Gut geblieben Audi macht den e-tron zum Q8 e-tron und verpasst ihm im Rahmen der Modellpflege einen grösseren Akku. Auch der SQ8 wurde überarbeitet. Wir haben die beiden getestet.
Audi räumt wieder einmal auf mit den Modellbezeichnungen. Ja, wieder einmal, denn das hat man vor nicht allzu langer Zeit in Ingolstadt (D) bereits einmal getan und die Baureihen der Verbrenner und Stromer voneinander getrennt und mit entsprechenden Zahlen versehen. Jetzt wird aber wieder alles anders, und der Q8 kann sowohl Verbrenner als auch Stromer sein – je nachdem ob der Namenszusatz e-tron dahinter steht. Und damit wäre auch schon die grösste Neuerung am e-tron abgehandelt, der jetzt Q8 e-tron heisst.
Das mag zwar verwirrend anmuten, ist aber auch konsequent, schliesslich ist der e-tron mit einer Länge von 4.92 Metern nur wenige Zentimeter kürzer als der Q8 und reiht sich damit ebenfalls zwischen Q5 – sowie dem kommenden Q6 e-tron – und Q7 ein. Und noch wichtiger: Er baut auch auf der gleichen Plattform auf. Als erstes Modell aus dem Volkswagen-Konzern basierte der e-tron bei seiner Lancierung im Jahr 2018 auf einer abgewandelten Variante des Modularen Längsbaukastens. Auch sechs Jahre später ist der e-tron – oder eben Q8 e-tron – noch immer das einzige Modell im Konzern, das den elektrifizierten MLB nutzt. Porsche sprang für den elektrischen Macan direkt zur neuen PPE (Premium Platform Electric), während Volkswagen und Skoda auch für die grösseren Modelle konsequent auf den MEB setzen.
Dezent überarbeitet
Mit der neuen Nomenklatur hat der Q8 e-tron auch ein dezentes Facelift erhalten, Front und Heck kommen leicht modifiziert daher. Eine verbesserte Aerodynamik soll die Effizienz verbessern und damit den Verbrauch verringern. Der Luftwiderstandsbeiwert sinkt gemäss Hersteller damit von 0.28 auf 0.27, womit auch schon klar wird, dass keine drastische Verbesserung zu erwarten sein dürfte. Und tatsächlich bleibt der Stromverbrauch auch nach dem Facelift noch immer das grösste Manko des in Brüssel gefertigten Ingolstädters. 22.1 kWh/100 km gibt Audi für den Q8 55 e-tron an – Normwert und Realitätsverbrauch sind aber, wie so oft, zwei verschiedene Paar Schuhe.
Mit knapp 2.7 Tonnen ist der Q8 e-tron kein Leichtgewicht, und Masse in Bewegung zu versetzen, benötigt Energie. Auf der zurückhaltend gefahrenen AR-Normrunde bringt es der e-tron denn auch auf 22.8 kWh/100 km Durchschnittsverbrauch. Noch unvorteilhafter als das Gewicht allerdings sind für den grossen Audi seine Abmessungen. Weil sich der Luftwiderstand im Quadrat zur zunehmenden Geschwindigkeit erhöht, schlägt dieser auf der Autobahn besonders zu Buche und zehrt damit an der Batterie. Rund 30 kWh/100 km verbraucht der e-tron bei längerer Autobahnfahrt, womit die Batterie nach rund 300 Kilometern erschöpft ist.
Dass Audi mit dem Facelift die Batterie um über ein Fünftel von 87 auf 106 kWh Nettokapazität vergrössert hat, kommt der Reichweite allerdings zugute. Mit nun 170 kW maximaler Ladeleistung ist diese in gut einer halben Stunde wieder auf 80 Prozent geladen. Aber eben, wer nicht konstant mit Bleifuss fährt, schafft die 450 Kilometer mit einer Batterieladung locker. Auch weil Audi nicht auf permanenterregte Synchronmotoren setzt, sondern stattdessen Asynchronmotoren verbaut, wie es Volkswagen bei der MEB-Plattform an der Vorderachse auch tut. Deren Vorteil ist ihr geringes Schleppmoment, wenn also bei ruhiger Fahrt nicht beide Achsen angetrieben werden müssen, können Energieverluste minimiert werden.
Die digitalen Aussenspiegel des Q8 e-tron sind optional. Glücklicherweise – denn wirklich praktisch sind sie nicht.
Die digitalen Aussenspiegel des Q8 e-tron sind optional. Glücklicherweise – denn wirklich praktisch sind sie nicht.
