Jeep Grand Cherokee 4xe im Test: Wie amerikanisch ist der grosse Jeep?

Olivier Derard | 30.12.2025

Macht der neue Jeep Grand Cherokee immer noch den amerikanischen Traum wahr und gibt einem das Gefühl, nach Hause zu kommen? Die Antwort findet sich neuerdings auf der Landstrasse.

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Die ersten vier Generationen des Jeep Grand Cherokee waren in den letzten 30 Jahren auf dem alten Kontinent sehr erfolgreich – vor allem, weil sie einen Hauch des «American Way of Life» garantierten. In der Tat war der Grand Cherokee für viele Autofahrer eine Art Teleportationsmittel in die Berge und Landschaften Virginias, die John Denver besang, und generell in die neue Welt, wo der Gigantismus der Autos und der Hubraum-Adel herrschten.

Ist der Grand Cherokee in seiner fünften Generation immer noch ein Garant für ein kleines Stück des amerikanischen Traums oder verlässt er seinen Erfolgsweg?

Schaut man sich das SUV an, gibt es keine langen Diskussionen. Der Cherokee ist ein Cherokee. Der Kühlergrill mit sieben Nüstern, die trapezförmigen Radkästen und sein typisches Gesicht. Kurz gesagt, er ist ein echter Jeep und als solcher ein echter Hingucker, ohne den Fehler zu machen, zu dick aufzutragen – das war auch schon anders.

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Doch so gut er auch aussehen mag, das neue Modell sticht vor allem durch seinen Innenraum hervor. Die Materialien, die in der hier getesteten Topausstattung Summit Reserve verwendet werden, sind erstklassig. Das Armaturenbrett ist im oberen Bereich aus üppig unterschäumtem Leder gefertigt. Die Kanten des Leders sind mit farblich abgestimmten Nähten versehen, die mit den schönen Holzverkleidungen harmonieren.

Die Türverkleidungen sind mit gestepptem Leder verkleidet und die A-Säulen der Windschutzscheibe sowie der Dachhimmel mit Wildleder überzogen. Einige Rädchen sind aus Metall gefertigt. Die wenigen verbleibenden Kunststoffe sind von guter Qualität. Der einzige Wermutstropfen ist, dass die Verarbeitungsqualität leider nicht so hoch ist wie die der Materialien. So wackelt zum Beispiel die Mittelkonsole ein wenig, wenn man sich mit dem Knie abstützt.

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Jeep Grand Cherokee 4xe: Der Offroadfaktor ist immer noch hoch

In Sachen Technologie ist alles da: Vom neuesten Infotainment über das digitale Kombiinstrument bis hin zum qualitativ hochwertigen McIntosh-Soundsystem fehlt es an nichts. Selbst der Beifahrerbildschirm, ein zusätzlicher Monitor, der Zugriff auf Telefon-, Navigations- und Infotainmentmenüs bietet, fehlt nicht. Ausserdem kann man sich auf diesem Bildschirm die Bilder der verschiedenen Kameras im Auto ansehen. Dies ist besonders bei Offroadfahrten praktisch, so kann der Beifahrer den Fahrer unterstützen, indem er ihn auf Hindernisse hinweist.

Apropos offroad: Auf einem eigenen Bedienpanel sind die Tasten für den Betrieb im Gelände versammelt. Leider ist es in Klavierlack gehalten, der schnell verkratzt. Aber der Fahrmodus-Wahlschalter und die Tasten für das Verteilergetriebe (kurze Gänge), die Bergabfahrkontrolle und die Luftfederung an einem Ort sind praktisch.

Auch auf andere physische Knöpfe muss man nicht verzichten: Über dem Infotainmentsystem befinden sich sieben Klaviertasten, mit denen man den Spurhalteassistenten oder die Warnblinkanlage ein- und ausschalten kann. Unterhalb des Bildschirms befinden sich weitere Elemente für die Lautstärke, aber auch für die Klimaanlage oder die beheizten und gekühlten Sitze.

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Auch die Rücksitze sind beheiz- und kühlbar. Sowieso fehlt es hinten an nichts. Das Raumangebot ist erstklassig, mit viel Bewegungsfreiheit auf den Rücksitzen und einem grossen Kofferraumvolumen.

