Geländegängig In der fünften Generation kommt der Jeep Grand Cherokee noch einmal gehobener daher als sein Vorgänger. Fürs Gelände taugt er problemlos – auch als PHEV.
Der neue Jeep Grand Cherokee kommt deutlich moderner und gehobener daher als sein Vorgänger.
Ein Jeep ist ein Auto fürs grobe Gelände. Das ist die eigentliche Raison d’être der US-amerikanischen Automarke. Gefahren werden die Autos trotzdem vornehmlich auf der Strasse – hierzulande sowieso und erst recht, wenn es sich nicht um einen rustikalen Wrangler handelt, sondern, wie bei unserem Testwagen, um einen edlen Grand Cherokee. Das weiss auch Jeep und stattet deshalb das grosse SUV entsprechend aus.
Die luxuriösen Dekoreinlagen aus Echtholz beispielsweise finden sich nicht nur im Armaturenbrett und in den Türverkleidungen wieder, sondern sogar am Lenkrad. Sitze, Armaturenbrett und Türverkleidungen sind mit hochwertigem Leder mit Steppnähten in Kontrastfarbe bezogen, die vorderen Sitze mit Heizung, Lüftung und Massagefunktion ausgestattet, und auch die hinteren Plätze sind beheizt und belüftet. Dazu gibt es eine Vierzonen-Klimaanlage und ein grosses Glasdach, das für viel Licht im Innenraum sorgt. Auch digital liefert Jeep mit bis zu fünf Bildschirmen das volle Paket. Zusätzlich zum digitalen Kombiinstrument und dem Infotainmentscreen gibt es optional ein separates 10.25-Zoll-Display inklusive HDMI-Anschluss für den Beifahrer sowie zwei Bildschirme für die Passagiere in der zweiten Reihe. Ergänzt wird das umfangreiche Paket durch ein praktisches 10-Zoll-Head-up-Display.
Viel Geld für viel Auto
Zum gehobenen Innenraum passen auch die Luftfederung und die adaptiven Dämpfer, mit denen der Grand Cherokee typisch amerikanisch unterwegs ist. Will heissen: betont komfortabel dank sehr weicher Abstimmung. Auch die Lenkung ist dementsprechend leichtgängig und bietet wenig Rückmeldung von der Strasse. Für die Klasse amerikanischer SUV keine Seltenheit. Der Sportmodus macht zwar alles etwas straffer und direkter, aber wer Sportlichkeit nach Art der europäischen Oberklasse erwartet, wird enttäuscht. Der Grand Cherokee ist und bleibt ein Schiff. Und den Oberklasseanspruch untermauert das grosse SUV nicht nur mit seiner edlen Aufmachung, sondern auch mit seinem Preis. 113 500 Franken kostet unser Testwagen in der höchsten Ausstattungslinie Summit Reverse inklusive Optionen. Wer sich mit der Basisvariante Limited zufriedengibt, legt immer noch mindestens 94 400 Franken auf den Tisch. Dafür muss dann auf einige Annehmlichkeiten wie die Echtledersitze mit Massagefunktion verzichtet werden.
Sitze, Armaturenbrett und Türverkleidungen sind mit hochwertigem Leder mit Steppnähten in Kontrastfarbe bezogen.
Für so viel Geld gibt es aber in diesem Fall auch viel Auto. Und
damit meinen wir nicht nur die Ausstattung und auch nicht das Leergewicht von
2.5 Tonnen – das geht heute für ein Auto in diesem Segment schon fast in
Ordnung. Wir meinen vor allem den Platz an Bord, mit dem Jeep nicht geizt. Eine
dritte Reihe ist zwar nicht erhältlich – die gibt es nur im noch grösseren
Grand Cherokee L, der aber in Europa nicht erhältlich ist. Aber mit einer Länge
von 4.9 Metern bietet auch der normale Grand Cherokee bereits ausreichend Platz
und mehr als genügend Kniefreiheit auf der feudalen Rückbank. So reisen auch
Erwachsene bequem auf längeren Strecken.
Apropos gross: Die Zeit der grossen Motoren ist vorüber. Nicht
in den USA, da gibt es den Grand Cherokee noch mit einem 3.6-Liter-V6 und einem
5.7-Liter-V8, aber in Europa. Hier ist das SUV bloss noch als 4xe erhältlich
mit vier Zylindern und schon fast mickrigen zwei Litern Hubraum. Allerdings
elektrisch unterstützt durch denselben Plug-in-Hybridantrieb, wie er auch im
Wrangler zum Einsatz kommt. Zusätzlich zum Reihenvierzylinder, der 200 kW
(272 PS) leistet, ist zwischen Verbrennungsmotor und Getriebe anstelle eines
Hydrowandlers ein Elektromotor verbaut. Dieser trägt noch einmal 107 kW
(145 PS) bei. Die Systemleistung beträgt so 280 kW (380 PS), womit das PHEV zum
stärksten Vertreter im Line-up des Grand Cherokee wird – 16 PS stärker als der
V8-Hemi.
