hat in diesem Jahr viel gestimmt, von mir als Fahrer über das Auto bis zum Team. Die Saison zeichnet sich vor allem durch die extreme Konstanz aus.» In der Tat: Der Aargauer beendete jedes der 16 Rennen bei acht Meisterschaftsläufen – und das auch noch in den Punkterängen (Ränge 1 bis 15). In Zandvoort (NL) holte der Audi-Fahrer einen Rennsieg, auf dem Lausitzring (D) war er zudem Zweiter und in Spielberg (A) Dritter. Im Jahr zuvor, als Rookie, schrieb er bei 16 Rennen noch sieben Nuller, weil er entweder ausfiel oder die Top 15 nicht erreichte.
Ein Rennsieg: Ricardo Feller gewinnt ein Rennen in Zandvoort.
«Der Titelgewinn war für mich schon in diesem Jahr das erklärte
Ziel. Es hat nicht gereicht, also nehme ich im nächsten Jahr einen neuen
Anlauf.» Wie das gelingen kann, weiss Ricardo Feller schon: «Noch konstanter
werden! Dieses Jahr ist es mir gelungen, bei allen Rennen Punkte zu holen. Will
ich den Titel holen, reicht es nicht, wenn ich mich bei den Rennen in den Top
15 klassiere. Ich muss die Rennen weiter vorne beenden, mehr Topplatzierungen
schaffen.»
Ein Auslaufprogramm
Obwohl die Saison 2024 mit dem Auftakt am Wochenende des
27./28. Aprils in Oschersleben (D) in weiter Ferne liegt, ist schon klar:
Einfacher als dieses Jahr wird es für Feller nicht. Im Gegenteil, ist man sogar
geneigt zu sagen. Mitte Juli dieses Jahres gab Audi bekannt, dass das
Unternehmen sein GT3-Programm auslaufen lasse. Heisst, der auch in der DTM
eingesetzte R8 LMS GT3 wird nicht mehr weiterentwickelt, und rund 300 Teams im
GT-Kundensport erhalten keine Werksunterstützung mehr. Zudem machte Audi erst vor
rund einem Monat öffentlich, die Pläne für den Formel-1-Einstieg auch aus
Spargründen überdenken zu wollen.
Hat gut lachen: Ricardo Feller ist Audis bester DTM-Pilot.
Dass sich Audi früher oder später aus der DTM zurückziehen wird,
ist deshalb auch Ricardo Feller klar: «Aber für das kommende Jahr bin ich als
Fahrer des Teams Abt bestätigt.» Die sportliche Formkurve von Audi lässt sich
auch mit Blick auf die Tourenwagenserie erkennen. 2022 rangierten drei Piloten
mit einem Audi R8 LMS GT3 in den Top Ten des Endklassements, ein Jahr später
ist Feller der einzige. Dasselbe Bild in der Teamwertung: 2022 waren drei
Audi-Rennställe in den Top Five, dieses Jahr schaffte es nur noch Abt.
Die grosse Unbekannte
Abt machte sich als Sportpartner von Audi über Jahrzehnte einen
Namen, «aber Abt kann am Auto selbst nichts weiterentwickeln», betont Feller.
Trotzdem ist er zuversichtlich: «Wir leisteten in diesem Jahr gute Arbeit und
hatten keine Ausfälle zu beklagen. Wir können uns weiter verbessern und
beispielsweise das Set-up des Autos nochmals optimieren.» Er sei mit einem altbekannten
Audi in die abgelaufene Saison gestartet, erinnert er sich. «Lamborghini aber
kam mit Updates für das Auto und Porsche gar mit einem neuen Auto.» Porsche sei
die grosse Unbekannte im Teilnehmerfeld gewesen. Porsche-Pilot und Meister
Preining gewann die zwei letzten Rennen trotz Zusatzgewicht (Balance of
Performance für den Leistungsausgleich der Autos). Was beim Exploit zum
Saisonende vermutlich half, war der grössere Restriktor, den ein 911 GT3 R seit
dem viertletzten DTM-Lauf Mitte August mitführen durfte. «Bis zum Finale wusste
von der Konkurrenz niemand richtig genau, wozu Porsche fähig war», erklärt
Feller.
Der Titelkampf: Gegen Porsches Thomas Preining (l.) hatte Ricardo Feller das Nachsehen.
Porsche hat mit dem im Vergleich zu Audi jüngeren Auto auch 2024
noch Potenzial, ein unbeschriebenes Blatt sind die 911 GT3 R dann aber nicht
mehr. Das trifft in der kommenden DTM-Saison auf Honda zu. Das Team AIM GT wird
zwei NSX GT3 Evo einsetzen, ein Modell, das im US-Rennsport als Acura Erfolge
feierte. «Schön, dass die DTM weiter wächst. Wir werden herausfinden, wie gut
sie sind. Unterschätzen, das ist klar, werden wir sie jedenfalls nicht», betont
Feller.
Hoch die Trophäe: Ricardo Feller feiert Platz drei in der Meisterschaft.