Wolfgang Monsehr | 20.05.2024
Prototypen In der US-Sportwagenmeisterschaft entzückt die neue Generation der Prototypen ebenso wie
in der Langstrecken-WM. Darunter leiden die kleinsten Prototypen, die LMP3.
Momentan herrscht, für Aussenstehende und Fans kaum wahrnehmbar, in der US-Sportwagenmeisterschaft (Imsa) ziemlich dicke Luft, obwohl sich beim diesjährigen Saisonstart in Daytona Ende Januar beim legendären 24-Stunden-Rennen das beste Starterfeld seit Jahrzehnten präsentierte. Imsa-Präsident John Doonan strahlte bei der Pressekonferenz über das ganze Gesicht. «Wir knüpfen wieder an die glorreichen Zeiten unserer Meisterschaft an. Wir haben jahrelang wertvolle Energie vergeudet, weil wir mit dem Autoweltverband FIA und dem Le-Mans-Veranstalter Automobile-Club de L’Ouest im Clinch lagen. Jetzt geben sich bei uns die Fahrzeughersteller die Klinke in die Hand, um bei uns mitfahren zu können», erklärte Doonan.
Im Sommer 2021 bereinigten die drei Verbände ihre Differenzen. Dank des neuen Prototypenreglements ist es möglich, dass die gleichen Autos sowohl die Langstrecken-WM als auch die US-Meisterschaft fahren. Die Prototypen der LMH-Klasse (Le-Mans Hypercars) wurden bald nach der Übereinkunft eingeführt, in den USA fahren die LMDh-Autos (Le Mans Daytona) seit vergangenem Jahr in der neuen Königslasse GTP (Grand Touring Prototype). Ergänzt wird das Feld in den USA mit älteren LMP2-Prototypen (Le Mans Prototype 2) und GT3-Autos. Damit war das Startfeld bei den 24 Stunden von Daytona 2024 proppenvoll. Platz für die kleinsten Prototypen, die LMP3, war keiner mehr.
Rennen vor leeren Zuschauertribünen
Mit der LMP3-Klasse füllte man aber während der letzten drei Jahre, während der Umstellung auf das neue Reglement also, die Startfelder der US-Meisterschaft auf. Heute braucht es die LMP3-Klasse und ihre Teams nicht mehr, sie tragen ihre Rennen in der VP-Racing-Sportscar-Challenge vor leeren Zuschauertribünen aus. Gwenn O’Neill aus Fort Lauderdale, welche sich seit vielen Jahren mit ihrem Team im amerikanischen Langstreckensport engagiert, meinte deshalb in einem Interview Mitte März beim Meisterschaftslauf in St. Petersburg: «Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen.»
O’Neill beliess es aber nicht dabei, sie verschaffte
ihrem Ärger noch mehr Luft: «Das Imsa-Management kümmert sich jetzt nur
noch um die GTP-und GT3-Klassen, weil dort die Werkteams sind. Wir
picken derweil die Brotkrumen auf. Zwar haben wir jetzt eine eigene
Meisterschaft, fahren aber bei Rennen vor meist leeren Tribünen. Hier in
St. Petersburg fahren wir im Rahmenprogramm der Indycar-Meisterschaft
zwar zwei Rennen, beide aber am Samstag, und danach werden wir aus dem
Fahrerlager hinausgeschmissen. Das kann man keinem Sponsor zumuten. Vom
Imsa-Management lässt sich hier niemand blicken, obwohl die
Hauptzentrale in Daytona nur etwas mehr als drei Autostunden entfernt
ist.»
Der Klotz am Bein
Viele Sponsoren haben sich von der LMP3-Klasse
abgewandt, etliche Teams haben einfach aufgegeben. Bei den bisher zwei
Meisterschaftsläufen – der nächste steht im Juni an! – standen jeweils
höchstens zehn Autos im Einsatz, die dünnen Startfelder der LMP3 werden
mit GT4-Autos aufgefüllt. Bei den Rennen in St. Petersburg gab es
Probleme beim Überrunden, was zu haarsträubenden Unfällen führte, welche
glücklicherweise alle ohne Personenschaden abliefen.
Das Lichterlöschen bei den LMP3-Boliden in den USA ist
in vollem Gange, dabei waren sie einmal die Kaderschmiede für die
nächste Generation von Langstreckenpiloten. In Europa sind die LMP3
weiterhin gefragt, Rennserien wie der Prototype Cup Germany oder die
Ultimate Challenge sind gefragt (AR 14/2024). «Wir haben der Imsa
zahlreiche Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Wir könnten bei Rennen
zur US-Sportwagenmeisterschaft im Rahmenprogramm Sprintrennen fahren.»
Das sei nicht das einzige Problem, sagt Gwenn O’Neill: «Das Problem ist
auch, dass die Imsa momentan so viele Markencups ausrichtet, dass wir
keinen Platz finden im Zeitplan eines Wochenendes. Die Hersteller in den
Markencups zahlen der Imsa im Unterschied zu uns eine schöne Stange
Geld. Das sind leicht verdiente Moneten. Demnach sind wir mehr oder
weniger überflüssig. Wir sind der Klotz am Bein der Imsa. Irgendwann, so
glaube ich, werden Duqueine und Ligier, die Hersteller von LMP3-Autos,
ihre Produktion einstellen.»
Auch die LMP2?
O’Neill spricht davon, den Betrieb ihres LMP3-Teams
einzustellen, die Boliden an eine Rennfahrerschule zu verkaufen und neue
Prototypen für die LMP2-Klasse zu beschaffen. Sie weiss aber auch, dass
sie nicht voreilig sein sollte. Denn es halten sich hartnäckig
Gerüchte, dass den LMP2-Boliden in der US-Sportwagenmeisterschaft das
gleiche Schicksal blüht wie den LMP3-Autos. Immerhin könnten die beiden
Prototypenklassen dann eine eigene Meisterschaft auf die Beine stellen.
Grünes Licht müsste die Imsa geben.