Doppeltest Citroën C4 X und ë-C4 X – eine Glaubensfrage

AR-Testteam | 18.04.2024

Antriebsvergleich Der Citroën C4 X ist ein seltsamer Vogel – weder SUV, Kompaktwagen noch Limousine. Da es ihn 
als Verbrenner und Stromer gibt, drängte sich ein Vergleich auf.

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Bei Produkten aus dem Stellantis-Konzern ist es nichts Aussergewöhnliches, dass bei zwei auf den ersten Blick völlig identisch aussehenden Fahrzeugen zwei prinzipiell unterschiedliche Antriebskonzepte zum Zug kommen. Die Common Modular Platform (CMP) wurde dafür konzipiert, sowohl Verbrenner als auch Elektromotoren inklusive Batterie artgerecht zu verpacken. So haben die meisten Konzernmarken jeweils mindestens ein Modell auf dieser Plattform im Angebot, bei dem der Kunde die Wahl zwischen Benzin-, Diesel- oder Elektroantrieb hat. Jüngst ist noch eine Hybridvariante namens 136 ë-DCS6 hinzugekommen, bei der ein Dreizylinderbenziner mit ­einem Elektroaggregat gemeinsame Sache macht. Der Hybrid wird den reinen Benziner ablösen, der beim Citroën C4 X als Puretech 130 bezeichnet wird. Diese Version haben wir getestet, parallel auch ihr Elektropendant, den ë-C4 X. Was liegt näher, als die beiden miteinander zu vergleichen? Weil die meisten Leser nach wie vor einen Verbrenner bevorzugen, legen wir das Hauptaugenmerk auf den 1.2-Liter-Benziner. Wenn wir besonders grosse Unterschiede festgestellt haben (übrigens nicht nur beim Antrieb), wird es erwähnt.

Für einen Citroën nüchtern eingerichtet

Nimmt man im C4 X Platz, wird man von dessen Sitzen herrlich eingelullt. Die Position stimmt, das Lenkrad liegt gut zur Hand, die Bedienung der meisten Elemente stellt keine grossen Fragen. Dazu bietet die Bildschirmarmatur klare Informationen, sie wird von einem Head-up-Display, das auf eine kleine Plexiglasscheibe projiziert wird, ergänzt. Das Ganze wirkt, man mag es kaum aussprechen, sogar etwas nüchtern. Peugeots i-Cockpit mit Blick über den Lenkradkranz hinweg ist da exotischer, die Anmutung der Armaturentafel bei DS Automobiles wesentlich hochwertiger, und das Design (!) wirkt bei Opel deutlicher geschliffener und damit auch moderner.

Für die Insassen ist der Aufenthalt an Bord angenehm – dank bequemen, langstreckentauglichen Gestühls und viel Platz.

Doch dahinter steckt, man vermutet es, immer dieselbe Grundtechnik. Auch den eigenartigen Wählhebel teilen sich alle Stellantis-Produkte, die auf der CMP-Plattform basieren. Wobei Hebel nicht ganz der richtige Begriff ist, es handelt sich um eine Art Schiebeschalter, der für die Wahl der Vorwärts- und Rückwärtsfahrt dient. Leider hilft bei diesem Konzept nur der Blick auf die Gangwahlanzeige, um herauszufinden, wohin sich der Wagen bewegen wird, wenn man Gas respektive Strom gibt. Was war denn so falsch am klassischen Wählhebel vergangener Tage? Waren dessen Produktionskosten zu hoch? Zudem wünschte man sich ein direkteres Ansprechen dieses Schalters, der einen bei manchen Gelegenheiten, etwa beim Einparkieren, dazu verleitet, nervös daran herumzuhebeln. Direkt in Aktion umgesetzt wird derweil die Betätigung der M- respektive B-Taste. Beim Verbrenner aktiviert sie den manuellen Schaltbetrieb über die Lenkradpaddles, beim Stromer wird die Rekuperation verstärkt, allerdings nur um ­eine zusätzliche Stufe. Mehr Nuancen oder gar One-Pedal-Driving hat der ë-C4 X nicht im Angebot.

Die Geschmäcker sind verschieden: Einigen im Redaktionsteam gefiel die eigenwillige Form des roten C4 X und damit auch die des grauen ë-C4 X, anderen nicht so. Der Autor des Berichts gehört zu Letzteren.

Bei beiden Wagen steckt im Armaturenbrett ein zentraler Bildschirm. Dessen Menüführung bedarf etwas Angewöhnung, immerhin gibt es einen Home-Button, der einen in den meisten Fällen wieder nach Hause führt, wenn man sich in den Tiefen der Untermenüs verliert. Wirklich erfreulich ist auch die Entscheidung der Citroën-Ingenieure, weiterhin auf Schalter für die Klimaregelung zu setzen. Ganz toll ist zudem das Ablagefach für das Handy mit integrierter, induktiver Ladefunktion (optional). Es liegt genau da, wo man es sich wünscht, und verfügt über eine gut einsehbare Kontrollleuchte, die verrät, ob man sein Gerät richtig eingelegt hat, damit man es durch die Induktionsschleife so richtig rösten, pardon, laden kann.

