Privatjet Er ist irrwitzig schnell, beeindruckend luxuriös und auch äusserst komfortabel. Wer im BMW i7 M70 xDrive chauffiert wird, wähnt sich fast im Flugzeug – Bordunterhaltung inklusive.
In seinen Anfängen baute BMW Flugmotoren für Luftschiffe, später auch Flugzeuge. Das von vielen als Propeller interpretierte Markenlogo erinnert bis heute daran, wobei diese Deutung genau genommen falsch ist, seitens BMW aber schon lange nicht mehr aktiv widerlegt wird. Für die Bayern ist es ja nichts Schlechtes, dass ihnen Nähe zum Fliegen unterstellt wird, schliesslich betrachten die meisten Menschen diese Art der Fortbewegung als die freieste, die es gibt.
Ganz so frei wie im Cockpit eines Fliegers ist man in der aktuellen Speerspitze der BMW-Modellpalette, dem elektrischen i7 M70 xDrive, zwar nicht unterwegs, aber den Vergleich mit einem Privatjet können wir uns trotzdem nicht verkneifen. Das Modell richtet sich nur schon preislich an jene, die auch in der Luft vorwiegend im Highend-Bereich reisen – entweder im eigenen Flugzeug oder dann zumindest in der ersten Klasse. Mindestens 220 200 Franken kostet dieser i7 aktuell, unser Testauto bringt es auf knapp 280 Riesen. Da bleibt einem echt die Spucke weg, vor allem wenn man bedenkt, dass mit dem einen oder anderen Kreuzchen mehr auch die 300er-Marke fällt. Also nicht hinsichtlich Tempo, bei 250 km/h ist auf jeden Fall Schluss, was für einen Vollstromer aber ganz o. k. ist.
Fahrleistungen wie vom anderen Stern
Der Topspeed ist abseits von Deutschlands Autobahnen ja sowieso eher sekundär, konzentrieren wir uns deshalb auf das, was man grundsätzlich in der Schweiz erleben kann respektive darf. Und das kann wehtun. Wenn dieses 2.8-Tonnen-Strassenschiff in unter vier Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigt, braucht es vor allem im Fond einen starken Magen. Die Zahl imponiert dabei weniger als die Art und Weise – es gibt speziell in der Stromergilde nicht wenige Modelle, die noch deutlich schneller sprinten –, aber der i7 M70 erledigt diese Übung mit einer Gewalt, die wirklich an ein startendes Flugzeug erinnert.
Ist das Schiff in Fahrt, kann es in so ziemlich jeder Lebenslage unfassbar brachial nach vorne preschen. Durch Aktivierung der Boost-Taste links vom Lenkrad stehen kurzzeitig 1100 Nm Drehmoment an. Und zwar unmittelbar, sofort, direkt. Wer die Mitfahrer nicht warnt, darf schon mal den Putzeimer paratstellen. Oder sich im schlimmsten Fall auf Schadenersatzansprüche wegen tangierter Halsmuskeln gefasst machen.
Chauffieren oder chauffiert werden?
Besonders fiese Chauffeure erwischen ihre Passagiere mit Vorliebe auf dem falschen Fuss, wenn diese gerade im Kino sitzen. Wird aus dem Dachhimmel der optionale 32-Zoll-Bildschirm herausgefahren, der Platz hinten rechts in eine leichte Liegeposition justiert, der Surround-Sound der Bowers- &-Wilkins-Anlage aufgedreht und über einen der gängigen Streamingdienste ein epischer Streifen abgespielt, taucht der VIP-Gast schnell in eine völlig andere Welt ein und rechnet bestimmt nicht mit einer plötzlichen Attacke.
Derart infantile Fantasien sind in einer professionellen Autozeitschrift natürlich völlig fehl am Platz, aber wer dieses Monster selbst fährt, malt sich halt bald aus, was man alles damit anstellen könnte. Und er fragt sich: Warum würde der reiche Besitzer überhaupt einen Chauffeur brauchen und nicht einfach selber fahren? Schliesslich gestaltet sich das dank der serienmässigen Allradlenkung trotz der enorm ausladenden Abmessungen (der i7 ist fast 5.4 Meter lang und, notabene ohne Aussenspiegel, knapp zwei Meter breit) überraschend einfach. Nur beim Parkieren wird es wirklich eng. Zwar helfen zig Kameras und Sensoren fleissig beim Rangieren, aber Bodybuilder kommen auch nur knapp durch den Türrahmen. Im Gegensatz zum i7 können diese sich jedoch bücken respektive kleiner machen. Der BMW hingegen lässt sich nur im Innern zigfach anpassen, natürlich von A bis Z elektrisch. Von Hand muss man hier wenig erledigen, dabei hilft auch der Sprachassistent mit, der tatsächlich fast alles versteht, sich im Test aber trotzdem einen Bug erlaubte und mehrfach darauf beharrte, die Sitzmassage auf der Fahrerseite sei schon deaktiviert, obwohl man ausdrücklich deren Aktivierung verlangte. Stattdessen wurde der Rücken (auf der Sitzfläche gibt es im Gegensatz zur Konkurrenz aus Stuttgart keine Knetpunkte) des Beifahrers behandelt, obwohl keiner dort sass.