Leider hat der Grand Cherokee einen sehr sensibel eingestellten Warnpiepser. Er gibt viel zu oft kurze, hohe Töne von sich. Und diese nervtötenden Geräusche beginnen schon lange vor dem Fahren, nämlich beim Anlassen des Motors. Um das zu vermeiden, sollte man sich schon vor dem Drücken des Startknopfs anschnallen. Das ist ein Reflex, den Liebhaber grosser amerikanischer Motoren nicht unbedingt haben.

Ausserdem ist er für ein Auto, das im Land der Freiheit (genauer gesagt in Detroit in der Jefferson North Assembly Plant) zusammengebaut wird, definitiv zu direktiv. Zudem ist es nicht ganz einfach, zwischen eingeschalteter Zündung und Motorstart zu unterscheiden. Das liegt auch daran, dass der Motor im Stand fast nie läuft. Wie ist das möglich?

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Um die strengen europäischen Verbrauchsnormen zu erfüllen, hatte Jeep keine andere Wahl, als die bisherigen V6- und V8-Motoren durch einen Hybrid-Antriebsstrang zu ersetzen. Dieser besteht aus einer 107 kW (145 PS) starken elektrischen Maschine, die im Getriebegehäuse untergebracht ist, wo sie auch den Drehmomentwandler ersetzt, und einem Zweiliter-Motor mit 200 kW (272 PS).

Richtig: nur ein Vierzylinder. Leider ist das der grösste Kritikpunkt am Jeep. Zwar stehen dem Antriebsstrang somit insgesamt 280 kW (380 PS) Systemleistung und 637 Nm Drehmoment zur Verfügung, solange genügend Saft in der Batterie ist. Doch wenn der Akku leer ist und nur noch der Verbrenner für den Antrieb sorgt, sieht es ganz anders aus. Um den Leistungsbedarf zu decken, wird der Motor gezwungen, mit einem wenig schmeichelhaften Klang in die Höhe zu brüllen und das ZF-Getriebe muss einen oder mehrere Gänge herunterschalten. Das ist wirklich weit entfernt vom Temperament und der Souveränität eines echten Amerikaners.

Der Jeep Grand Cherokee 4xe ist kein Auto für Schweizer Bergpässe

Auf der Strasse geht dem Grand Cherokee die Antriebsdynamik also weitgehend ab und das gilt auch für sein Fahrverhalten. Trotz der vorderen Einzelradaufhängung und der Mehrlenker-Hinterachse hat der Jeep Mühe, seine 2.6 Tonnen Leergewicht unter Kontrolle zu halten. Das macht sich besonders in den Kurven eines Bergpasses bemerkbar – also der klassischen helvetischen Umgebung. Für diese ist dieser Geländewagen absolut nicht konzipiert.

Wenn es jedoch einen Ort gibt, an dem der Geländewagen mehr als zuvor glänzt, dann ist es die Stadt, wo das SUV nun auch rein elektrisch fahren kann. Allerdings nur für eine kurze Strecke, denn die WLTP-Reichweite wird mit 46 Kilometern angegeben, was im wirklichen Leben etwa 30 Kilometern entspricht. Diese Werte liegen weit unter denen der Konkurrenz in diesem Segment und zwingen den Besitzer dazu, das Fahrzeug häufig aufzuladen, da sonst der Verbrauch auf über 10.0 l/100 km ansteigt.

Auf unserer AR-Normrunde verbrauchte der Jeep Grand Cherokee 4.7 Liter Benzin auf 100 Kilometer und zusätzlich 12.2 kWh Strom. Das Aufladen dauert mindestens 2.5 Stunden an einer Wallbox, weil der Onboard-Charger nicht mehr als 7.4 kW Ladeleistung beherrscht, und fast eine Nacht an einer herkömmlichen 2.3-kW-Steckdose.

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Ist der Jeep Grand Cherokee 4xe wirklich geländegängig?

Auch wenn der Grand Cherokee im Innenraum eher komfortabel geworden ist, hat er nichts von seiner Geländegängigkeit eingebüsst. Die höhenverstellbare Quadra-Lift-Luftfederung, das Verteilergetriebe mit kurzer Übersetzung, die Bergabfahrhilfe und das Selec-Terrain-Traktionsmanagement arbeiten Hand in Hand, um ein wirklich geländegängiges Fahrzeug zu schaffen.