Fahrerfahrungen

Ja, den ehemaligen Citroënisten unter den Testern schmerzt der Abschied der Franzosen von ihrer Hydropneumatik bis heute. Einen Wagen wie den GS, der den Fahrkomfort der Luxusklasse in die untere Mittelklasse brachte, wird es wohl nie mehr geben. Andererseits fühlt man sich beim Motorengeräusch des 1.2-Liter-Dreizylinders an die Zeiten des GS erinnert, es knattert wie beim luftgekühlten Boxermotor der 1970er-Jahre. Beim Drehmoment hingegen erreicht der Antrieb des 21. Jahrhunderts ganz andere Werte als der damalige Motor, er kommt dank Turboaufladung bereits bei 1750 Umdrehungen auf 230 Nm. Zwar lässt sich der Antrieb etwas Zeit, bis er auf Gaspedalbewegungen reagiert – etwas zu lange für unseren Geschmack –, doch einmal aufgeweckt, zieht der Wagen mit Nachdruck von dannen. Der Stromer ist hier konzeptbedingt trotzdem im Vorteil, beschleunigt linear und leise, das passt dann wirklich gut zur Marke. Und zum Auto.

Die wohl längsten Scharniere aller Zeiten sind für die uneingeschränkte, gefahrlose Ausnutzung des Kofferraums nicht ideal.

Das Achtgang-Automatikgetriebe im Puretech 130 bringt den kleinen Motor unter Last oft dazu, seine Stimme zu erheben, vor allem wenn von der Maschine mehr Drehzahl verlangt wird. Die Maschine wird vorwurfsvoll laut, wenn sie hart arbeiten muss. Mit einer Leistung von 96 kW (131 PS) ist der rund 1.3 Tonnen schwere Wagen dennoch ausreichend motorisiert, das Gefühl einer souveränen Fortbewegung kommt allerdings nicht auf. Dank der drehzahlschonenden Schaltcharakteristik des Getriebes und des deutlichen Missmuts des Motors, mit höheren Drehzahlen zu operieren, glänzt der C4 X hingegen mit diesel­artig niedrigem Verbrauch von um die fünf Liter auf 100 Kilometer. Hier enttäuscht der Elektro-C4 etwas, denn er hat zwar den neuen Konzern-E-Antriebsstrang mit 115 kW (156 PS), verbrauchte auf der AR-Normrunde mit 17.6 kWh/100 km aber trotzdem rund ­eine Kilowattstunde mehr als der 100 kW (136 PS) starke Vorgänger (Test in AR 36/2023). Dieses Mal war es mit 15 statt 26 Grad etwas kühler, aber der neue Antrieb sollte eigentlich klar effizienter sein.

Kommod abgestimmt

Mit dem Sport haben es übrigens beide Versionen nicht. Dagegen stemmt sich auch die Lenkung, die zwar leichtgängig ist, der es aber an Rückmeldung von der Strasse und damit auch etwas an Präzision fehlt. Egal, ob in schnell gefahrenen Kurven, im Stadtverkehr mit vielen Spurwechseln und Abbiegemanövern oder auf längeren Autobahnpassagen, die Lenkung fühlt sich immer genau gleich an. Zudem tragen auch die Bremsen nicht sonderlich viel zur Unterhaltung bei. Das Pedalgefühl ist schwammig und das Dosieren der Bremswirkung nicht ganz leicht. Von der einst bei Citroën gefürchteten, giftigen Pedalreaktion ist nichts geblieben, im Gegenteil, der C4 X erfordert ein recht energisches Drauftreten, bis er reagiert. Der Stromer fühlt sich hier etwas besser an. Etwas.

Unter der Motorhaube ist es bei beiden 
voll, auch der Stromer hat keinen Frunk. Dafür lässt sich bei ihm über die B-Taste neben dem Getriebewählschalter die Rekuperation erhöhen.

Gefedert wird der C4 X mit Stahlfedern, die durch einen progressiven, hydraulischen Anschlag ergänzt werden. Die Grundabstimmung ist recht weich, der Preis dafür sind deutliche Aufbaubewegungen auf welliger Fahrbahn und in schnell gefahrenen Kurven. In Kombination mit der wenig kommunikationsfreudigen Lenkung ergibt das ein Fahrgefühl, das mehr auf gelassenes Gleiten als auf flotte Dynamik ausgelegt ist. Von der Marke mit dem Doppelwinkel erwartet man aber auch nichts anderes.

Sehr geräumig, aber teils unpraktisch

Eine Fliesshecklimousine mit kleiner Heckklappe, das kennen wir. Citroën hatte diese Karosserieform während Jahrzehnten im Programm. Auch der C4 X, der knapp 25 Zentimeter länger ist als sein kompakter Fliessheckbruder C4 mit grosser Heckklappe, hat einen recht spärlich bemessenen Kofferraumdeckel wie eine Limousine und ist damit in der Klasse eine grosse Ausnahme. Welchen Sinn dies macht, bleibt indes unklar. Bei einem SUV-Coupé (oder nennen wir es vielleicht doch eher Crossover) schwingt unserer Meinung nach bereits vom Konzept her eine gewisse Unvernunft mit. Dazu aber auch noch auf die Vielseitigkeit einer grösseren Kofferraumöffnung zu verzichten, scheint völlig sinnlos zu sein. Genauso wie die langen Scharniere, die ausserordentlich viel Raum im eigentlich sehr beachtliche 510 Liter fassenden Gepäckabteil einnehmen und Einklemmpotenziel für zarte Gepäckstücke mit sich bringen.

