Slalom-SM – Ein Überraschungssieger und andere Geschichten
Werner J. Haller | 24.06.2025
Die Schweizer Slalommeisterschaft 2025 ist Geschichte – und sie hat einige Geschichten geschrieben. Nicht nur, weil Alessandro Grispino ein Renault Clio R3 (Foto) anstelle eines PS-strotzenden Rennsport- oder Tourenwagen zum überraschenden Titelgewinn reichte.
«Das ist sensationell! Zwei mit vergleichsweise kleinen Autos und
kleinen Budgets mischen in der Schweizer Slalommeisterschaft zuvorderst
an der Spitze mit», meint Alessandro Grispino im Parc fermé nach
Rennschluss grinsend mit Blick auf Samuel Weibel. Grispino hat den Titel
beim Finale in Chamblon tatsächlich geholt, in einem Renault Clio R3,
vor Yves Hängärtner im mächtigen Dallara-GP3-Formelauto und Weibel, der
auch «bloss» einen Subaru BRZ lenkt.
Grispino ist der vierte Schweizer Slalommeister in den vergangenen
vier Jahren. Bis 2022 dominierte Martin Bürki mit seinem VW Polo, 2023
holte Namensvetter Martin Oliver Bürki in einem BMW M-Power E33 den
Titel, letzte Saison sicherte sich Philip Egli in seinem Dallara-Formel 3
den Gesamtsieg in der Schweizer Slalommeisterschaft.
Dritter der Meisterschaft: Samuel Weibel im Subaru BRZ.
Vize-Champion nach Comeback: Yves Hängärtner im mächtigen Dallara-GP3.
«Kleine» ganz gross: Meister Alessandro Grispino (r.) und der SM-Dritte Samuel Weibel.
Grispino, 24-jährig und aus Steinen im Kanton Schwyz, beendete 2021
seine Karriere als Leistungssportler im Unihockey, «weil du mit diesem
Sport kein Geld verdienen kannst», setzte auf den Job und fuhr erste
Rennkilometer im Auto. Weibel, 33-jährig und aus dem bernischen
Wolfisberg, fand 2021 mit dem Subaru BRZ wieder die Freude am
Motorsport. «Die Freude war mir Jahre zuvor abhanden gekommen, aber es
war auch eine Frage des Budgets.» Diese Saison schrieb er in der
langsamsten Kategorie der Slalom-SM, der Superserie, nur einen Nuller,
«in Bière, wegen eines defekten Dichtungsrings». Den dritten Platz in
der Schweizer Slalommeisterschaft nehme er «sehr gerne mit», sagt Weibel
und lacht.
Rang 39 und Platz 53
Das sportliche Reglement der Slalom-SM und Erfolge in einer Kategorie
mit genügend Gegnern macht es möglich, dass durchaus auch die «Kleinen»
den «Grossen» die Show stehlen können. Ein Blick auf die Tageswertungen
der total sieben Slaloms zeigt, wie überraschend – und letztlich auch
toll – diese Erfolge zustande kamen. Alessandro Grispinos beste
Klassierung in einer Tageswertung sind die 39. Plätze in Frauenfeld,
Bière und Bure – Weibels beste Position in einem Tagesklassement war
Rang 53 beim Slalom in Bure.
Meiste Tagessiege 2025: Lionel Ryter.
Enthronter Meister: Philip Egli.
Zwei Konkurrenten im Kampf um den Tagessieg: Philip Egli (l.) und Lionel Ryter.
Grispino gewann mit seinem Renault Clio R3 in seiner Kategorie
A/ISA/R2/R3 bis 2000 Kubikzentimeter Hubraum sechs von sieben Slaloms
der SM 2025, ebenso Weibel mit dem Subaru BRZ in der Kategorie
Superserie bis zwei Liter Hubraum. Sie bekamen für die Kategoriensiege
jeweils so viele Punkte wie Vorjahresmeister Philip Egli, der 2024 alle
sechs Tagessiege geholt hatte.
Eglis erstes Mal in zwölf Jahren
Diese Saison gewann Formel-3-Pilot Egli dagegen nur noch drei
Tageswertungen, vier Siege verbuchte Formel-Renault-Pilot Lionel Ryter,
die ersten seiner Karriere. Es ist die erste Meisterschaft seit 2014,
bei der Egli nicht alle oder die meisten Tagessiege pro Saison einfuhr.
Im Jahr zuvor, am 13. Oktober 2013, hatte Egli im Ambri seinen ersten
Sieg in einer Tageswertung sichergestellt. Egli und Ryter, die derzeit
schnellsten Piloten in der Schweizer Slalommeisterschaft, haben sich im
Titelkampf 2025 gegenseitig zu viele Punkte gestohlen.
Schnellster Tourenwagen: Sandro Morros war in Chamblon zum dritten Mal 2025 bester Fahrer mit geschlossenem Auto.
Dritter der Tageswertung in Chamblon: Stéphane Maréchal.
Man könnte selbiges auch über die Tourenwagenkonkurrenz sagen. Mehr Sieger als dieses Jahr gab es zuletzt 2019. Fünf waren es in der zurückliegenden Saison. Da war Matthias Bischofberger. Da war aber auch Martin Oliver Bürki, der ein Comeback gab, mit einem neuen BMW, einem 320is. Da war auch Ex-Champion Christoph Zwahlen, der erstmals seit seinem Unfall im Herbst 2013 wieder einen Tourenwagensieg holte. Da war auch noch Comebacker Sandro Morros, der nicht nur einen, sondern deren drei Siege feierte, die ersten seit 2019.
«Das war nicht absehbar»
«Der Titel war nie das erklärte Ziel», sagt Eglis Nachfolger Alessandro Grispino am Sonntagabend nach dem Slalomfinal in Chamblon. Wie hätte der Renault-Clio-Pilot denn damit rechnen können, dass Egli und Ryter sich Punkte wegnehmen, dass Vize-Champion und Rückkehrer Yves Hängärtner letztlich über ein Streichresultat wegen einer Pylone und eines Flügelschadens stolpert oder dass Stephan Burri, 2022 Vizemeister, zwei Nuller schreibt, weil er beim Doppellauf in Bière wegen zu viel Lärms seines VW Scirocco disqualifiziert und deshalb enttäuscht von Dannen zieht.
Meisterkür: Papa Claudio Grispino (r.) zieht seinem Sohn Alessandro das Meister-Shirt über.
«Das sich Egli und Ryter gegenseitig die Punkte wegnehmen, war nicht
absehbar. Der Titel von Alessandro hat sich Stück für Stück ergeben»,
sagt Claudio Grispino, der Papa des neuen Schweizer Meisters, der selbst
seit fast 30 Jahren Autorennen fährt. Er weinte, als sein Sohn erreicht
hatte, was ihm selbst nie vergönnt war. Claudio Grispino verweist aber
auch auf den Renault Clio: «Es war klar, dass ein Auto der E1-Kategorie
für Alessandro nicht in Frage kommt. Es ist zu kostspielig. Den Clio
hatte ich letztes Jahr bei einer Rallye in Italien im Einsatz gesehen,
vor Weihnachten 2024 war er bei uns.»
Die Schweizer Slalommeisterschaft 2025 ist Geschichte – eine tolle Geschichte!