Dacia Bigster im Test: Zwischen Vernunft und Genuss

Olivier Derard | 07.08.2025

Mit dem Bigster, einem echten XXL-Duster, stattet Dacia ein eigentlich eher rationales Fahrzeug mit dem gewissen Etwas aus. Das kann schnell für viel Vergnügen sorgen.

Dacia Bigster Hybrid 155 Journey copie 12

Das grösste Argument, mit dem das neue SUV überzeugen kann, ist vorderhand der Preis. Mit 27’690 Franken passt er hervorragend in seine Zielgruppe, die vor allem Familien sind. Diese Preistüchtigkeit lässt sich durch die mechanischen Details des Autos erklären.

Obwohl der Bigster im C-Segment angesiedelt ist, übernimmt er die CMF-B-Plattform des kleineren Duster. Der Bigster wurde parallel zum Duster entwickelt und teilt mit diesem auch viele optische Elemente. Der vordere Teil bis zur Windschutzscheibe mit Ausnahme des spezifischen Stossfängers ist identisch.

Hinter der A-Säule sind jedoch mehrere Veränderungen festzustellen. Die Gesamtlänge erhöht sich um 23 Zentimeter auf 4.57 Meter, der Radstand um vier Zentimeter auf 2.70 Meter. Und während die Breite gleich bleibt, gewinnt der Bigster vier Zentimeter an Höhe, was ihm insgesamt eine massivere Silhouette verleiht als seinem Bruder.

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Dacia Bigster: Frontantrieb oder Allradantrieb stehen zur Wahl

Vom Duster übernimmt der Bigster den 1.2-Liter-Dreizylinder mit 48-Volt-Mildhybrid-Unterstützung. Diese Motorisierung ist in zwei Leistungsstufen verfügbar – je nachdem wie viele Räder angetrieben werden.

Mit Frontantrieb sind es 140 PS, mit Allradantrieb deren 130 . Zudem bekommt der Bigster die Ehre, einen neuen Hybridantriebsstrang einzuführen, der aus einem 1.8-Liter-Vierzylinder mit Atkinson-Zyklus, Direkteinspritzung und einer Leistung von 80 kW (109 PS) und 172 Nm besteht. Hinzu kommen zwei Elektromaschinen, eine mit 36 kW (49 PS) und eine primär für die Schaltvorgänge des Multimode-Getriebes. Die drei Einheiten arbeiten über Klauenkupplungen zusammen und leisten 115 kW (155 PS).

Da Dacia natürlich bei unserer ersten Testfahrt für den neuen Antriebsstrang werben wollte, stand nur diese Version für eine Probefahrt zur Verfügung. Der neue Antrieb überzeugt nicht unbedingt durch seine Leistung, dafür umso mehr in Sachen Komfort. Zwar gibt es beim Beschleunigen einige leichte Ruckler in den Übergangsphasen vom elektrischen und thermischen Antrieb, doch das ist nicht weiter dramatisch. Insgesamt ist das Fahrverhalten sehr angenehm.

Obwohl auch der Bigster in erster Linie für die Stadt, wo er hauptsächlich elektrisch fährt, konzipiert wurde, gehen auch Autobahnfahrten flott von der Hand. Der Verbrennungsmotor neigt nicht dazu, zu überdrehen, wie es sonst bei einigen weniger leistungsstarken Hybridantrieben des Renault-Konzerns der Fall ist, wenn sie einer hohen Leistungsanforderung ausgesetzt sind. Darüber hinaus wird der akustische Komfort durch eine bessere Geräuschisolierung erhöht.

Und auch die Verbrauchswerte überzeugen. Gemäss WLTP sind es 4.8 Liter auf 100 Kilometer. Bei unserer ersten Begegnung konnten wir diesen Wert gar spielerisch unterbieten und kamen teilweise auf unter 4.0 l/100 km.

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Dacia Bigster: So fährt sich das Familien-SUV

Noch wird der neue Antriebsstrang nicht als Allrad angeboten. Wer den Bigster also nur als 4 x 4 in Betracht zieht, muss sich aktuell für den Dreizylinder-Mildhybrid entscheiden. Ob die 130 PS dann ausreichen, um das Auto entsprechend zu motorisieren, wird sich weisen, darf aber auch etwas bezweifelt werden. Wichtig in diesem Zusammenhang zu wissen ist, dass der Konzern derzeit an einem neuen 4 x 4-Hybridantrieb tüftelt. Dort soll der Vierradantrieb dann durch eine zusätzliche elektrische Maschine auf der Hinterachse gewährleistet werden. Nach unseren Informationen soll die Variante bis Ende des Jahres auf den Markt kommen.

Was das Fahrverhalten angeht, erledigt der Bigster seine Sache standesgemäss, mehr aber auch nicht. Mit dem Zuwachs an Höhe und dem grösseren hinteren Überhang schleppt das SUV einen Rucksack mit sich herum, der manchmal dazu führt, dass das Auto von Kompressionen in die Knie gezwungen wird und leicht unharmonisch nachfedert – ein Nachteil, der sich mit Beladung zwangsläufig verschlimmert.

Als weiterer nicht optimaler Punkt sollte hervorgehoben werden, dass die elektrische Servolenkung nicht sehr konsistent ist. Beim Manövrieren stellt dies kein Problem dar, auf kurvenreichen Strecken aber stört es etwas. Abgesehen davon überzeugt der Bigster auch mit seinem geringen Gewicht von 1.5 Tonnen, was insgesamt in einem neutralen Fahrverhalten resultiert. Und schliesslich wird auch nicht unbedingt mehr von ihm verlangt.