Ruhige Fahrt
Und ruhig ist die Fahrt im Q8 e-tron allemal, trotz sportlicher Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 5.6 Sekunden. Die Masse sorgt für ein entspanntes Gleiten, und falls doch einmal ein Zwischenspurt nötig sein sollte, stehen die 664 Nm Drehmoment unverzüglich zur Stelle. Nur in den Kurven macht sich das Gewicht bemerkbar, allerdings vermag die aktive Wankstabilisierung das Schlimmste an Massenträgheit zu kaschieren und gerät einzig bei raschen Richtungswechseln an ihre Grenzen. Da neigt der e-tron dann deutlich zum Untersteuern. Die Progressivlenkung hat Audi im Vergleich zum Vorgänger spürbar verbessert, sodass sie sich um die Nulllage deutlich präziser anfühlt.
Nicht jedermanns Sache dürften die, zum Glück optionalen, digitalen Aussenspiegel sein. Die tiefe Platzierung der Bildschirme verunmöglicht das angewöhnte Schielen in den Rückspiegel auf der Autobahn und erfordert ein deutliches Absenken des Blickes auf den Bildschirm, und das Einschätzen von Abständen gleicht sowohl im Verkehr wie auch beim Einparkieren einem Ratespiel. Der Vorteil der digitalen Spiegel mag aerodynamisch zwar vorhanden sein, wirklich praktisch aber sind sie nicht.
Im Innenraum hat sich nicht viel verändert im Vergleich zum Vorgänger. Die Bedienung erfolgt über die beiden übereinander angeordneten Touchscreens, die Verarbeitung ist sauber und solide, nichts knarrt oder knackt – ganz wie man es in dieser Preisklasse erwarten darf. Mit dem Facelift hat Audi auch den Preis leicht angehoben, was sich mit der deutlich vergrösserten Batterie rechtfertigt. Mit einem Preis von rund 130 000 Franken ist unser Testwagen zwar auch finanziell ein Schwergewicht, im Audi-Universum allerdings ist der Preis nicht überdurchschnittlich hoch.
Teurer Spass
Ganz besonders nicht im Vergleich zu seinem ungleichen Verbrennerbruder in unserem Doppeltest, dem SQ8. Dieser schlägt mit 196 711 Franken zu Buche, wobei ganze 60 000 Franken davon auf das Konto der Sonderausstattungen gehen. Kostspielige Optionen wie die Audi-Exclusive-Ausstattung oder ein Nachtsichtassistent treiben den Preis in die Höhe. Auch bei der Modellpflege des Verbrenners hat sich Audi offensichtlich von der Devise «Vom Besten nichts Neues» leiten lassen und den SQ8 nur in Details weiterentwickelt.
Unverändert bleibt der Vierliter-V8 mit innenliegender Twinscroll-Biturbo-Aufladung, der weiterhin 373 kW (507 PS) leistet und ein Drehmoment von 770 Nm liefert. Damit sprintet das 2.3 Tonnen schwere Sport-SUV in der Theorie in 4.1 Sekunden auf Tempo 100. Im Praxistest kam die Uhr einige Zehntelsekunden später zum Stehen – nicht zuletzt, weil die Winterreifen Mühe bekundeten, das brachiale Drehmoment auf den sommerlich-warmen Asphalt zu bringen. Stolz ist Audi auf die Abgasanlage aller neuen Q8-Modelle, weil diese wieder «mit vollwertigen Endrohren» ausgestattet sind. Heisst: keine angedeuteten, in die Heckschürze eingelassenen, Blenden mehr. Man darf aus Fehlern ja noch lernen.
Untermalt wird die Beschleunigungsorgie von einem kernigen, satten Geräusch. Für den einen oder anderen mag das unnötig bis störend sein, einem V8 aber geziemt es allemal. Viel eindrücklicher aber ist ohnehin die Ruhe an Bord. Nicht nur bezogen auf den Geräuschpegel, sondern vor allem auch auf das Fahrverhalten. Trotz der optionalen, monströsen 23-Zöller an unserem Testwagen fährt sich der SQ8 ausgesprochen sanft, und das Luftfahrwerk kaschiert, was die Niederquerschnittreifen an Schlägen nicht wegzustecken vermögen. Die Hinterachslenkung ist im SQ8 Serie und verkleinert dank fünf Grad Einschlagwinkel den Wendekreis um einen Meter. Damit geht das Rangieren in der Innenstadt trotz rund drei Meter Radstand erstaunlich leicht von der Hand.
