Porsche Cayenne S E-Hybrid – Schneller, weiter

AR-Testteam | 14.12.2023

Plug-in-Hybrid Mit dem Facelift verbessert Porsche auch die Reichweite des Cayenne S E-Hybrid. Die ist jetzt ganz gut.

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E-Hybrid nennt Porsche seine Hybridmodelle. Das E in der Bezeichnung ist etwas überflüssig, denn dass einer der beiden Antriebe elektrisch ist, gilt prinzipiell für alle Hybride – auch wenn aus technischer Sicht jede Kombination von zwei Antrieben als Hybrid zählt. Mit dem E betont Porsche aber, dass unser Testwagen, der Cayenne E-Hybrid, auch über längere Strecken rein elektrisch unterwegs sein kann.

Porsche hat bereits 13 Jahre Erfahrung mit Hybriden ab Werk. Mit der zweiten Cayenne-Generation wurde 2010 das erste Serienmodell der Marke elektrifiziert. Unter den Puristen löste das damals einen ähnlich grossen Aufschrei aus wie die Einführung des Cayenne als erstes SUV der Zuffenhausener rund zehn Jahre zuvor. Aber Porsche musste seine Palette vergrössern, hatte damals sogar noch einen Dieselantrieb im Angebot und mit dem elektrifizierten Hypercar 918 Spyder auch ­einen perfekten Aufhänger, um den Cayenne ebenfalls unter Strom zu setzen. Der hiess zu Beginn übrigens noch Cayenne S Hybrid, das E kam erst mit dem Facelift hinzu, mit dem er vom Voll- zum Plug-in-Hybriden wurde.

Batterie vergrössert

Das alles ist Geschichte, der Selbstzünder ist längst wieder aus dem Modellprogramm verschwunden und ein Hybrid nicht mehr bloss die Sparvariante, sondern auch leistungsmässig die Speerspitze. Dass selbst die Basisversion des E-Hybrid nicht wirklich sparsam unterwegs ist, war denn auch einer der grossen Kritikpunkte am Vorgänger. Vor allem die kleine Batterie und die somit geringe elektrische Reichweite wurden bemängelt. Mit dem Facelift der aktuellen dritten Cayenne-Generation hat Porsche nun die Batteriekapazität von 17.5 auf 25.9 kWh vergrössert. Ist damit das Manko behoben? Auf dem Papier erst einmal schon, die elektrische Reichweite stieg von rund 40 auf 71 Kilometer, der WLTP-Verbrauch sank auf 1.6 l/100 km.

Ganz so genügsam ist der Hybrid-Cayenne auf der Strasse dann doch nicht – die Verbesserung gegenüber dem Vorgänger ist aber offensichtlich. Mit 5.3 l/100 km kommt das SUV im Test bei sparsamer Fahrweise im Hybridmodus aus. Überrascht hat der Antrieb aber im rein elektrischen Fahrmodus. Der Verbrauch liegt bei 28.6 kWh/100 km, was unter dem von Porsche ermittelten Wert liegt. Dank der relativ grossen Batterie reicht das sogar für über 90 Kilometer lokal emissionsfreier Fahrt. Weiterhin vorbildlich löst Porsche das Zusammenspiel von Verbrennungs- und Elektromotor – ohne dem Fahrer die Verantwortung zu entreissen. Wird im Navi ein Ziel programmiert, plant das Auto selbständig die effizienteste Einteilung der Batterieladung, kann also beispielsweise auf der Autobahn den Verbrenner nutzen und den Strom für das Stop-and-go in der Stadt aufsparen.

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Der Porsche Cayenne E-Hybrid bietet trotz 
grosser Hybridbatterie ausreichend Platz 
und vor allem viel Flexibilität im Kofferraum.

Ist man als Fahrer mit den Entscheidungen der Elektronik nicht einverstanden, kann diese jederzeit übersteuert werden. Im E-Modus fährt der Cayenne immer elektrisch – bis 135 km/h und solange die Batterie nicht leer ist. Soll deren Ladestand aufgespart oder sogar mithilfe des Verbrennungsmotors verbessert werden, lässt sich beides über das Menü einfordern. Im Sport-Modus ist das Fahrzeug in jedem Fall hybrid unterwegs, die Lastverteilung zwischen den beiden Motoren wird den jeweiligen Bedürfnissen angepasst. So können bei Bedarf die gesamten 346 kW (470 PS) Systemleistung mobilisiert werden, 224 kW (304 PS) leistet der Verbrenner, die restlichen 130 kW (176 PS) steuert der im Getriebegehäuse verbaute Elektromotor bei. In 4.9 Sekunden sprintet der Cayenne E-Hybrid so auf Tempo 100 – damit ist er schneller, als es der erste Cayenne Turbo von 2010 war.

