Minivan Mercedes-Benz gibt auch in der Transportersparte Vollstrom. Kann der EQT elektrisieren?
Wir müssen reden. Drei Worte, die in Beziehungen meist Trennungsschmerz, Heisshungerattacken und viele Tränen nach sich ziehen. Wir wollen das Ende nicht vorwegnehmen, aber die Taschentücher blieben in der Verpackung.
Also, reden wir, lieber Mercedes-EQ EQT 200. Beim ersten Rendezvous waren wir beeindruckt. Mit dem dunkelblauen Kleid und den praktischen Fondschiebetüren bist du, für einen Transporter, recht hübsch. Und wir hatten ja auch eine Vorahnung, was uns erwartete, schliesslich bist du mit dem Renault Kangoo E-Tech verwandt, den wir schon gefahren haben (Test AR 27/2023). Wir holten dich ab und fuhren ... direkt zur nächsten Ladesäule. Gut, das gehört bei einem Stromer dazu, versuchten wir uns einzureden. So hatten wir auch Zeit, uns näher kennenzulernen. Deine französische DNA kannst du nicht verleugnen, Schalter, Drehregler und Anzeigen stammen von Kooperationspartner Renault. Doch auf Lenkrad und Wählhebel prangt dein schwäbischer Stern, und mit dem lederüberzogenen Cockpit und den bequemen und schönen Sitzen hebst du dich nochmals etwas ab.
Innen gross und aussen schick. Aber die ständige Suche nach Ladestationen liess unsere anfängliche Begeisterung für das Fahrzeug auf
das frostige Niveau der Aussentemperaturen fallen.
Mit ein paar Kilowattstunden in deinem Akkubauch ging es weiter, und du warst uns mit deinem ehrlichen Fahrwerk sehr sympathisch. Bodenständig und manchmal etwas polternd, aber für einen Transporter gibst du dir grosse Mühe und machst das in Summe ganz gut. Mit deiner verschiebbaren Rücksitzbank erhöhst du deine Variabilität als Lastesel und Familienfahrzeug, und auch dein Laderaum, der bis zu 2000 Liter fasst, kann sich wirklich sehen lassen. Eher störte uns, dass die Reichweite immer viel schneller sank, als uns lieb war. Am Gleichstrom-Schnellimbiss wolltest du zwar mit 80 Kilowatt laden, mit mehr als deren 60 zogst du allerdings nie. Auch mit dem AC-Stecker nahmst du deinen Strom selten mit 22 Kilowatt zu dir. Wir verbrachten also sehr viel Zeit zusammen. Wartend. Schweigend. Im Stehen.
Ist da nicht doch ein bisschen Liebe?
Wir versuchten es bei dir dann nur noch auf die zärtliche Art. Nur noch sanft und behutsam berührten wir dein Strompedal, verwendeten stets den Eco-Modus und versuchten dich mit entschleunigter Fahrweise zu verwöhnen. Wir erhofften uns so, maximal weit zu kommen – und was sagst du uns? Reserve, Hochvoltbatterie laden! O. k., verstehen wir ja, du magst keine niedrigen Temperaturen. Niemand mag die und deine Drehstrom-Freunde schon gar nicht. Aber musstest du deswegen die Batterie immer gleich so schnell leer saugen? Wenn wir dich, aus Ratlosigkeit, direkt auf die geringe Reichweite und den hohen Stromkonsum ansprachen, herrschte nur peinliche Stille. Schon wenn wir mit «Hey Mercedes» begannen, antwortetest du stoisch: «Das habe ich nicht verstanden.» Kann es sein, dass die Tage deiner Sprachsteuerung gezählt sind und diese längst ein Update braucht? Deine Markenkollegen sind in diesem Bereich eigentlich herausragend.
Schalter, Drehregler und Anzeigen stammen von Kooperationspartner Renault. Doch auf Lenkrad und Wählhebel prangt ein schwäbischer Stern.
Hey, EQT, so wie du bist, bist du nicht schlecht. Aber das Beste oder nichts? Bei unserer Trennung haben wir so ein T-Modell 180 d gesehen. Steht D nicht für Fahren ohne elektrischen Strick?
Der Mercedes-EQ EQT zieht sich ordentlich viel Strom durch die Nase.
Testfazit
Der Mercedes-EQ EQT 200 und wir passen nicht zusammen. Das Äussere und der Innenraum gefallen uns, aber der EQT braucht jemand anderen. Jemanden, der ihn sehr, sehr regelmässig mit Strom versorgt und nur selten für längere Strecken braucht. Schon gar nicht im Winter.
Testergebnis62/100
Antrieb 5/15
Für den Weg von A nach B o. k. Wer noch in C oder D vorbeischauen will, muss nachladen. Schwimmt im Strassenverkehr gut mit. Keine Beschleunigungsrakete, aber vielleicht sitzen ja auch Kinder auf der Rückbank.
Fahrwerk 7/12
Der EQT ist zwar ein Kleintransporter, aber dennoch recht geschmeidig. Fehlende sportliche Talente sind keine grosse Überraschung.
Innenraum 29/38
Gute Platzverhältnisse vorne, grosszügige und etwas erhöhte in Reihe zwei. Hohe Kopffreiheit und viel Platz für Gepäck, Einkauf, Velo oder Ski.
Sicherheit 10/15
Auf der Bremse trotzt der EQT den niedrigen Asphalttemperaturen und steht rasch. Das Angebot an Assistenzsystemen ist gut.
Budget 11/20
Wenn Mercedes die EQ-Kleber anbringt, wird es teuer. Renault Kangoo und Nissan Townstar sind da günstiger. Wer mehr PW statt Transporter möchte, findet mit dem EQB eine leicht teurere Stromeralternative.