Kleine Elektroautos im Test: Dacia Spring gegen Leapmotor T03
Moritz Doka | 21.08.2025
Mittlerweile finden Interessenten in fast allen Fahrzeugsegmenten elektrische Angebote, auch im Klein- und Kleinstwagenbereich. Das zeigen der Dacia Spring und der Leapmotor T03. Bis auf etwas Platz muss man bei beiden auf wenig verzichten. Allerdings sollte man in einem Fall starke Nerven mitbringen.
Der schon länger angebotene Dacia Spring und der in der Schweiz seit Kurzem erhältliche Leapmotor T03 aus China treten zum Vergleich an. Sie sollen zeigen, wie günstig Elektroautofahren heute sein kann – gleichzeitig müssen sie beweisen, dass es für den Preis von deutlich unter 20’000 Franken auch wirklich ein vollwertiges Auto gibt.
Im Grunde haben wir es hier mit zwei chinesischen Autos zu tun. Der Dacia Spring wird nämlich in Wuhan bei Dongfeng gebaut und in China unter anderem auch als Nano Box verkauft. Ursprünglich sollte der Leapmotor T03 für Europa in einem Stellantis-Werk in Ungarn gefertigt werden. Mit dem Megakonzern sind die Chinesen nämlich ein Joint Venture eingegangen, wobei 51 Prozent der Anteile bei Stellantis liegen. Nun wurde die Produktion im dortigen Werk allerdings seitens China gestoppt, vermutlich aus politischen Gründen als Retourkutsche für die erhobenen Zölle auf manche chinesische Automarken. Den hiesigen Markt betrifft dies nicht. Die Modelle für die Schweiz, wo Leapmotor von Emil Frey vertrieben wird, stammen so oder so aus China. Dort ist der T03 bereits seit 2020 am Markt. Der Spring wird seit 2021 verkauft, 2024 erhielt er ein Facelift. Dies nur als Infos am Rand.
Leapmotor hat sich auf die Fahne geschrieben, vernünftige Elektroautos zu vernünftigen Preisen anzubieten. Dass sie das in der Klasse der mittelgrossen SUV ganz gut hinbekommen, hat der C10 bereits bewiesen. Der T03 überträgt dieses Preis-Grössen-Verhältnis auf rund die Hälfte. Für 16’990 Franken gibt es einen 3.62 Meter kurzen Stadtfloh mit vier Sitzplätzen und etwas Kofferraum. Der Dacia Spring kostet als stärkerer Extreme ab 17’700 Franken und ist rund zehn Zentimeter länger.
Beides nicht gerade Erstwagenpotenzial, aber darum geht es nicht. Eher, wie viel aus so wenig Grundfläche herauszuholen ist.
Dacia Spring (links), Leapmotor T03. Zum Vergrössern anklicken!
Dacia Spring oder Leapmotor T03: Wer hat das bessere Platzangebot?
Der T03 bietet den vorderen Passagieren mehr Platz. Noch verstärkt wird das vergleichsweise grosszügige Raumgefühl durch das serienmässige Glasdach. Im Dacia geht es eine Spur enger zu, man sitzt höher, näher an der Tür und auf Gestühl mit weniger Beinauflage. Sein Mehr an Aussenlänge investiert er in einen etwas grösseren Kofferraum. Das Ladeabteil des T03 ist durch die schmale Öffnung zudem weniger gut zu beladen. Die Fondabteile sind Erwachsenen hier wie da auf kürzeren Strecken problemlos zuzumuten, wobei der Leapmotor mehr Kopffreiheit und durch den hellen Innenraum erneut ein angenehmeres Raumgefühl bietet.
