Eines vorweg: Porsche spricht beim Ende 2023 vorgestellten neuen Panamera von der dritten Generation, Kritiker von einem grossen Facelift. In diesem Fall muss man Porsche Recht geben. Auch wenn man es der Limousine nicht auf den ersten Blick ansehen mag, sind bis auf die Türen alle Blechteile neu. Auch die Antriebe wurden vollständig überarbeitet, und das neue Fahrwerk kommt einer Revolution gleich.
Porsche Panamera Turbo E-Hybrid: Fahrwerkszauberer im Test
Moritz Doka | 14.02.2025
Die dritte Generation des Porsche Panamera ist als Turbo E-Hybrid furchteinflössend schnell und effektiv. Ein Bauteil des unüberschaubaren Techniksammelsuriums fasziniert dabei besonders.
Der Panamera sieht richtig gut aus
Die erste Generation des Porsche Panamera gehörte noch zum Unansehnlichsten, was der Markt hergab. Das hat sich spätestens mit der neuen Generation ins Gegenteil gekehrt, was nicht nur mit der Absenz einstiger Konkurrenten wie dem Aston Martin Rapide und dem Maserati Quattroporte zu tun hat.
Scharfe Falze im Blech verleihen dem Porsche viel Charakter, und gerade der Turbo mit seinen weit aufgerissenen Schürzen sieht grandios aus – ausser, wenn der mehrteilige Heckspoiler ausgefahren ist. Eine mechanische Ballettvorstellung zwar, aber er stört die Linie.
Wertiger Innenraum bis (fast) ins Detail
Im Innenraum erwartet die Insassen Porsches neue Cockpitlandschaft. Die Anzeigen übernimmt nun eine volldigitale 12.6-Zoll-Einheit, die mit übersichtlicher Darstellung, hoher Konfigurierbarkeit und einfacher Bedienung gefällt. Das gleiche lässt sich auch über das Infotainmentsystem sagen, das endlich auch eine anständige Anbindung von Android-Smartphones zulässt. Ob man das neue, optionale Beifahrerdisplay wirklich braucht, ist jedem selbst überlassen.
Die Bedienung gelingt sehr intuitiv, unter anderem auch dank der zahlreichen Tasten. Zwei Einschränkungen gibt es aber. Erstens sind die weiss leuchtenden Bediensymbole im Mitteltunnel bei Sonneneinstrahlung schlecht ablesbar. Zweitens ist die Ausrichtung des Luftstroms aus den Düsen ein Graus, weil sie via Bildschirm vorgenommen werden muss.
Was die Verarbeitung angeht, könnte Porsche wohl so manchem Luxushersteller noch etwas beibringen. Perfekt wäre noch untertrieben. Auch die Materialanmutung ist fast durchs Band piekfein, Leder und Metall schmeicheln Augen und Händen.
Man könnte das Innenraumkapitel als kritikfrei abschliessen, gäbe es nicht zwei störende Dinge. Erstens die glanzschwarze und enorm heikle Mittelkonsole, die nach nicht einmal 4000 Kilometern stark zerkratzt war. Und zweitens die neue Bedieneinheit mit Startknopf links vom Lenkrad. Sie besteht aus billig anmutendem Kunststoff und wirkt wie ein Fremdkörper im Cockpit. Zudem entfällt dadurch der Drehschalter zum Fahrzeugstart, wodurch die Emotionen ein Stück weit verloren gehen.
V8 plus Elektroboost gleich Halleluja
Die Antriebspalette wurde für den dritten Panamera kräftig überarbeitet. Die Verbrenner sind zum grossen Teil elektrisch unterstützt, so wie hier beim Turbo E-Hybrid. Der Vierliter-Biturbo-V8 wird unterstützt von einer E-Maschine im Getriebe, die statt bisher 130 PS nun 190 PS leistet. Insgesamt stehen 680 PS und 930 Nm Drehmoment zur Verfügung, was 3.2 s für den Sprint von 0 auf 100 km/h und 315 km/h Vmax bedeutet. Zudem stieg die Akkukapazität auf netto 21.8 kWh an, sodass auf dem Papier nun elektrische Reichweiten von rund 75 km möglich sind.