Die Preisfrage
Wie beim e-tron hat sich auch im Innenraum des SQ8 wenig getan. Und das ist alles andere als eine Kritik. Das Platzangebot ist üppig, die Verarbeitung sauber und die Bedienung über die beiden Touchscreens einigermassen intuitiv. Nur wer sich an der – gesetzlich vorgeschriebenen – Tempowarnung stört, wird wenig Freude haben. Deren Deaktivierung braucht nämlich bei jedem Start drei Klicks durch die Untermenüs der Fahrzeugeinstellungen. Immerhin ist das Gebimmel relativ dezent.
Um den Kreis zu schliessen, kommen wir noch einmal zurück zur Preisfrage. Und damit zum Verbrauch, denn nicht nur der elektrische Q8, sondern auch der Verbrenner ist nicht eben genügsam. Klar, wer Achtzylinder fährt, weiss, was ihn erwartet. Aber wer den SQ8 unter 10 l/100 km bewegen will, braucht doch sehr viel Selbstkontrolle im Gasfuss, ansonsten liegt der Schnitt gern auch deutlich höher. Dank eines 85-Liter-Tanks bleibt der Besuch an der Tankstelle zwar trotzdem ein seltenes Ereignis, fürs Portemonnaie ist er dann allerdings umso schmerzhafter. Erst recht, da der Biturbo-V8 Bleifrei 98 bevorzugt.
Testfazit Audi Q8 55 e-tron
Mit der Modellpflege hat Audi den e-tron in die Q8-Reihe einsortiert. Konsequenterweise, muss man sagen, schliesslich teilen sich die beiden nicht nur die Abmessungen und die Optik, sondern auch die Plattform. Fahrwerk und Lenkung wurden verbessert – der Verbrauch leider kaum. Der ist weiterhin überdurchschnittlich hoch, was sich auf die Reichweite niederschlägt.
Testergebnis Audi Q8 55 e-tron 73/100
Antrieb 10/17
Audi hat mit dem Facelift des Q8 e-tron zwar die Batterie vergrössert und damit die Reichweite verbessert. Der Verbrauch ist aber noch immer hoch – auch wegen des Leergewichts von fast 2.7 Tonnen.
Fahrwerk 16/20
Das Fahrwerk wurde mit der Modellpflege verbessert, die Lenkung wurde präziser. Der Q8 e-tron lässt sich damit ziemlich dynamisch um die Bögen bewegen.
Innenraum 25/33
Dank rund drei Metern Radstand bietet der Q8 e-tron viel Platz im Innenraum. Die Verarbeitung und die Materialwahl sind gewohnt gut.
Sicherheit 14/18
Die Ausstattung mit Assistenzsystemen ist wie üblich bei Audi umfangreich. Die digitalen Aussenspiegel allerdings sind der Sicherheit eher abträglich.
Budget 8/12
Mindestens 110 650 Franken kostet der Q8 e-tron 55. Ein Schnäppchen ist das grosse E-SUV damit nicht, für Audi-Verhältnisse hält sich der Preis allerdings im Rahmen des zu Erwartenden.
Ja, auch Audi will sich dereinst vom Verbrennungsmotor verabschieden. Im SQ8 lässt man ihn aber noch einmal hochleben – in Form des überzeugenden V8. Das Facelift des grossen SUV bringt wenige wirkliche Veränderungen, die Motorleistung bleibt bei 507 PS und die Ausstattung an Assistenzsystemen umfangreich. Und der Preis selbstverständlich hoch.
Testergebnis Audi SQ8 74/100
Antrieb 13/17
Der V8 des Audi SQ8 bietet gewohnt sportliche Fahrleistungen, dürfte allerdings noch etwas direkter ansprechen.
Fahrwerk 14/20
Trotz riesiger 23-Zoll-Felgen fährt sich der SQ8 erstaunlich ruhig und komfortabel. Die Hinterachslenkung sorgt für Agilität.
Innenraum 26/33
Hochwertiges Leder, eine saubere Verarbeitung und viel Platz zeichnen den Innenraum des grossen SUV aus. Das schöne Interieur kostet aber, die Exclusive-Ausstattung schlägt mit 12 000 Franken zu Buche.
Sicherheit 14/18
Audi stattet den SQ8 wie gewohnt mit einer ganzen Armada an Assistenzsystemen aus. Der optionale Nachtsichtassistent ist eine nette Spielerei, der Blick sollte aber auch in der Nacht auf der Strasse bleiben.
Budget 7/12
Ein Basispreis von über 130 000 Franken und dazu noch einmal 60 000 Franken an Zusatzausstattung in unserem Testwagen sagen eigentlich alles. Audi fahren war noch nie ein günstiges Vergnügen.