Ein Trumm von einem Auto. Viele Modelle wollen ihre Grösse kaschieren, der i7 betont sie noch zusätzlich. Unter der Heckscheibenkante sind auf der Autobahn ganze Sportwagen unsichtbar. Alles strahlt und glänzt: Bei der Einrichtung hat sich BMW augenscheinlich am asiatischen Geschmack orientiert, dort mag man viel Licht und viel Bling-Bling. Dagegen wirkt das braune Ledergestühl mit zigfachen Verstellmöglichkeiten beinahe vornehm klassisch – für ein Modell mit grossem M im Namen ohnehin. Autokino der anderen Art: Der 32-Zoll-Bildschirm fährt vom Dachhimmel herunter und bietet beste Unterhaltung für die Fondpassagiere.
Solche Befehlsverweigerungen sind natürlich für den Fahrer ärgerlich, dürften ihn aber nur dann stören, wenn er das Auto auch bezahlt hat. Genauso wie die deutlich vernehmbaren Windgeräusche in der B-Säule, die wir beim Test des i7 xDrive 60 in der AR 27/2023 nicht festgestellt hatten und sie deshalb als dummen Zufall sehen. Trotzdem: Wer so viel Geld auf den Tisch legt, erwartet Perfektion, die es hier in einigen Bereichen nicht gibt. Die Verarbeitung ist sehr gut, aber nicht überragend. Die Materialauswahl sehr nett, aber nicht grandios. Die Zweifarbenlackierung (für über 15 000 Franken Aufpreis) edel, aber bei einem Modell, das stolz das sportliche M zelebriert, irgendwie unpassend. Man merkt diesem Auto an, dass es mit dem chinesischen Kunden im Fokus entworfen worden ist, der einen anderen Geschmack hat als die meisten Europäer.
Alles kostet, auch mehr Auffälligkeit
Man darf die obigen Zeilen bitte nicht falsch verstehen, dieser i7 M70 xDrive ist eine Wucht, zieht einen in seinen Bann, fasziniert, zeigt, was technisch derzeit möglich ist. Wer den Preis nicht beachtet, wird begeistert sein. Wer noch nie in einem Auto mit derart riesigen, gestochen scharfen Bildschirmen gesessen ist, könnte ausflippen. Zumindest in den ersten Tagen, denn irgendwann gewöhnt man sich an alles. Und dann sieht man alles mit anderen Augen, fragt sich vielleicht, warum man nach der Überweisung des horrenden Kaufpreises noch regelmässig Abbuchungen für dieses und jenes digitale Paket auf der Kreditkarte erdulden muss. BMW verrechnet für sinnvolle Gadgets wie die Echtzeitverkehrsinformation, Navikarten-Updates oder den professionellen Parkassistenten monatlich oder jährlich einen Betrag X. Auch weniger sinnvolle (aber je nach Klientel begehrenswerte) Apps wie sportliche Iconic Sounds oder eine Willkommenssequenz der Kristallglasscheinwerfer im Zusammenspiel mit der beleuchteten Umrandung der Nieren kosten extra, dafür aber nur einmalig. Wer nicht auffallen will, braucht das alles nicht. Aber für den ist der BMW i7 M70 xDrive ohnehin nicht geeignet.
Testfazit
Der BMW i7 M70 xDrive trägt dick auf und hält seine Versprechen. Er bietet allen erdenklichen Luxus, ist extrem schnell und lässt manch andere Limousine wie ein Spielzeugauto aussehen. Dass man dafür tief in die Tasche greifen muss, versteht sich von selbst. Für den europäischen Geschmack übertreibt es die Speerspitze der Bayern zuweilen, anderswo gibt es sicher Fans.
Testergebnis 81/100
Antrieb 28/30
Zweifellos die Schokoladenseite dieser Luxusrakete. Es gibt schnellere Stromer, aber viel brachialer und doch derart souverän kann Kraft nicht auf die Strasse gebracht werden. Ohne Allrad wäre das unmöglich.
Fahrwerk 14/15
Auch hier punktet der i7 M70 xDrive nachhaltig. Die Luftfederung bügelt schlechte Strassen glatt, erlaubt gleichzeitig hohe Dynamik. Der Trumm fährt sich wie auf Schienen, die Allradlenkung hilft. Von den 2.8 Tonnen spürt man wenig, die Länge von fast 5.4 Metern stört nur in Parkhäusern.
Innenraum 20/25
Komfort und Luxus pur. Die Materialauswahl ist Geschmackssache, kleine Verarbeitungsmängel (Windgeräusche in der B-Säule) trüben das Bild.
Sicherheit 12/15
Hervorragend funktionierende (und kostspielige) Assistenten, wie man es von BMW kennt. Bremsen mit Winterreifen nur ganz knapp genügend.
Budget 7/15
Reden wir nicht darum herum: Wer knapp 300 000 Franken bezahlt, darf viel erwarten. Der i7 M70 xDrive erfüllt die Erwartungen nicht ohne Vorbehalt. Ausser beim Verbrauch, der erwartungsgemäss hoch ist.