Kleine Batterie, hoher Verbrauch
Die Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 17.3 kWh ist
links und rechts der Kardanwelle im Unterboden verbaut. Im rein elektrischen
Betrieb gibt Jeep einen Stromverbrauch von 25.2 kWh/100 km an, was nicht gerade
genügsam ist. Die Realität lag – zumindest im Test bei aktuell kalten
Temperaturen – sogar weit davon entfernt. Der Stromverbrauch bei elektrischer
Fahrt betrug im Schnitt 45.2 kWh/100 km, was die Reichweite gegenüber der
Werksangabe deutlich schrumpfen lässt. Für einen optimalen Einsatz sollte die
Batterie auf jeden Fall geladen sein und das Auto im Hybridmodus gefahren
werden. Ist die Batterie nämlich leer, büsst der Antrieb deutlich an
Souveränität ein. Der kleine Verbrenner wirkt angestrengt, wenn er allein das
Auto fortbewegen muss. Der Verbrauch liegt denn auch nicht mehr ganz zeitgemäss
bei knapp zehn Litern.
Ausreichend Platz und mehr als genügend Kniefreiheit auf der feudalen Rückbank. So reisen auch Erwachsene bequem auf längeren Strecken.
Allerdings hat der hohe Verbrauch, zumindest teilweise, einen
praktischen Grund. Im Unterschied zu vielen aktuellen SUV und Crossovern mit
Allrad, die die Hinterachse rein elektrisch antreiben, gibt es im Grand
Cherokee eine mechanische Verbindung über ein Verteilergetriebe an der
Hinterachse. Dazu kommt das Hinterachsdifferenzial mit elektronischer Sperre.
Das alles sorgt für Gewicht und für Reibung und damit für Effizienzeinbussen.
Dafür ist der Grand Cherokee kein weichgewaschener Crossover, sondern ein
echter Geländewagen im Luxuskleid. Für die Fahrt neben der Strasse bietet der
Amerikaner die drei Fahrmodi Fels, Sand/Schlamm und Schnee, die das Drehmoment
jeweils bedarfsgerecht an die vier Räder verteilen. Dazu kommen eine
zuschaltbare Geländeuntersetzung und eine höhenverstellbare Luftfederung. Bei
Bedarf kann die Bodenfreiheit so auf bis zu 275 Millimeter vergrössert werden.
Wer es ganz grob mag, erhält in der Version Trailhawk noch einen
entkoppelbaren vorderen Stabilisator und einen Unterfahrschutz. Für das
alltägliche Umfeld eines durchschnittlichen Grand Cherokee wird aber kaum
Geländefähigkeit benötigt. Da sind die Fahrassistenten für die Autobahn und den
Stadtverkehr von grösserer Bedeutung. Zusätzlich zu den üblichen
Assistenzsystemen gibt es in allen Ausstattungsvarianten einen aktiven
Spurhalteassistenten. In den höheren Linien sind ausserdem unter anderem ein
Parkassistent, eine 360-Grad-Kamera, eine Offroad-Frontkamera und ein
Nachtsichtsystem dabei.
Grosszügig ausgestattet
Das Infotainmentsystem Uconnect wurde in seiner inzwischen
fünften Generation deutlich verbessert, die Bedienbarkeit ist mehrheitlich
intuitiv, und die fehlerbehafteten Übersetzungen aus dem Englischen sind
verschwunden. Dazu gibt es kabellose Einbindung von Smartphones über Apple
Carplay und Android Auto. So wird der Jeep Grand Cherokee auch digital den
Erwartungen gerecht, die der stolze Preis weckt. Dieser dürfte denn auch eines
der beiden Mankos sein, die Fans des Modells abschrecken könnte, sich die
neuste Generation des stattlichen SUV zuzulegen. Das zweite Manko ist natürlich
der Antrieb. Wer bisher V6, V8 oder sogar Diesel fuhr, wird es schwer haben,
sich an den Hybridantrieb zu gewöhnen. Wer das aber schafft, wird mit dem neuen
Grand Cherokee zufrieden sein. Denn in der fünften Generation kommt dieser
deutlich gehobener, schöner und moderner daher als der Vorgänger.
Der neue Jeep Grand Cherokee kommt deutlich moderner und gehobener daher als sein Vorgänger.
Testergebnis
Gesamtnote 69/100
Antrieb
Der Antrieb mag für viele die Schwachstelle des neuen Grand Cherokee sein – bloss noch als Plug-in-Hybrid mit vier Zylindern gibt es ihn hierzulande. Der Verbrauch ist trotzdem nicht gerade tief, vor allem wenn die Batterie einmal leer ist.
Fahrwerk
Die sehr weiche Abstimmung von Fahrwerk und Lenkung ist typisch amerikanisch. Das ist komfortabel zum Reisen, in Kurven schwankt der Grand Cherokee aber arg.
Innenraum
Das gehobene Interieur gefällt. Edle Holzeinlagen und hochwertiges Leder sorgen für ein angenehmes Ambiente.
Sicherheit
Die Anzahl Sicherheitssysteme ist beeindruckend, allerdings bietet die (deutsche) Konkurrenz noch etwas mehr, vor allem was die Fahrassistenten angeht. Der Bremsweg fällt mit über 42 Metern etwas lange aus.
Budget
Mehr als 110 000 Franken kostet unser Testwagen. Für diesen Betrag hat man gewisse Erwartungen – die der Grand Cherokee grösstenteils erfüllen kann. Wer aber nicht (sehr) regelmässig laden kann, greift auch an der Zapfsäule tief ins Portemonnaie.
Fazit
Der neue Jeep Grand Cherokee kommt deutlich moderner und gehobener daher als sein Vorgänger. Wer den American Way of Life auf der Strasse mag und trotzdem mit einem Hybridantrieb umgehen kann, wird an dem Modell seine Freude haben. Ganz günstig ist der Spass aber nicht.