Innen fühlt sich der T03 mehr nach vollwertigem Auto an als der Spring. Sowohl die Verarbeitung als auch die Materialien wären auch eine bis zwei Preisklassen höher wirklich hervorragend. Darüber hinaus umfasst die Ausstattungsliste Positionen wie eine Klimaanlage, ein Digitalcockpit, schlüssellosen Start, ein Infotainmentsystem mit Navigation und eine Unmenge an Fahrassistenten. Der Dacia kontert mit deutlich einfacheren Materialien, einem klassischen Bartschlüssel und manueller Handbremse. Alles fühlt sich eine Spur dünner an. Die Verarbeitung stimmt aber, und ein Digitalcockpit, eine Klimaanlage, vier elektrische Fensterheber und ein Infotainmentsystem mit drahtloser Smarthone-Anbindung sind nicht zu verachten.
Dacia Spring, Leapmotor T03. Zum Vergrössern anklicken!
Allerdings leistet sich der Leapmotor ein paar Schwächen. So ist eine Smartphone-Anbindung (noch) nicht erhältlich, und fast alles will über den Bildschirm bedient werden. Das gerät durch dessen zu tiefe Platzierung, die sehr kleinen Symbole und die teils unlogische Menüführung nicht einfach. Die Klimaanlage beherrschte im Test entweder Nordpol oder Sahara, die Soundanlage klingt ziemlich stumpf. Dass nach einem fehlgeschlagenen Over-the-Air-Update die Fahrassistenten kurzzeitig nicht verfügbar waren, muss an dieser Stelle ebenfalls erwähnt werden, sollte uns aber kurzzeitig erlösen.
In Fahrt unterstreicht der Spring das Gefühl, weniger Auto zu bewegen. Vom Leergewicht her liegen die beiden zwar ungefähr gleich auf. Doch trotz weniger Leistung im Dacia fühlt es sich immer so an, als wäre er dem Leapmotor ein bis zwei Dosen Red Bull voraus. Bis 80 km/h beschleunigt der orangefarbene Winzling sehr flott, die direkte Lenkung und das straffe Fahrwerk bringen im Stadtverkehr viel Fahrspass. Letzteres führt zusammen mit weniger Dämmung manchmal zu mehr Rumpelgeräuschen, wirklich störend ist das aber nicht.
Dacia Spring, Leapmotor T03. Zum Vergrössern anklicken!
Wo dem Dacia stets der Schalk im Nacken zu sitzen scheint, wirkt der Leapmotor erwachsener. Vor allem das Fahrwerk ist erstaunlich bequem und gut ausgewogen, durch die schwergängigere Lenkung meint man, mehr Auto zu bewegen. Das gilt vor allem auch für Autobahnfahrten. Ein oder zwei Stunden lassen sich in beiden problemlos bewältigen, im T03 gehen sie aber leiser und weniger nervös vonstatten.
Das bevorzugteRevier ist die Autobahn selbstredend weder für den einen noch für den anderen. Wenn es denn sein muss, hat der Leapmotor samt grösserer Batterie, mehr Höchstgeschwindigkeit und serienmässig über 40 kW Ladeleistung – im Dacia kostet DC-Laden mit 30 kW je nach Ausstattung Aufpreis – die Nase vorn. Nutzt man sie, wofür sie vorgesehen sind, also für Stadtfahrten und Kurzstrecken, dann schaffen beide über 200 Kilometer Reichweite mit einer Ladung – absolut alltagstauglich.
Assistenzssysteme: Im Leapmotor mehr Fluch als Segen
Bei der Ausstattung des Leapmotor haben wir bereits die Fahrassistenten aufgezählt. Gemessen an der blossen Anzahl ist er dem Dacia ein paar Schritte voraus. Doch erneut hapert es an der Ausführung, und zwar gewaltig. Zunächst sind die Funktionen der Fahrassistenten an sich nicht immer zuverlässig. Bei gesittetem Heranrollen an ein Stauende riss der T03 einen Vollstopp, zeigte nicht angeschnallte Insassen an, wo keine waren, mahnte nach zehn Minuten Fahrt zum Pausemachen, und der Autobahnassistent schaltete sich in Kurven mehrfach von selbst ab.