Starkes Fahrwerk

Das liegt natürlich vor allem am starken Antritt der Elektromaschine, deren 460 Nm Drehmoment direkt aus dem Stand bereitstehen. Im Verbund mit dem Dreiliter-Biturbo-V6 sind es 650 Nm. Einzig beim Zwischenspurt im Hybridmodus, wenn der Cayenne gemütlich elektrisch dahingleitet und auf plötzliche Volllast reagieren muss, gönnt er sich ­einen Tick zu lange, bis die Verbrennungsmaschine anspringt. Ein beherzter Tritt aufs Gaspedal oder das Drehen am Rädchen für den Sport-Modus schafft hier Abhilfe. Ansonsten ist der Cayenne so sportlich unterwegs, wie das ein gut 2.5 Tonnen schweres Hybrid-SUV eben sein kann. Bei der Fahrwerksentwicklung macht den Zuffenhausenern kaum jemand etwas vor. Dank adaptiver Luftfederung mit Höhenverstellung und Hinterachslenkung (beide optional) gibt sich der Cayenne auch als E-Hybrid sehr dynamisch. Die rund 250 Kilogramm Mehrgewicht gegenüber dem Cayenne S bleiben nicht unbemerkt, etwas Abhilfe könnte hier die aktive Wankstabilisierung (ebenfalls optional, im Testwagen indes nicht verbaut) schaffen.

Die Lithium-Ionen-Batterie ist wie schon in der Vor-Facelift-Version unter der Rückbank verbaut, was den Schwerpunkt leicht erhöht. Nicht tangiert wird dabei der Platz im Innenraum – weder für die Fondpassagiere noch im Kofferraum. Mit 627 bis 1563 Litern fällt der ausreichend gross aus, die Konkurrenz bietet aber speziell beim Maximalvolumen mehr. Bis 1915 Liter sind es im Mercedes GLE, immerhin 1720 Liter im BMW X5. Die Ladekabel lassen sich in einem Fach unter dem Ladeboden verstauen, die Rückbank lässt sich im Verhältnis 40:20:40 herunterklappen. Praktisch sind die vier Ösen zur Ladegutfixierung.

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Innen wie gehabt

Ansonsten bietet das Innere des Cayenne wenig Überraschungen. Die Verarbeitung ist dem Preis entsprechend hochwertig, die Bedienung wie immer teils gewöhnungsbedürftig. Im Vergleich zum Vorgänger wurde die Anzahl nicht-physischer Knöpfe auf der Mittelkonsole stark reduziert, die meisten Funktionen sind auf den zentralen Touchscreen gewandert. Geblieben sind die Lautstärkeregelung, fünf echte Schalter und einige Touchknöpfe für die Klimabedienung. Über das neue Interieur haben wir im Test des Cayenne S Coupé vor zwei Wochen (AR 48/2023) bereits ausführlich berichtet, die Unterschiede zwischen den beiden Varianten sind verschwindend gering.

Wie beim Cayenne S Coupé nicht wirklich gering ist allerdings der Preis: 123 800 Franken kostet der Porsche Cayenne E-Hybrid in der Basisausstattung, unser Testwagen bringt es auf 167 310 Franken. Grosse Posten sind vor allem die Luftfederung für 2750 Franken, die Sportabgasanlage für 3460 Franken und der zusätzliche 10.9-Zoll-Touchscreen für den Beifahrer, der mit weiteren 1660 Franken zu Buche schlägt. Wer es günstiger mag, kann auf den Basis-Cayenne zurückgreifen: Den gibt es ab 106 600 Franken. Mit 260 kW (353 PS) ist auch dieser bereits ganz ordentlich motorisiert. Allerdings wird die Zeche dann an der Tankstelle bezahlt, schliesslich beträgt sein Verbrauch mindestens 10.8 l/100 km. 

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Die neuen Rückleuchten des Cayenne wirken weniger filigran 
als bisher und heben sich optisch wieder stärker vom Elfer ab.

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Der V6-Benziner wird von einem Elektromotor unterstützt. Bis zu einer Geschwindigkeit von 135 km/h kann der E-Motor auch alleine arbeiten.

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Testergebnis

Gesamtnote 78.0/100

Antrieb

Der Porsche Cayenne E-Hybrid schafft den Spagat: 0 bis 100 km/h in unter fünf Sekunden und eine ordentliche elektrische Reichweite. Ist die Hybridbatterie aber leer, steigt der Verbrauch ordentlich an.

Fahrwerk

Porsche beherrscht die Fahrdynamik – auch beim über 2.5 Tonnen schweren Hybrid-Cayenne. Das adaptive Luftfahrwerk und die Hinterachslenkung helfen in den Kurven.

Innenraum

Verarbeitung und Qualität überzeugen, die Bedienung ist besser geworden. Physische Knöpfe statt Touchbedienung wären aber immer noch besser. Beim Kofferraum bietet die Konkurrenz mehr.

Sicherheit

Starke Bremsen und ein sicheres Fahrverhalten zeichnen den Cayenne aus. Die Assistenten funktionieren, allerdings hat die deutsche Premiumkonkurrenz ab Werk einen deutlich grösseren Umfang an Bord.

Budget

Porsche ist nie günstig. In der Cayenne-Palette ist aber der E-Hybrid gar nicht so schlecht platziert: Knapp 20 000 Franken teurer ist er als die Basisvariante, bietet aber deutlich bessere Fahrleistungen bei tieferem Verbrauch.

Fazit

Mit dem Facelift hat Porsche auch den Plug-in-Hybrid des Cayenne deutlich verbessert und die Batterie vergrössert. Damit wird er zum attraktiven Angebot im Line-up für alle, die gelegentlich laden können.

Fotos: Vesa Eskola, Text: Ramon Egger

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