PHEV Honda bietet für den CR-V mehrere Hybridantriebe zur Auswahl. Nach dem Vollhybrid stellt sich der Plug-in-Hybrid dem Test. Was taugt der grosse Japaner mit der kleinen Ladeklappe?
Der Plug-in-Hybrid feiert sein Comeback. Tägliche Strecken rein elektrisch und lange Reisen ohne Reichweitenpanik absolvieren zu können, ist die Idee. Doch rein elektrisch war in der Vergangenheit oft bereits nach wenigen Kilometer Schluss. Und wer nicht konsequent das Ladekabel einstöpselt, fährt mit dem thermischen Antrieb wegen des Zusatzgewichts schlechter.
Wäre also die Entscheidung für ein reines Elektro- oder ein reines Verbrennerauto nicht besser? Nicht zwangsläufig, denn in der Welt des Doppelantriebs hat sich einiges getan. Vor allem beim wichtigsten Faktor, der rein elektrischen Reichweite. Honda gibt für seinen ersten Plug-in-Hybrid der sechsten CR-V-Generation gemäss der Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure (WLTP) eine Reichweite von 82 Kilometern an. Doch der WLTP-Wert gilt maximal als ein besserer Verbrauchsindikator. Wie sieht es bezüglich der Reichweite in der Praxis wirklich aus?
Rein elektrisch, maximale Reichweite
Wir wollen es wissen und machen den Selbstversuch. An drei Tagen starten wir morgens immer zur selben Zeit, sodass die Rahmenbedingungen vergleichbar bleiben, mit voller Batterie und testen die rein elektrische Reichweite.
Am ersten Tag gehts auf die Autobahn, nur wenige Hundert Meter vom Start entfernt. Dass die E-Beschleunigung des CR-V oberhalb von Landstrassentempo nur noch moderat ist und bei 130 km/h gar endet, ist für den täglichen Weg zur Arbeit akzeptabel. Nach 51 Autobahnkilometern springt der Motor an. Um dem Fahrzeug ein effizientes Rollen zu ermöglichen, kann mit den Schaltwippen am Lenkrad die Rekuperation vierstufig angepasst werden. So bleibt mit etwas vorausschauendem Fahren das Bremspedal nahezu unberührt.
Der Antrieb hält sich im Fahrbetrieb akustisch angenehm zurück, aber in einem Familien-SUV ist es ab Reihe zwei mit der Ruhe ohnehin vorbei. Viel Platz, die verschiebbare Rückbank und der grosse Kofferraum machen den Honda CR-V zu einem praktischen Alleskönner.
Neuer Tag, neue Route. Auf der Landstrasse geht es komfortabel voran, die Leistung des Antriebs reicht zum Mitschwimmen im Verkehr aus. Der CR-V fährt bergauf und bergab, talwärts gewinnt er dank Rekuperation zusätzliche Reichweite, bis schliesslich nach 64 Kilometern ausserorts die rein elektrische Fortbewegung endet.
Am dritten Tag bringen wir den CR-V e:PHEV im Stadtverkehr fast an die WLTP-Angabe heran. Das braucht eine halbe Ewigkeit, doch was macht man nicht alles im Dienst der Wissenschaft. Im hektischen Gedränge fühlt sich der Honda mindestens so gross an, wie er von aussen wirkt, und tritt im Stop-and-go-Verkehr eher behäbig statt flink in Erscheinung. Mit dem Einsetzen des thermischen Antriebs endet nach 76 urbanen Kilometern das Experiment.
Die erzielten E-Reichweiten sind in Ordnung und für die meisten Pendlerstrecken ausreichend. Die 17.7 Kilowattstunden grosse Batterie lässt sich zudem in rund zweieinhalb Stunden wieder aufladen. Auffällig nach allen Versuchen: Auch im Verbrennerbetrieb lädt sich der Akku sehr schnell wieder auf. Sobald ausreichend Energie zur Verfügung steht, stellt der Antrieb wieder auf elektrisches Fahren um. In dieser Disziplin ist das PHEV den Vollhybridmodellen mindestens ebenbürtig. Auf der AR-Normrunde verbrauchte der CR-V Plug-in-Hybrid pro 100 Kilometer 2.6 Liter Benzin und 16.2 kWh Strom.
Gemütlicher Allrounder
Den Auftrag, seine Passagiere sicher von einem Ort zum anderen zu bringen, erledigt der Honda CR-V komfortabel und souverän. Angenehm sind auch die Sicherheits- und Assistenzsysteme, Honda Sensing 360 getauft. Eine Vielzahl von Kameras und Radarsystemen soll eine 360-Grad-Überwachung des Fahrzeugs herstellen, sodass der Fahrer sich teilautonom fahren lassen kann. In der Praxis funktioniert das gut, dass der Stauassistent gern etwas forsch beschleunigt und nach wenigen Metern eine ruppige Bremsung hinlegen muss, verdeutlicht aber die Grenzen des Systems. Während wir Menschen uns an der vorausfahrenden Kolonne von Fahrzeugen orientieren, beziehen kamera- und radarbasierte Systeme ihre Informationen von der vorausfahrenden Stossstange. Etwas mehr Gelassenheit stünde dem System gut an. Die Fahrassistenten lassen sich jedoch allesamt über das neun Zoll grosse Infotainment zum Schweigen bringen.