Zwar ist er nicht ganz so abenteuerlustig wie sein grosser Bruder, der Wrangler, aber mit einer Wattiefe von 61 Zentimetern, einem Böschungswinkel von 35.5 Grad vorne und 29.8 Grad hinten und einem Rampenwinkel von 22.2 Grad konnte er die meisten Hindernisse während der Tests auf dem Offroadparcours in Lignières überwinden.

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Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Haftung gut bleibt, die in unserem Fall durch die Strassenbereifung des Testwagens eingeschränkt war. Ein weiterer limitierender Faktor ist das Fehlen von vorderen und hinteren Differenzialsperren, was in bestimmten Situationen zu einem Rutschen der Räder führen kann. Die elektronischen Helfer greifen aber schnell ein und machen das grösstenteils wieder wett. Mit anderen Worten: Es geht – nicht überall und nicht immer ganz sauber, aber es geht.

In den USA, wo er nach dem Compass das kleinste Fahrzeug im Portfolio ist, kostet der Grand Cherokee 36'000 US-Dollar (ohne Steuern) in der Einstiegsvariante und ist fast für jeden erschwinglich.

Hier in Europa verfolgt der Hersteller einen anderen Ansatz: In der Schweiz steht kein Grand Cherokee unter 80'000 Franken in der Preisliste, aktuell (Dezember 2025) bietet der Importeur aber 15'000 Franken Nachlass auf den Listenpreis an. Das ist ein deutlich höherer Preis für ein Fahrzeug, das nur teilweise das Gefühl vermittelt, nach Hause zu kommen.

Tatsächlich ist der Grand Cherokee aufgrund seiner weitgehend guten Verarbeitung und seines kleinen Hybridmotors eher ein Fahrzeug, das europäischen als amerikanischen Standards entspricht. So viel zum amerikanischen Traum.

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Technische Daten
Jeep Grand Cherokee 4xe

Karosserie SUV, 5 Türen, 5 Sitze, selbsttragende Karosserie, Einzelradaufhängung, Dreieckslenker, MacPherson-Federbeine vorne, Mehrlenkerachse hinten, Scheibenbremsen (vorne belüftet), Reifen vorne und hinten 275/45 R21

Antrieb Ottomotor R4-Turbo, 1995 ccm, vorne längs eingebaut, DOHC, 4 Ventile/Zylinder, Leistung Verbrennungsmotor 200 kW (272 PS) bei 5250 U/min, Drehmoment 400 Nm bei 3000 U/min, Leistung Elektromotor 107 kW (145 PS), Drehmoment 245 Nm, Systemleistung 280 kW (380 PS), Drehmoment 637 Nm. Allradantrieb, Automatikgetriebe, Kapazität Lithium-Ionen-Batterie 17.3 kWh (brutto), Ladeleistung AC 7.4 kW, Ladezeit von 5 auf 100 % 2:30 h

Abmessungen und Gewicht Länge 4.91 m, Breite 1.97 m, Höhe 1.8 m, Radstand 2.97 m, Spurbreite vorne und hinten 1651 mm, Kofferraum 533 bis 2004 l, Leergewicht 2639 kg, Gesamtgewicht 3110 kg, Anhängelast ungebremst/gebremst 750/2332 kg, Böschungswinkel vorne/hinten 35.5/29.8 Grad, Rampenwinkel 22.2 Grad

Fahrleistungen 0–100 km/h in 6.3 s, Höchstgeschwindigkeit 210 km/h (elektrisch 135 km/h), elektrische Reichweite 46 Kilometer

Verbrauch 3.0 l/100 km + 25.2 kWh/100 km (WLTP), AR-Normrunde 4.7 l/100 km + 12.2 kWh/100 km, CO2-Emissionen 70 g/km (WLTP), Energieeffizienzklasse F, Tankinhalt 72 l

Preis und Garantie Jeep Grand Cherokee 4xe ab 86‘900 Franken (Angebotspreis Stand Dezember 2025 71‘900 Franken), 4xe Summit Reserve ab 99‘900 Franken (Angebotspreis Stand Dezember 2025 84‘900 Franken), Garantie 3 Jahre/100 000 km

Fotos: Leon Elmazov

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