Zahlen können aber nicht in Worte fassen, mit welch effizienter Brutalität dieses Triebwerk zu Werke geht. Ein Dreh am Fahrmodusschalter auf Sport Plus stellt alle Systeme auf scharf und macht Kickdowns zum furchteinflössenden Erlebnis. Es ist unfassbar, wie vehement und ansatzlos dieses 2.4-Tonnen-Schiff nach vorne schiesst. Dann gibt es da noch den Sport Response Knopf, der die eh schon kaum wahrnehmbare Verzögerung zwischen Kickdown und Abschuss komplett eliminiert. Normalerweise brauchen Plug-in-Hybride einen Moment, ehe Verbrenner, E-Motor und Getriebe sich sortiert haben und zum Beschleunigen bereit sind. Beim Panamera Turbo E-Hybrid nicht, hier gleicht Vollgas einer Nahtoderfahrung. Sollte das aus irgendwelchen Gründen nicht reichen, gäbe es noch den Turbo S E-Hybrid mit 782 PS.
Es gibt auch sonst noch schnellere Autos. Aber kaum welche, die dermassen überraschen. Denn der Panamera hat noch eine andere Seite. Die Kraft der E-Maschine reicht locker aus, um durch den Alltag zu kommen. Durch ihre Platzierung vor dem Getriebe spürt man im Elektromodus teils sogar leichtes Schaltrucken, was dem Erlebnis etwas Mechanisches verleiht. Geht der V8 einmal an, ist er – ausser im Sportmodus – kaum bis gar nicht zu hören. Im Test haben wir etwa 68 km rein elektrisch geschafft. Die bessere Reichweite hat auch mit der stärkeren Rekuperation zu tun. Die wiederum mischt sich ins Bremsgefühl ein. Es ist etwas künstlich und der Übergang zwischen Rekuperation und Reibbremse an der Fusssohle spürbar.
Nachladen geht nun mit bis zu 11 kW statt wie bisher nur 3.7 kW. Anders als bei anderen Plug-in-Hybriden aus dem VW-Konzern kann man allerdings nicht mit Gleichstrom laden. Den Panamera während der Autobahnrast mal kurz anhängen geht also nicht. Das ist schade, hier vergiebt er auf Sparpotenzial auf der Langstrecke. Auch dort ist der Panamera mit seinen erstklassigen Sitzen und perfekter Schallisolierung eine Wucht.
Das Zauberfahrwerk
Das wahre Highlight wartet in der Aufpreisliste und kostet 9870 Franken. Occasion kriegt man dafür gute Autos, im Panamera das Porsche Active Suspension Management, kurz PASM. Das aktive Luftfahrwerk hebt und senkt die Karosserie im Stand beim Türöffnen augenblicklich in die Höhe, um das Ein- und Aussteigen zu erleichtern. Eine Show, die an der Tankstelle für so manch ungläubigen Blick sorgt.
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Das Geld ist aber nicht deswegen gut investiert. Beim Fahren wird das Fahrwerk innert Sekundenbruchteilen an die Gegebenheiten angepasst. Über Temposchwellen bügelt der Panamera drüber, als wären sie nicht da. Dabei ist das Auto nicht S-Klasse-mässig sänftig, sondern fühlt sich noch immer straff an. Während die Räder permanent arbeiten, bewegt sich die Karosserie obendrüber kein Stück. Das ist Zauberei.
