Romain Grosjean – Das volle Programm

Wolfgang Monsehr und Werner J. Haller | 14.03.2024

Romain Grosjean 
Der Genfer orientiert sich neu. In der Indycar hat er sich vom Andretti-Team abgewendet. In den USA gibt es auch die Langstreckenmeisterschaft.

97191

Romain Grosjean: Der Genfer fährt dieses Jahr in der Indycar, in der US-amerikanischen Sportwagenmeisterschaft und in Le Mans.

Andere wären vermutlich schon schreiend weggerannt. Romain Grosjean hat seit vergangenem Herbst schon reichlich Trubel um die Ohren. Im Oktober verklagte er den Andretti-Rennstall, der ihn nach zwei Jahren in der Indycar-Meisterschaft vor die Türe gesetzt hatte. Ursprünglich wollte man gemeinsam weitermachen, bis Andretti überraschend einen Rückzieher machte. Beim Test zu den 24 Stunden von Daytona im Januar brannte sein Lamborghini Huracán GT3 Evo 2 an der Box, beim Langstreckenklassiker wurde das Fahrerquartett Romain Grosjean, Matteo Cairoli, Matteo Cressoni und Claudio Schiavoni von der Rennleitung kurzum von der schwächeren in die stärkere GT-Klasse spediert.

97194

Indycar: Romain Grosjean fährt seine bereits vierte Saison, neu fährt er aber für das Team Juncos-Hollinger-Chevrolet.

Aus dem angestrebten Podiumsplatz wurde schliesslich nichts, weil das Getriebe des Lamborghini nach 293 Runden noch lange vor Rennhälfte kollabierte. Beim Saisonstart der Indycar vergangenes Wochenende in St. Petersburg musste er sein Auto nach 86 von 100 Runden wegen eines technischen Defekts in der Box parkieren, zuvor hatte er von der Rennleitung noch eine Boxendurchfahrtsstrafe kassiert, nachdem er mit dem Rookie Linus Lundqvist kollidiert war. Grosjean, der im April 38-jährig wird, hat gewiss schon brenzligere Situationen gemeistert, weltberühmt wurde er Ende November 2020, als er beim Formel-1-GP von Bahrain fast unversehrt aus einem lichterloh brennenden Haas-Ferrari stieg.

Neues Indycar-Team

«Für den weiteren Saisonverlauf bin ich sehr zuversichtlich», meint Romain Grosjean jedenfalls mit Blick auf die Indycar-Meisterschaft. Nach dem Aus bei Andretti kam Grosjean beim Rennstall Juncos-Hollinger-Chevrolet unter. Das argentinisch-amerikanische Team ist vergleichsweise jung. 2022 kehrte es nach einer Pause in die Indycar-Meisterschaft zurück. Unter anderem 2021 fuhr die Thunerin Simona de Silvestro im Team von Beth Paretta mit dem Juncos-Chassis die 500 Meilen von Indianapolis. Grosjean fühlt sich in der familiären Atmosphäre seines neuen Teams wohl. Und auch Teamchef Ricardo Juncos ist mit seiner Fahrerwahl für dieses Jahr glücklich, wie er nach dem Saisonauftakt in St. Peterburg erklärte. «Obwohl das Rennen für Romain und uns schon enttäuschend ist, überwiegen doch die positiven Aspekte. Romain ist wirklich eine echte Bereicherung für unser Team, und sein Erfahrungsschatz kann uns nur weiterhelfen», machte er dem Genfer ein grosses Kompliment.

97183

Langstreckenrennsport: Bei den 24 Stunden von Daytona teilte sich Romain Grosjean das Cockpit des Lamborghini Huracán GT3 mit Matteo Cairoli, Matteo Cressoni und Claudio Schiavoni (v. l.).

97176

Langstreckenrennsport: Bei den 24 Stunden von Daytona teilte sich Romain Grosjean das Cockpit des Lamborghini Huracán GT3 mit Matteo Cairoli, Matteo Cressoni und Claudio Schiavoni (v. l.).

Blende man die Bestrafung und den Ausfall beim Saisonstart der Indycar-Meisterschaft aus, gebe es sehr viel Positives, und darauf könne man bauen, sagt Grosjean: «Wir konnten bei den Vorsaisontests in Sebring nur ein minimales und begrenztes Programm abspulen. Wir kamen zwar voran, aber wir konnten bei Weitem nicht alles rund um das Auto testen, so wie wir es geplant hatten. Deshalb reiste ich mit gemischten Gefühlen nach St. Petersburg, war dann aber angenehm überrascht, weil es so gut lief. Das hätte ich nie erwartet, obwohl mir der Strassenkurs hier in St. Petersburg liegt.» Grosjean hatte sich in der Qualifika­tion Startposition fünf geholt. Die Voraussetzungen für eine gute Vorstellung im Rennen waren also gegeben, lange hielt sich der Chevrolet-Pilot in den Top Ten. «Obwohl das Rennen für Romain und uns letztlich enttäuschend verlief, so überwiegen doch die positiven Aspekte», meint Teamchef Juncos.

Neuer Rennwagen

Bis zum zweiten Lauf kann das Team verschnaufen. Nicht aber Gros­jean. Denn dieses Wochenende debütiert er bei den 12 Stunden von Sebring im neuen Lamborghini-Prototyp SC63, nachdem er in Daytona noch den Huracán GT3 gefahren war. «Die Tests verliefen zufriedenstellend. Es gab keine grösseren Probleme. Aber Sebring wird jetzt eine wichtige Standortbestimmung für uns. Wo stehen wir im Vergleich mit der Konkurrenz?» Ein Vorteil für Romain Grosjean und Lamborghini ist, dass der Lamborghini SC63 von Ligier konstruiert wurde. Die französische Rennwagenmanufaktur muss keinen Ansturm von Teams befürchten wie beispielsweise der italienische Konkurrent Dallara. Das Lamborghini-Team um Grosjean darf sich demnach über ­eine etwas intensivere technische Betreuung freuen.

Der Trubel rund um Grosjean war in den vergangenen Monaten gross. Aber Zeit, um sich lange darüber aufzuhalten und zu ärgern, hat er nicht. «In diesem Jahr bin ich voll ausgelastet. Da sind die Indycar-Meisterschaft, der Lamborghini-Einsatz in der Imsa-Serie – und letztlich auch der Start bei den 24 Stunden von Le Mans. Und ja, ich bin nun auch bei Canal+ Co-Kommentator bei Formel-1-Rennen.» Es läuft.

97185

Langstreckenrennsport: Für den zweiten Lauf der US-amerikanischen Imsa-Meisterschaft steigt der Genfer in den Lamborghini SC63.

Fotos: Penske Media, Iron Lynx, WEC

Kommentare

Keine Kommentare