Das Hauptproblem aber: Der T03 piepst. Und piepst. Und piepst. Tempolimitwarner? Erkennt oft falsch. Warnung bei wechselnder maximal erlaubter Geschwindigkeit? Dito. Aufmerksamkeitswarner? Motzt, wenn man sich mit der fummeligen Klimabedienung beschäftigt. Der drakonische Spurhalteassistent mit Lenkeingriff und akustischer Warnung ebenso, und ist dieser deaktiviert, übernimmt dessen Aufgabe der Notspurhalteassistent – der nur im Stand deaktiviert werden kann. Nicht immer weiss man, warum das Auto piepst, denn optische Warnsignale gibt es nicht. Kurz, es ist unmöglich, ohne ständiges Gebimmel zu fahren. Sogar der Flughafenparkdienst bat uns darum, das Auto nicht wieder mitzubringen.
Dacia Spring (links), Leapmotor T03. Zum Vergrössern anklicken!
Der Dacia hat weniger Fahrassistenten und Warner, die dafür aber besser funktionieren und im Zweifel einfacher zu deaktivieren sind. Um im Leapmotor wenigstens einigermassen Ruhe zu haben, müssen nicht weniger als fünf Systeme tief im Infotainment-system deaktiviert werden. Genau das sollte ja nicht der Sinn und Zweck der Assistenten sein, die dem ansonsten wirklich toll performenden T03 einen Strich durch die Rechnung machen.
Solcherlei nervt gewaltig und muss gelöst werden. Weil es die Software betrifft, dürfte das mit Updates gehen – wenn sie denn aufgespielt werden können. Jedenfalls ist aus mechanischer Sicht nichts auszusetzen am T03, und seine Stunde schlägt dann ohnehin beim Thema Preis-Leistung. Ja, der Dacia Spring ist richtig günstig, macht das Beste aus der geringen Grundfläche, lässt im Grunde nichts vermissen. Doch der T03 bietet für noch weniger Geld noch viel mehr Ausstattung, mehr (Lade-)Leistung, mehr Reichweite sowie eine Garantie über fünf Jahre oder 200 000 Kilometer. Beim Spring sind es drei Jahre oder 100 000 Kilometer.
Sowohl der T03 als auch der Spring beweisen, dass Elektroautofahren heute nicht mehr teuer sein muss. Gemessen am Einsatzzweck muss man bei beiden im Grunde auf nichts verzichten – bis auf etwas Platz und am Ende ein paar Nerven
Abmessungen und Gewichte: Länge 3.70 m, Breite 1.58 m, Höhe 1.52 m, Radstand 2.42 m, Kofferraum 290–1100 l, Leergewicht 1051 kg, Gesamtgewicht 1315 kg, Anhängelast gebremst/ungebremst 0/0 kg, Dachlast 0 kg, Stützlast 0 kg, Wendekreis 9.60 m
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 13.7 s, Höchstgeschwindigkeit 125 km/h, 14 kWh/100 km (WLTP), Testverbrauch 18.5 kWh/100 km, Energieeffizienz A, Reichweite 224 km (WLTP), Testreichweite 145 km
Preis und Garantie: Dacia Spring Expression ab 15'900 Franken, Spring Extreme ab 17' 700 Franken, Testwagenpreis 19'250 Franken, Werksgarantie 3 Jahre/100 000 km
Abmessungen und Gewichte: Länge 3.62 m, Breite 1.65 m, Höhe 1.58 m, Radstand 2.4 m, Kofferraum 210–880 l, Leergewicht 1175 kg, Gesamtgewicht 1475 kg, Anhängelast gebremst/ungebremst 0/0 kg, Dachlast 0 kg, Stützlast 0 kg, Wendekreis k. A.
Fahrleistungen: 0–100 km/h in 12.7 s, Höchstgeschwindigkeit 130 km/h, 16.3 kWh/100 km (WLTP), Testverbrauch 18.7 kWh/100 km, Energieeffizienz A, Reichweite 265 km (WLTP), Testreichweite 192 km
Preis und Garantie: Leapmotor T03 ab 16'990 Franken, Testwagenpreis 16'990 Franken, Werksgarantie 5 Jahre/200'000 km