Ebenso umfangreich sind die Fahrmodi im Honda. Neben Sport, Normal, Eco und Snow lässt sich im PHEV auch ein spezieller Tow-Modus, sprich ein Anhänger-Modus, aktivieren. In diesem Modus werden die Gänge etwas länger ausgedreht, und das Anhängerstabilitätssystem soll ein Aufschwingen oder gar Schleudern des Anhängers unterbinden. Zudem werden die hinteren Abstandswarner sowie die Notbrems- und Spurhalteassistenten deaktiviert. Beim Vollhybrid bemängelten wir das starke Aufschwingen und die permanenten Bewegungen des Fahrzeugs auf schlechterem Untergrund. Mit dem PHEV konnten wir das Schunkeln und Nachwippen nicht reproduzieren, denn Honda spendierte dem Plug-in-Hybrid deutlich bessere Dämpfer und der zwischen den Rädern im Wagenboden platzierte Plug-in-Akku sorgt für einen tieferen Schwerpunkt. So gleitet das Fahrzeug satter und unaufgeregter um Kurven. Doch ganz ohne Lenkkorrekturen geht es auch mit dem PHEV nicht ums Eck, selbst wenn die Lenkpräzision besser geworden ist.
Der Innenraum der sechsten Generation des Honda CR-V wirkt aufgeräumt und bietet seinen Passagieren viel Platz. Schalter und Drehregler fühlen sich hochwertig an, die Tasten für das Getriebe sind üppig dimensioniert. Wer mag, kann den CR-V auf Knopfdruck Parklücken suchen und anschliessend einparken lassen. Klappt gut, dauert aber lange.
Alle Antriebe der Honda-CR-V-Palette besitzen die identische Systemleistung von 148 kW (184 PS). Leider gibt der Plug-in-CR-V diese Leistung ausschliesslich an die Vorderräder weiter, nur den Vollhybrid gibt es auch mit Vierradantrieb. Der Waageschein weist ein Gewicht mit Fahrer nahe an der Zwei-Tonnen-Marke aus und zeigt die konzeptbedingt frontlastige Gewichtsverteilung. Die Fahrleistungen sind verhalten und wenig sportlich, so braucht beispielsweise der Spurt aus dem Stand auf Tempo 100 rund neun Sekunden. Beim Beschleunigen aus der Kurve heraus springt der Elektromotor dem Verbrenner unterstützend zur Seite, doch leider stets zu forsch, sodass das Fahrzeug die Traktion verliert. Wild scharrende Vorderräder oder gar peinliches Reifenquietschen sind die Folge. Doch der CR-V kann auch Spass machen. Honda belustigt uns im Sport-Modus beim rein elektrischen Fahren mit beschleunigungsabhängigen Panflöten-Geräuschen. Keinen Spass verstehen wir aber bei der Bremse, denn das Dickschiff kommt aus Tempo 100 erst nach 43.3 Metern zum Stehen. Punktabzug!
Das Fahrzeuginnere gleicht dem des getesteten Honda CR-V e:HEV (AR 4/2024). Die Reduktion auf Funktion in Kombination mit guter Verarbeitung steht dem grössten aller Honda-SUV ausgezeichnet.
Den Einstieg in die Welt des Honda CR-V bildet der Vollhybrid mit Frontantrieb für rund 53 000 Franken. Für den etwas besser ausgestatteten Plug-in-Hybrid verlangen die Japaner stolze 9000 Franken mehr. Dieser hohe Aufpreis lässt sich nur mit konsequentem und vor allem günstigem Laden amortisieren.
Testfazit
Der Honda CR-V PHEV wirkt mächtig. Die Abmessungen des Innenraums sind erfreulich gross, das Fahrwerk trägt das SUV vernünftig um die Kurven. Der Antrieb aus Elektromotor und Zweiliter-Benziner reicht zum Pendeln und für längere Fahrten. Die Möglichkeit, die Batterie am Stromnetz aufladen zu können, kostet eine Stange Geld. Doch auch ein Motor mit genügend Drehmoment in tiefen Drehzahlbereichen könnte guttun. Darf man heutzutage überhaupt noch Diesel sagen?
Testergebnis 71/100
Antrieb 16/20
Sehr gut ist die ruhige und beinahe unmerkliche Aufgabenübertragung vom Elektro- auf den Verbennerantrieb. Definitiv ein gemütlicher Artgenosse mit moderatem Verbrauch. Rein elektrisch sollte es für die meisten Pendlerstrecken reichen.
Fahrwerk 11/17
Deutlich besser als beim vollhybridisierten CR-V-Modell. Wanken ja, aber ohne die ständige Unruhe im Fahrwerk.
Innenraum 20/28
Tolle Materialwahl, grosszügige Platzverhältnisse, verschiebbare Rücksitzbank.
Sicherheit 11/15
Zahlreiche Assistenten mit wenigen Schwächen, die ihren Job ganz ordentlich machen. Die Bremswege sind zu lang.
Budget 13/20
Honda lässt sich den PHEV einiges kosten. Besonders der Unterschied zum gleich stark motorisierten Einstiegs-CR-V ist happig.