Die Passagiere sind dafür hüben wie drüben bestens aufgehoben im C4-X-Innenraum. Die Sitze erweisen sich auch auf langen Strecken als sehr bequem, das Platzangebot ist für diese Klasse enorm grosszügig. Am Ende bleibt einfach die Frage, was der C4 X denn genau sein will. Als Reisewagen fehlt dem Benziner eine gewisse Souveränität (die hat dafür der Stromer), als Familienwagen steht ihm der seltsame Kofferraum, der nur Flachware aufnehmen kann, im Weg, und als SUV, äh, Crossover bietet er zwar eine bessere Rundumsicht, dafür aber keinen Allradantrieb. Aber ein Citroën war schon immer etwas anders. Und der C4 X ist es auch – trotz uniformer Stellantis-Technik.  

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Testfazit Citroën ë-C4 X

Zwei Autos, zwei ähnliche Eindrücke. Der Citroën C4 X ist als Benziner wie als reiner Stromer aussergewöhnlich. Dabei halten wir den Citroën ë-C4 X mit 156 PS für die eigentlich stimmigere Variante, der leise und harmonische Antrieb passt gut zur komfortablen Auslegung. Aber die Nachteile bei Reichweite und Preis wiegen schwer. Das Platzangebot ist immerhin identisch.

Testergebnis 67/100

Antrieb 14/20

Mit 115 kW respektive 156 PS reisst der Citroën ë-C4 X keine Bäume aus, für einen Stromer ist die Leistung überschaubar, der Verbrauch hingegen etwas hoch. Aber der E-Antrieb ist natürlich leise und harmonisch.

Fahrwerk 10/15

Wer es sanft mag, ist hier gut aufgehoben, sportliche Naturen werden sich schnell zurücknehmen. Die Federung ist sehr weich, die Lenkung eher mitteilungsarm. Zum Cruisen perfekt.

Innenraum 18/25

Für die Marke schon fast nüchtern präsentiert sich das Interieur, die Sitze begeistern mit hohem Komfort. Zudem gibt es viel Platz, der grosse Kofferraum ist aber wegen der Riesenscharniere nur eingeschränkt nutzbar.

Sicherheit 10/15

Hier muss sich der ë-C4 X wenig bis nichts vorwerfen lassen. Alle Assistenten funktionieren, wie sie sollen. Das Gleiche gilt für die Bremsen.

Budget 15/25

Rund 40 000 Franken verlangt Citroën für den elektrischen ë-C4 X. Dank Aktionen ist man derzeit ab 35 000 Franken dabei, für einen Stromer dieser Grösse erscheint der Preis angemessen.

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Testfazit Citroën C4 X Puretech 130

Auf der Habenseite des Benziner-C4-X steht der wirklich geringe Verbrauch im Verbund mit einer grosszügigen Autonomie. Der Vorteil gegenüber dem Stromer wird allerdings mit deutlich vernehmbarem Arbeitsgeräusch erkauft. Auf einer Passstrasse stört das mehr als im achten Gang auf der Autobahn. Die teigige Lenkung ist aber sowieso «rien de tout» für Pässe.

Testergebnis 72/100

Antrieb 16/20

Der Citroën C4 X Puretech 130 kommt mit einer Tankfüllung meistens viel weiter als die Autonomieanzeige sagt. Wer braucht da einen Hybrid? Dem steht ein recht schwachbrüstiger Antritt gegenüber. Endlich kommt ein Hybrid ... Die Achtgangautomatik schaltet sehr weich und sauber.

Fahrwerk 10/15

Auch der Benziner ist mehr schaukelig als straff, was zusammen mit der mitteilungsarmen Lenkung auf kurvenreichen Passagen nicht viel Freude macht, auf langen Reisen mit wenigen Kurven aber umso mehr.

Innenraum 18/25

Da sich Stromer und Verbrenner die Karosserie 1:1 teilen, gilt hier genau dasselbe wie für den ë-C4: Raumangebot grundsätzlich gut, Kofferraum nur eingeschränkt nutzbar. Mit Lederbezug sind die Sitze noch bequemer.

Sicherheit 9/15

Keine Reklamationen hinsichtlich Assistenzfunktionalitäten. Die Bremsen sind noch o. k., der Druckpunkt und das Pedalgefühl jedoch etwas diffus.

Budget 19/25

Wie so oft ist auch hier der Verbrenner günstiger als der Stromer. Beim C4 X geht es deutlich unter 30 000 Franken los. Ab Lager noch viel tiefer.


Fotos: Vesa Eskola, Text: Martin Sigrist

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