In Kurven kann der Panamera die Physik aushebeln. Er lässt nicht nur keine Seitenneigung zu, sondern kann sich aktiv in die Kurve hineinlehnen. Das fühlt sich im ersten Moment komisch an, doch man gewöhnt sich schnell daran. Das gleiche gilt beim Bremsen und Beschleunigen. Zusammen mit der serienmässigen Allradlenkung und der aktiven Drehmomentverteilung des Allradantriebs ermöglicht dieser Brocken Kurvengeschwindigkeiten und dynamische Exzesse, dass einem schlecht werden kann. Hinzu kommt eine porschewürdig-grandiose Lenkung. Man fühlt sich stets mindestens einen Drittel langsamer, als man tatsächlich unterwegs ist.
Es steckt unglaublich viel Technik in diesem Auto. Dadurch geht etwas Charme verloren, das Erlebnis entstammt hier der brutalen Perfektion und Unnachgiebigkeit. Eine Art Bodybuilder mit Chirurgenmesser.
Die Technik will bezahlt werden
Typisch Porsche ist das Gebotene nicht eben günstig. Mindestens 242'500 Franken kostet der Panamera Turbo E-Hybrid, der Testwagen lag bei 274'420 Franken. Durch die mittlerweile erhöhten Preise läge er aktuell bei rund 280'000 Franken. Immerhin sind in der Schweiz vier Jahre Garantie und Assistance im Preis inbegriffen. Mehr Technik gibt es für dieses Geld kaum.
Technische Daten Porsche Panamera Turbo E-Hybrid
Karosserie | |
Fahrzeugsegment | E Luxuswagen |
Länge | 5054 mm |
Breite | 1937 mm |
Höhe | 1421 mm |
Radstand | 2950 mm |
Sitzplätze | 5 |
Leergewicht (mit Fahrer) | 2360 kg |
Gesamtgewicht | 2830 kg |
Dachlast | 75 kg |
Kofferraum | 421 l – 1255 l |
Reifengrösse v, h | 275/35 ZR21, 325/30 ZR21 |
Anhängelast gebremst | 0 kg |
Bodenfreiheit | 132 mm |
Antrieb | |
Motor Bauart | Ottomotor |
Zylinder | V8 |
Hubraum | 3996 ccm |
Motorkonstruktion | 4 Ventile/Zylinder, DOHC, Direkteinspritzer |
Aufladung | Biturbo mit variabler Geometrie |
Bohrung x Hub | 86x86 mm |
Verdichtung | 9.7:1 |
Antrieb | AWD |
Getriebe | DCT8 |
Leistung | 382 kW/519 PS |
– bei Drehzahl | 6000 U/min |
Max. Drehmoment | 770 Nm |
– bei Drehzahl | 2330–4000 U/min |
Elektromotor | Permanenterregte Synchronmaschine |
Leistung | 140 kW/190 PS |
Drehmoment | 450 Nm |
Systemleistung | 500 kW/680 PS |
– bei Drehzahl | 5500–6800 U/min |
Systemdrehmoment | 930 Nm |
– bei Drehzahl | 1600–4900 U/min |
Batteriekapazität brutto/netto | 25.9 kWh/21.8 kWh |
Batteriechemie | Lithium-Ionen NMC |
Ladeleistung DC | 0 kW |
Ladeleistung AC | 11 kW |
Ladezeit AC 0–100 Prozent | 159 min |
Fahrleistungen und Verbrauch | |
0-100 km/h | 3.2 s |
Höchstgeschwindigkeit | 315 km/h |
– elektrisch | 140 km/h |
Elektrische Reichweite (WLTP) | 74–91 km |
Elektrische Reichweite (Test) | 68 km |
Tankinhalt | 80 l |
Verbrauch 100 km (WLTP) | 1.7–1.2 l/100 km, 29.9–27.6 kWh/100 km |
– bei entladener Batterie | 11.7–10.5 l/100 km |
CO2-Emission | 39–27 g/km |
Effizienzklasse | B |
Preis und Garantie | |
Grundpreis | 242'500 Franken |
Testwagenpreis | 274'420 Franken |
Garantie | 4 Jahre/100'000 km |
Bildergalerie Porsche Panamera Turbo E-Hybrid
Bilder: Leon Elmazov/Automobil Revue, Porsche
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