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Im Innenraum ist der Bigster weitgehend von seinem kleinen Bruder Duster inspiriert. Das stilvolle Armaturenbrett wurde vollständig übernommen. Auch die verbauten Materialien sind gleich. Harte Kunststoffe sind dementsprechend weitverbreitet – natürlich ist dies im C-Segment weitaus ärgerlicher als im B-Segment. Angesicht der eingangs erwähnten Preise ist dieser Entscheid allerdings nachvollziehbar.

Erwähnenswert ist, dass der Bigster eine neue, höher positionierte Mittelkonsole einführt, die dem Ganzen einen gehobenen Touch verleiht, zumal sie einen doppelten Getränkehalter und gar ein Kühlfach enthält. Leider ist diese Option nur für die Hybridvariante erhältlich, die Mildhybridmotoren – erhältlich auch mit Schaltgetriebe – müssen sich mit der klassischen Mittelkonsole des Duster begnügen.

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Ansonsten ist das Zehn-Zoll-Infotainmentsystem relativ intuitiv zu bedienen und die automatische Zwei-Zonen-Klimaautomatik verfügt weiterhin über physische Bedienelemente. Ein weiterer Pluspunkt: Die von der EU vorgeschriebenen (nervigen) Signaltöne können schnell über eine Taste links vom Lenkrad stummgeschaltet werden.

Und das ist noch nicht alles: Das Befestigungssystem YouClip, mit dem man ein Telefon, eine Taschenlampe oder einen zusätzlichen Getränkehalter aufhängen kann, bleibt bestehen. Und der letzte Schick: Das grosse Panoramaschiebedach, das sich bis zu den Rücksitzen erstreckt, durchflutet den Innenraum mit viel Licht. Wenn man Schatten möchte, kann ein Sonnensegel über die gesamte Länge gespannt werden.

Der vergrösserte Radstand ermöglicht eine Optimierung der Beinfreiheit auf den Rücksitzen. Trotz der dreigeteilten Rücksitzbank, die über im Kofferraum angebrachte Hebel umgeklappt werden kann, bleibt die Modularität jedoch begrenzt, da die Sitze nicht verschiebbar sind.

Dacia Bigster Hybrid 155 Journey copie 4

Der Kofferraum des Dacia Bigster fasst 566 bis 1912 Liter

Der Kofferraum ist über eine grosse und als Option elektrische Heckklappe zugänglich und hat ein Fassungsvermögen von 566 bis 1912 Liter. Unter dem doppelten Ladeboden kann problemlos ein Reserverad verstaut werden. Und wenn das nicht ausreicht, können die Dachträger problemlos eine zusätzliche Box aufnehmen. Aber Achtung: Die quer verstellbaren Träger werden nur in der Ausführung Extreme angeboten. Die anderen Versionen müssen sich mit den einfachen, festen Dachträgern begnügen.

Der Bigster wird zusammen mit seinem kleinen Bruder im rumänischen Werk in Pitesti produziert. Die 500 gebauten Einheiten pro Tag werden mit Sicherheit ein grosser Erfolg werden, da sie zum günstigen Preis angeboten werden. So bleibt vielleicht sogar noch Geld für das ein oder andere Zubehör übrig.

Apropos: Dacia bietet eine ganze Armada an Zusatzausstattungen an, die vom Skiträger über die Dachreling bis hin zur Anhängerkupplung mit 1.5 Tonnen Last bei den Nicht-Vollhybriden reichen. Hinzu kommen ein Campingzelt oder mit dem Sleep-Paket eine Holzkiste, mit der ein Bett im Fahrgastraum ausgebreitet werden kann. Ja, auch der Bigster bietet viel Platz für Abenteuer. All diese Vorteile werden den eher rationalen Bigster schnell in ein echtes Vergnügen verwandeln.

Technische Daten

Dacia Bigster Hybrid 155 Extreme

Motor: Reihenvierzylinder-Vollhybrid, 1793 cm3, vorne quer, Bohrung 78.0 mm, Hub 93.8 mm, DOHC, 4 Ventile/Zylinder, Leistung Verbrenner 80 kW (109 PS) bei 5300 U/min, Drehmoment Verbrenner 172 Nm bei 3000 U/min, Leistung E-Motor 36 kW (49 PS), Drehmoment E-Motor 205 Nm, Systemleistung 115 kW (155 PS)

Antrieb: Frontantrieb, Multimode mit 4 Gängen für den Verbrenner und 2 Gängen für die E-Maschine

Karosserie: SUV, C-Segment, 5 Türen, 5 Plätze, Federbeine, Stabilisator vorne, Mehrlenkerachse hinten, Scheibenbremsen rundum, Reifen 215/65 R17

Abmessungen und Gewichte: Länge 4.57 m, Breite 1.81 m, Höhe 1.71 m, Radstand 2.70 m, Kofferraum 566–1912 l, Leergewicht 1494 kg, Gesamtgewicht 1940 kg, Bodenfreiheit 219 mm,  Anhängelast gebremst/ungebremst 1000/745 kg, Dachlast 80 kg, Tankinhalt 50 l, Wendekreis 11.00 m

Fahrleistungen: 0–100 km/h in 9.7 s, Höchstgeschwindigkeit 180 km/h, Verbrauch 4.8 l/100 km, CO2-Emissionen 110 g/km (WLTP), Energieeffizienz C

Preis und Garantie: Dacia Bigster ab 27‘690 Franken, Extreme Hybrid 155 ab 31‘690 Franken, Werksgarantie 3 Jahre/100 000 km

Dacia Bigster Hybrid 155 Journey copie 5

Fotos: Dacia

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